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«Die Vorstellung von der totalen Sicherheit habe ich verloren»

In einer Serie erzählen Menschen aus der Region, wie sich ihr Leben durch die Corona-Pandemie verändert hat. Heute mit Mirjam de Boni, Geschäftsführerin von Hello Vegan in Uster.

Veröffentlicht am: 23.08.2021 – 12.25 Uhr

Sie beschäftigt uns schon seit eineinhalb Jahren und wird dies wohl auch noch eine Weile tun – die Corona-Pandemie. Während in den Sommermonaten Lockerungen für einen lang ersehnten Lichtblick sorgen, steigen die Fallzahlen wieder an. Bevor wir uns mit einer möglichen vierten Welle konfrontiert sehen, möchte die Redaktion von Züriost jedoch einen Moment innehalten und einen Rück- und Ausblick wagen.

Wie erleben Oberländerinnen und Oberländer die andauernde Ausnahmesituation? Wie bewältigen sie die Herausforderungen der Pandemie – beruflich und persönlich? Inspiriert von Max Frischs Fragebogen hat die Redaktion 10 Fragen zusammengestellt und Persönlichkeiten aus der Region damit konfrontiert. Heute mit Mirjam de Boni, die in Uster den Einkaufsladen Hello Vegan führt.

Wo hätten Sie, wenn Sie die Wahl gehabt hätten, die Pandemie am liebsten ausgesessen?
Mirjam de Boni: Gemütlich bei mir zu Hause mit meinem Mann. Denn während gefühlt die ganze Schweiz zu Hause eingesperrt war und sich die Zeit vertreiben musste mit der Entrümpelung von Keller und Estrich, haben mein Team und ich den plötzlichen Ansturm auf unseren veganen Onlineshop bewältigt.

Wenn Sie ehrlich mit sich selbst sind, nach Lockdown und/oder Quarantäne: Wie sehr mögen Sie Ihre Wohnung noch?
Ich habe mein zu Hause eher weniger als mehr gesehen in den letzten eineinhalb Jahren und mag es nach wie vor sehr.

Gibt es eine Person in Ihrem Umfeld, bei der Arbeit oder in der Familie, die Sie während der Pandemie mit neuen Augen gesehen haben?
Da gibt es sogar mehrere. Im Ladenalltag haben wir unterschiedliche Reaktionen auf die Pandemie gesehen. Von viel Zuspruch und Zusammenhalt über Unglauben, Angst bis zur Respektlosigkeit gegenüber dem Team und anderen Kund*innen haben wir alles erlebt. Nachdenklich stimmt mich wie viele Menschen irrational wurden und plötzlich an die wildesten Theorien glauben.

Was haben Sie in der Coronazeit über sich gelernt?
Beruflich, wie viele Pakete ich maximal pro Stunde und Tag packen kann. Persönlich, dass nichts im Leben garantiert ist und ich meine kleine Welt für zu selbstverständlich erachtet habe.

Welches Laster, das Sie sich in den letzten Monaten angeeignet haben, würden Sie nun am liebsten wieder loswerden?
Ein neues Laster habe ich mir nicht angewöhnt und leider wollte mich auch keines verlassen in den letzten Monaten.

Hat sich ihr Verhältnis zum Tod geändert? Wenn ja, wie?
Das Verhältnis zum Tod nicht. Aber die Vorstellung von der totalen Sicherheit, in der wir uns hier gerne wiegen, die habe ich verloren. Mir wurde bewusst wie fragil unser Konstrukt von vermeintlicher Sicherheit ist. Aber auch wieder einmal wie wahnsinnig privilegiert wir in der Schweiz sind.

Wofür sind Sie besonders dankbar?
Für mein wunderbares Umfeld aus Familie und Freunden, welches mich auch in so unsicheren Zeiten unterstützt und trägt und mein Schaffen – oft über die Belastungsgrenze hinaus – überhaupt möglich macht.

Welches Buch, das Sie während der Corona-Pandemie gelesen haben, würden Sie besonders weiter empfehlen und warum?
«Vegan ist Unsinn» von Niko Rittenau, Patrick Schönfeld und Ed Winters. Das Buch ist passenderweise während der Pandemie erschienen und räumt mit den gängigen Vorurteilen gegen einen friedlicheren und nachhaltigeren Lebensstil auf. Und wenn wir eines gelernt haben sollten in den letzten eineinhalb Jahren, dann dass weitermachen wie bisher einfach keine Option ist.

Hand aufs Herz: Wie viele Einladungen haben Sie unter dem Vorwand der Selbstisolation sausen lassen?
Es gab nichts, dass ich hätte sausen lassen wollen. Allerdings habe ich wegen Symptomen, zu einer Zeit wo es noch keine Schnelltests gab, die Erstkommunion meiner Patentochter verpasst.

Die Welt ist buchstäblich stillgestanden. Geht nun alles weiter wie zuvor? Wird die Entschleunigung, das Rückbesinnen auf Wichtiges, Bestand haben?
Ich hoffe sehr, dass wir Lehren aus dem Geschehenen ziehen und wir uns bewusst werden, dass durch die Produktion von Milch, Eiern und Fleisch und die damit verbundene Massentierhaltung auch in der Schweiz jederzeit Pandemien entstehen können. Wir sollten uns nicht überlegen, wie wir mit einer erneuten Pandemie besser umgehen, sondern wie wir diese verhindern können.


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