Sie haben diskutiert, paktiert und versucht, der nationalen Politik ihren Stempel aufzudrücken. Aber wie haben sich die Zürcherinnen und Zürcher in Bundeshaus dabei geschlagen? Die Redaktion zieht Bilanz – mit Fokus auf 20 der 35 Bisherigen in Bern.
Die Einflussreichen
Sie haben Gehör in Bern und verbuchen Erfolge. Oder es gelingt ihnen, so viel öffentlichen Druck aufzubauen, dass ein Thema im Parlament behandelt wird.
Mattea Meyer (SP)
Als Co-Präsidentin der SP hat Meyer in der eigenen Fraktion eine wichtige Position. Bei anderen Parteien gilt sie als dossierfest. Insbesondere in ihrem Spezialgebiet, der Sozial- und Gesundheitspolitik, kann sie dadurch im Parlament Einfluss nehmen – auch wenn sie mit der SP-Position oft an den Mehrheiten im Parlament scheitert.
Thomas Matter (SVP)
Er sitzt in der gewichtigen Wirtschaftskommission und gilt dort als einflussreich, was auch Linke anerkennen. Insbesondere in der CS-Krise konnte sich Matter gut positionieren. Bei Steuerthemen – etwa der Verrechnungssteuer-Reform – war er prägend, der Vorschlag ist allerdings am Ende an der Urne gescheitert. Auf Kompromisse arbeitet Matter ungern hin – er vertritt lieber die SVP-Position und gilt als Blocher-nah.
Tiana Angelina Moser (GLP)
2019 kamen für die Grünliberalen viele Neugewählte nach Bern. Als Fraktionschefin hat Moser versucht, einige von ihnen schnell prominent zu platzieren, besonders bei gesellschaftspolitischen Themen. Dennoch steht weiterhin oft nur eine Handvoll lang gedienter GLP-Vertreterinnen und -Vertreter im Fokus. Moser fällt am häufigsten beim Thema Schweiz - EU auf, gehört aber dennoch nicht zu den Ein-Themen-Politikerinnen.
Balthasar Glättli (Grüne)
Neben Mattea Meyer ist Glättli der zweite Parteipräsident aus dem Kanton Zürich. Er fällt vor allem bei den Themen Umwelt, Energie und Digitalisierung auf. Im Parlament verpasst er fast keine Abstimmung. Gemäss Umfragen ist Glättli der Parteipräsident, der bei den eigenen Wählerinnen und Wählern am wenigsten populär ist. Es gibt Einige, die finden, er habe aus dem Hintergrund besser wirken können als in seiner aktuellen Rolle als Gesicht der Partei. Auch die Grünen hatten 2019 viele Neugewählte – und Glättli hat (damals noch als Fraktionschef) dazu beigetragen, aus einer losen Gruppe eine funktionierende Allianz zu bauen.
Andri Silberschmidt (FDP)
Der FDP-Vizepräsident hat eine hohe Medienpräsenz und ein noch höheres Wahlkampfbudget. Auch Silberschmidts Erfolgsbilanz bei Vorstössen ist gut: Sechs seiner acht Motionen wurden laut einer SRF-Auswertung angenommen (nur ein Parlamentarier schnitt hier noch besser ab). Thematisch scheint Silberschmidt derzeit zu versuchen, sich breiter aufzustellen. Bei der Altersvorsorge ist es ihm jüngst aber nicht gelungen, eine Mehrheit für einen Gegenvorschlag zur Renteninitiative zu finden.
Die Auffälligen
Sie sind laut, fallen auf und polarisieren. Einige von ihnen sind auch für ihre Dossierkenntnisse bekannt und können Einfluss nehmen – aber allen gemeinsam ist der häufige öffentliche Auftritt.
Jacqueline Badran (SP)
Alle sprechen über sie, und sie spricht über alles: Badran hat eine der lautesten Stimmen in Bern (figurativ und wortwörtlich). In der Sozial- und der Wirtschaftspolitik gehört sie zu den Expertinnen, das heisst es auch bei anderen Parteien fast unisono. Gleichzeitig ist Badran berüchtigt für ihre Schimpftiraden. Passt ihr etwas nicht, sagt sie das sofort – was ihr nicht unbedingt hilft, wenn sie Mehrheiten finden will. Doch was sie sagt, hat Gewicht. Badran hat sich in dieser Legislatur aus persönlichen Gründen eine Auszeit genommen, ist aber seit ihrer Rückkehr wieder so präsent wie eh und je.
Roger Köppel (SVP)
Roger Köppel trifft man selten im Bundeshaus an – und wenn, dann sitzt er meist tief über seine Laptop-Tastatur gebeugt und hämmert darauf ein. Der SVP-Nationalrat legte seinen Schwerpunkt in den letzten vier Jahren klar auf seinen Job als «Weltwoche»-Chef, die parlamentarische Arbeit war zweitrangig. Keiner hat so viele Abstimmungen verpasst wie er, und keiner verlor so viele. Weil er fast immer aus Prinzip die Gegenposition zum «Mainstream» vertreten will, findet Köppel zudem keine Mehrheiten. In der Öffentlichkeit wird seine Stimme aber stark wahrgenommen. Er tritt nicht mehr zur Wahl an.
Meret Schneider (Grüne)

Auf X (vormals Twitter) wurde Meret Schneider in letzter Zeit gleich mehrmals gesperrt. Sie geht mit ihrer Ironie gerne an die Schmerzgrenze (und manchmal auch darüber hinaus). Schneider muss um ihre Wiederwahl zittern, weil die Grünen im Kanton Zürich Wähleranteile zu verlieren drohen. Die Ustermerin rangiert von den Bisherigen auf dem hintersten Listenplatz. Aufgefallen ist sie auch, weil sie viele Vorstösse eingereicht hat: Ganze 45 waren es laut SRF-Auswertung in nur vier Jahren. Die meisten davon sind entweder noch hängig oder gescheitert. Nur zwei hatten Erfolg. Schneider vertritt in der Landwirtschaftspolitik zwar klar grüne Positionen, geht dabei aber selten auf Konfrontation. Das verschafft ihr bei Teilen der Landwirte Respekt.
Fabian Molina (SP)
Molina fällt auf, weil es kaum ein aussenpolitisches Thema gibt, zu dem er sich nicht äussert. Auch in den sozialen Medien ist er sehr präsent. Fast jede und jeder kennt ihn nach nur fünf Jahren im Parlament, einige rollen ob seiner hohen Medienpräsenz die Augen. Gleichzeitig bezeichnen ihn auch Aussenpolitiker anderer Parteien anerkennend als Arbeitstier. In der Kommission findet er oft auch Verbündete in der Mitte – aber am Ende scheitern seine Vorschläge in der Regel am Ständerat.
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