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Polizisten sind Menschen - aber keine Heilige

Einmal wöchentlich äussern sich züriost-Redaktoren zu einem Thema von politischer oder gesellschaftlicher Relevanz. Heute: Benjamin Rothschild, Leiter des Ressorts Glattal, über Übergriffe auf Ordnungshüter und den Umgang mit diesen.

Veröffentlicht am: 25.07.2017 – 20.23 Uhr

Nicht erst seit den G20-Unruhen in Hamburg ist er wieder zu hören: Der Ruf nach härteren Strafen bei Übergriffen gegen Polizisten. Gemäss dem Verband Schweizerischer Polizeibeamter (VSPB) habe der Respekt gegenüber Ordnungshütern ab und die Gewaltbereitschaft gegenüber ebendiesen zugenommen. Der VSPB fordert deshalb «klare Mindeststrafen, die weh tun». Im Nationalrat sind derzeit gleich mehrere Initiativen pendent, die bei Gewalt an Polizisten zwingend eine Freiheitsstrafe fordern.

Nun gibt es tatsächlich auch in der Schweiz immer wieder Gewaltexzesse gegenüber Beamten, die zu verurteilen sind. Ob diese «ständig zunehmen» ist wohl nicht restlos erwiesen –es spielt zum Beispiel auch das Anzeigeverhalten eine Rolle – , kann aber ohnehin offen gelassen werden. Es mag historische Konstellationen geben, wo auch physischer Widerstand gegen die Staatsgewalt legitim ist. In einem Rechtsstaat wie der Schweiz ist die Entmenschlichung von Polizisten aber nicht zu rechtfertigen.

Dass Polizisten Menschen sind gilt allerdings auch im umgekehrten Sinn: Auch sie sind fehlbar und vor Machtmissbrauch nicht gefeit. Es ist deshalb gefährlich, Automatismen in Gang zu setzen, die bei Auseinandersetzungen mit Polizisten in jedem Fall eine Freiheitsstrafe vorsehen. Und es weckt ungute Gefühle, dass die Befürworter der Verschärfungen auf Italien oder die USA verweisen, wo die Strafen hoch sind und man angeblich noch Respekt vor Ordnungshütern hat. Dies mag in einigen gesellschaftlichen Schichten so sein, in anderen wiederum ist das Gegenteil der Fall. Dort ist die Polizei verhasstes Feindbild, das teils vor willkürlicher Gewalt nicht zurückschreckt, andererseits auch selbst brutal angegangen wird.

Wer mehr Respekt will, sollte diesen nicht primär über autoritatives Gebaren und den Ruf nach mehr Härte einfordern. Umso weniger, wenn es bereits ein Strafgesetzbuch gibt, dass für Gewalt gegen Beamte mehrjährige Freiheitsstrafen vorsieht.


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