Er ist mit Abstand der grösste Kreditmarkt der Schweiz: Hypotheken. Rund 1000 Milliarden Franken haben Schweizerinnen und Schweizer geliehen, um sich den Traum von den eigenen vier Wänden zu erfüllen. Anfang Jahr bis Juni haben sich die langlaufenden Hypotheken massiv verteuert, der Preis für eine zehnjährige Fix-Hypothek stieg von unter 1,4 Prozent auf rund 3 Prozent. Nun hat der Markt wieder gedreht. Was ist am Hypothekenmarkt los? Eine Einordnung in 5 Punkten.
Warum sinken die Hypothekarzinsen wieder?
Primär hängen die Preise für Hypotheken davon ab, zu welchen Kosten Banken sich Geld leihen können. Preisbestimmend hierfür sind die Kapitalmarktzinsen, das sind die Zinsen für langlaufende Staatsanleihen. Hier hat es deutliche Bewegung gegeben: «Die Schweizer Kapitalmarktzinsen hängen stark an jenen der USA, und dort sind zuletzt Rezessionsängste aufgekommen, das drückt die Zinsen», erklärt Stefan Meyner, Leiter Research beim Hypothekenspezialisten MoneyPark.
Fürchten Investoren, dass die Wirtschaft nicht mehr wächst, also in eine Rezession fällt, erhöht das den Druck auf die Notenbanken, den Preis für Geld, also den Leitzins, zu senken. In Erwartung dessen sinken bereits jetzt die Kapitalmarktzinsen, auch in der Schweiz. Und im Zuge der sinkenden Kapitalmarktzinsen gingen entsprechend die Preise für Festhypotheken wieder zurück.
Wie entwickeln sich die Hypozinsen in Zukunft?
Das kommt auf die Laufzeiten an. Die variablen Hypotheken, die am Referenzzins Saron hängen, werden sich verteuern. Denn die Schweizerische Nationalbank hat bereits einen weiteren Zinsschritt für September angekündigt. «Wir erwarten, dass die SNB ihren Leitzins in den nächsten zwölf Monaten um 0,75 bis 1,25 Prozent anheben wird, Saron-Hypotheken würden sich dann auf 1,30 bis 1,80 Prozent verteuern», sagt MoneyPark-Experte Meyner. Das wäre gegenüber dem heutigen Niveau eine Verdoppelung.
Anders ist die Lage bei den längerfristigen Zinsen und Hypothekenpreisen. Die meisten Experten erwarten, dass der Höhepunkt bei den Kapitalmarktzinsen bereits überschritten ist, eben, weil sich die wirtschaftlichen Aussichten eintrüben, unter anderem aufgrund der Unsicherheiten wegen des Krieges in der Ukraine und der Sorge um die Folgen von Chinas Zero-Covid-Politik.
«Die Kapitalmarktzinsen steigen nicht mehr viel weiter, da sich die Konjunktur bereits abkühlt und grosse Leitzinserhöhungen über 2022 hinaus aufgrund des schlechteren Wachstumsausblicks weniger wahrscheinlich geworden sind», schreiben auch die Ökonomen von Raiffeisen in einer Studie. Damit dürften die Kosten für längerfristige Fix-Hypotheken eher seitwärts tendieren.
Hat der jüngste Zinsanstieg die Preise von Immobilien gebremst?
Davon ist bisher nichts zu sehen. Laut der Raiffeisen-Studie haben sich Einfamilienhäuser im zweiten Quartal gegenüber dem Vorquartal weiter verteuert, und zwar um 1,3 Prozent. Stockwerkeigentum wurde zwischen April und Ende Juni gar um 3,5 Prozent teurer. «Der seit über 20 Jahren anhaltende Preisboom setzt sich damit auf bereits hohem Niveau bei einem Tempo nahe an Rekordwerten unvermindert fort», schreiben die Raiffeisen-Experten. Allerdings sei es noch zu früh, um ein endgültiges Fazit zu ziehen. Es sei durchaus möglich, dass die Immobilienpreise im Zuge der gestiegenen Zinsen «eine Verschnaufpause» einlegen könnten.
Gab es sonst Veränderungen am Hypothekarmarkt?
Eindeutig ja. «Im Gegensatz zum Markt für Wohneigentum sind an den Hypothekarmärkten eindeutige Reaktionen auf die Veränderung an der Zinsfront festzustellen», schreiben die Raiffeisen-Experten. So waren Anfang Jahr noch über 75 Prozent aller neu abgeschlossenen Immobilienkredite Festhypotheken. Das hat nun gedreht. «Im Juni und Juli wurden erstmals mehr Geldmarkthypotheken als Festhypotheken abgeschlossen», heisst es in der Raiffeisen-Studie.
Was sollten Immobilienkäufer nun tun?
Wie oben gezeigt, werden variable Hypotheken im Zuge der Leitzinserhöhungen teuer. Längerlaufende Festhypotheken dürften beim Zins eher seitwärts tendieren, so die vorherrschende Meinung. Das heisst, der Preisvorteil von Saron-Hypotheken wird kleiner, die Kosten für die Sicherheit einer Festhypothek sinken.
«Ob jemand eine fixe oder eine variable Hypothek abschliesst, hängt vom Risikoappetit und der persönlichen Situation ab», sagt MoneyPark-Experte Stefan Meyner. Er schlägt als Option vor, dass Neukäufer für die nächsten zwölf Monate noch eine Saron-Hypothek abschliessen. «Hat sich dann diese nach einem Jahr verteuert und die Langfristzinsen sind wie erwartet nicht weiter angestiegen, lohnt sich der Umstieg auf eine Festhypothek», meint er.
Eine andere Variante bringt Adrian Wenger, Hypotheken-Experte im VZ Vermögenszentrum, ins Spiel: Demnach sollen Kunden eine Saron-Hypothek abschliessen. «Dabei sollten sie aber mit einem Zins von 2 Prozent kalkulieren», so Wenger. «Die Differenz zwischen dem effektiven Kreditzins und dem kalkulatorischen Zins von 2 Prozent sollten die Kunden auf ein Sperrkonto monatlich einzahlen.»
Der Sinn: Steigen die kurzfristigen Zinsen an, bietet das gesparte Geld einen Sicherheitspuffer. «Bleiben die Zinsen unter den 2 Prozent, können Kunden das Geld für eine Kreditrückzahlung nutzen», erklärt Wenger.
(Holger Alich)
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