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Auswanderer aus Uster: Jan Egert bei der Arbeit als Assistant General Manager und Scout bei den Ottawa 67s. Foto: Ottawa Sports

Der vergessene Mann des Schweizer Eishockeys

Jan Egert wollte Profi werden, doch es fehlte an Begabung. Seinen Traum lebt der Ustermer dennoch: als Assistant General Manager in Kanada.

Auswanderer aus Uster: Jan Egert bei der Arbeit als Assistant General Manager und Scout bei den Ottawa 67s. Foto: Ottawa Sports

Veröffentlicht am: 31.12.2020 – 11.00 Uhr

Gibt es in Nordamerikas Eishockey einen Schweizer, der im Titel General Manager trägt? An dieser Quizfrage dürfte auch manch ein Schweizer Hockeyfan scheitern. Aber j a, es gibt einen: Jan Egert. Die Anzahl Artikel zu ihm in der SMD, der Schweizerischen Mediendatenbank, dem umfangreichsten Pressearchiv der Schweiz: n ull. Die Anzahl Bilder Egerts in diversen von Schweizer Medien g enutzten Fotoagenturen: n ull. Jan Egert ist der vergessene Mann des Schweizer Eishockeys.

Doch wer genau ist Jan Egert, der Assistant General Manager u nd Director of Scouting der Ottawa 67s, einem der bekanntesten Clubs im kanadischen Junioreneishockey? In der letzten Zeit tat er für einmal nicht das, was er als «wahr gewordenen Traum» bezeichnet. Er sass zunächst eine Woche zu H ause in Mississauga, einem Vorort Torontos, zusammen mit Freundin und Hund in Quarantäne und wurde drei m al neg a tiv a uf Corona getestet. Danach flog er allein nach Edmonton, wo es vom Flughafen direkt in ein Hotel in der Bubble der U - 20-WM ging, wo er noch einmal vier Tage lang in Quarantäne war, regelmässige Tests inklusive.

Denn immer dann, wenn die U - 20-WM in Nordamerika stattfindet, und das tut sie meistens, dann ist Egert auch Video c oach der Schweizer Junioren. Als er in Edmonton ankam, sang das am gleichen Tag aus Zürich angereiste Schweizer Team im gemeinsamen Zoom - Call «Happy Birthday» für ihn. 33 wurde Egert , er lebt damit nun fast exakt ein Drittel seines Lebens den «wahr gewordenen Traum». Er liebe seine Aufgaben, er lebe fürs Eishockey, er dürfe den Sport täglich schauen , sagt er.

Der erste «Scouting Report»

Elf Jahre alt war Egert erst, als seine Eltern ihren Traum wahr machten, die Familienbäckerei in Uster und das Leben in der Schweiz hinter sich liessen und mit ihm und seiner Schwester nach Kanada auswanderten. Die Liebe zum Eishockey war bei Jan Egert bereits vorhanden, in der Schweiz war sein Vater S tammgast in Rapperswil und nahm ihn mit an Spiele. Gern hätte er selb st eine Karriere gemacht als Spieler, er sah aber schon früh ein, dass dafür das Talent gänzlich fehlte – es war quasi der erste Scouting Report Egerts , über sich selbst.

Zu seinem ersten richtigen Job als Scout kam Egert nach dem Sport m anagement- und Sport w irtschafts s tudium. Er fragte beim Juniorenteam in Mississauga nach einer Arbeit, «weil ich mich in der Eishockey w elt weiterentwickeln wollte» . Die Mannschaft spielt e in der Ontario Hockey League, die OHL ist eine von drei gleich starken Ligen in der als Canadian Hockey League zusammengefassten höchsten Junioren m eisterschaft des Landes.

Aus dem Zentrum in die ganze Provinz

Eine Tellerwäscherkarriere begann: Egert überzeugte seine Vorgesetzten, erhielt immer mehr Aufgaben, wurde drei Jahre lang Video c oach der Mannschaft und e rhielt nach fünf Jahren 2015 die Beförder u ng zu m Assistant General Manager, der auch als Direktor der Scouting-Abteilung fungierte. Als James Boyd, sein Chef der ersten Stunde, als General Manager zum Rivalen nach Ottawa wechselte, nahm er Egert mit, seither amt i e ren die beiden in den gleichen Funktionen bei den 67s.

Egerts Hauptaufgabe beinhaltet das Scout i n g von 15-jährigen Spielern, die via Draft-System an die Teams der Liga, in der 16- bis 20-Jährige spielberechtigt sind, verteilt werden. Auch darum wohnt und lebt er nicht in Ottawa selbst, sondern blieb in der Nähe Torontos – aus geografischen Gründen: «Es ergib t wegen de r oft fast täglichen Reisen an Spiele in der ganzen Provinz Sinn, im Zentrum von Ontario zu sein», erklärt er.

Wie scoutet man 15-Jährige?

Teenager mitten in ihrer körperlichen Entwicklung richtig einzuschätzen , ist keine einfache Aufgabe. Es sei zwar nicht das A und O, sagt Egert: «Aber dennoch suche ich bei den Spielern als Erstes die Liebe zum Spiel.» Läuferische und technische Finessen, die Spielintelligenz, Kreativität und die Fähigkeit, Problemsituationen auf dem Spielfeld zu lösen – all dies sind ebenso entscheidende Faktoren . A ber Egert will eben auch das sehen: «Hat ein Spieler die nötige Passion?»

Der sportliche Erfolg ist auch in einer Juniorenliga wichtig, Egert träumt vom Titel in der OHL und dem Gewinn des Memorial Cup, der am Ende der Saison an einem kurzen Turnier unter den Siegern der drei CHL-Ligen vergeben wird. Aber richtig stolz sind die Verantwortlichen der Junioren t eams auch dann, wenn NHL-Teams ihre Spieler draften.

2020 konnten sich die 67s gleich über zwei Erstrunden-Draftees in der besten Liga der Welt freuen: Marco Rossi, de n frühere n ZSC-Junior aus Österreich, sowie sein en Sturmpartner Jack Quinn. Es gehe nicht nur u m Eishockey bei den 67s, betont Egert. «Wir machen die Spieler bereit für ihr späteres Leben als Profi oder als Spieler an einer Universität. Es geht also auch um Schule, Leadership-Training, Umgang mit Fans und Sponsoren.»

Die Ungewissheit auch in Kanada

Nach der U - 20-WM in Edmonton wird Egert nach Mississauga zurückkehren – und erneut warten. Die Juniorenligen plagen die gleichen Probleme wie überall : Die Zukunft ist offen, der Saisonstart vorerst in den Februar verschoben. Ob Zuschauer dann zugelassen werden, scheint derzeit unwahrscheinlich, und das ist nicht unbedeutend.

Denn die Teams der CHL leben auch von den Zuschauereinnahmen, sie locken eine ähnliche Anzahl Fans in die Stadien wie die besten Profiligen in Europa. Die 67s, die in der alten Eishalle des NHL-Clubs der Ottawa Senators spielen , tun das im Schnitt vor knapp 4000 Leuten, im Playoff kamen auch schon doppelt so viele. (Kristian Kapp)


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