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Mit einem eigenen essbaren Garten sorgt man nicht nur für sich selbst. RnD Photography

Wo Ästhetik auf Nutzen und Nachhaltigkeit trifft

Es ist möglich, ästhetische sowie nutz- und essbare Gärten auf kleinstem Raum zu gestalten. Zoé Giacchetta, Leiterin der Winterthurer Filiale von Veg and the City, gibt Tipps zur Anlegung eines eigenen kleinen Naschgartens und klärt über die Wichtigkeit von nektarreichen Blüten auf.

Mit einem eigenen essbaren Garten sorgt man nicht nur für sich selbst. RnD Photography

Veröffentlicht am: 05.05.2021 – 07.00 Uhr

Frau Giacchetta, was fasziniert Sie am Gärtnern?
Zoé Giacchetta: Diese Faszination entdeckte ich bereits als Kind. Ich wuchs in einem Haus mit einem grossen Permakulturgarten auf. Meine Eltern waren Selbstversorger. Es gab immer genug Gemüse, Salat und Beeren. Wir haben alles selbst geerntet, eingefroren, eingemacht und eingelegt. So mussten wir selten etwas einkaufen. Es war ein ganzes Ökosystem ums Haus herum, das super funktionierte. Als ich später in die Stadt zog, habe ich schnell festgestellt, dass die Leute wenig über Pflanzen und Biodiversität wissen.

Wieso ist es so wichtig, beim Bepflanzen eines Gartens oder Balkons auf das Wohl der Insekten zu achten?
Wir haben leider viel zu wenige Insekten. Vor allem die Bienen verschwinden immer mehr. Viele Leute vergessen, dass wir vom Wohl der Bienen abhängig sind. Es ist wichtig, dass wir Ihnen die Nahrung bieten, die sie brauchen, sonst werden sie uns irgendwann verlassen. Deshalb sollten wir Wert auf nektarreiche Pflanzen legen. Geht es den Nützlingen gut, haben wir automatisch weniger Schädlinge im Garten. Marienkäfer fressen beispielsweise Blattläuse.

Es kann auch lästig werden, wenn man nur noch von Insekten umgeben ist. Wie sehen Sie das?
Bei Stechmücken kann man dagegen steuern, indem man darauf achtet, dass in den Untertellern kein Wasser liegt. Oder mit Pflanzen, die stark riechen, wie Basilikum, Minze, Oregano und Rosmarin. Sie mögen diese Gerüche nicht. Schmetterlinge und Bienen finden das wiederum anziehend. Wespen können auch lästig sein, werden jedoch eher von unseren süssen Esswaren und Getränken angezogen als von Pflanzen.

«Foodscaping» ist derzeit im Trend. Was bedeutet eigentlich der Begriff?
Der Ausdruck kommt von «Landscaping», dem englischen Ausdruck für Landschaftsbau. Dabei geht es vor allem um die Ästhetik von Landschaften. «Foodscaping» bedeutet Nutzflächen sowie anhand von nektarreichen Pflanzen, essbare Landschaften für Insekt und Mensch zum Leben zu erwecken, die auch ästhetisch sind.

Und weshalb ist es wichtig, Gärten zu gestalten, die essbar sind?
Viele wissen nicht mehr, woher ihre Nahrung kommt oder wie eine Karotte oder eine Tomate produziert wird und wie viel Arbeit dahinter steckt. Das Bewusstsein der Leute soll gestärkt werden, damit sie ihre Einkäufe nachhaltiger gestalten können. Es ist auch wichtig, dies bereits den Kindern näher zu bringen. Das funktioniert mit einem eigenen kleinen Naschgarten am besten. Denn ich habe festgestellt, dass vor allem Kinder aus der Stadt nicht wissen, wie solche Prozesse ablaufen.

Jemand möchte seinen Traumgarten einrichten. Wie geht er am besten vor?
Die Lichtverhältnisse im Garten sind von zentraler Wichtigkeit – und man sollte sich überlegen, wie viel Zeit man ins Gärtnern investieren will. Es soll schliesslich Spass machen und nicht zum Ärgernis werden. Sinnvoll ist es, den Garten realistisch und nach den eigenen Bedürfnissen sowie den Verhältnissen des Gartens zu planen. Auf Wunsch können sich die Leute auch von Fachpersonen beraten lassen.

Welche Rolle spielen dabei die Platzverhältnisse eines Balkons oder Gartens?
Man kann auch aus einem kleinen Balkon sehr viel machen. Pflanzen gibt es nicht nur in einem Topf auf dem Boden. Es existieren auch vertikale oder hängende Gärten mit Töpfen, die an der Wand oder der Decke montiert werden. Zum Beispiel Hängeerdbeeren in Hängetöpfen. Am Balkongeländer können Kisten aufgehängt werden. Pflanzen wie Kohlrabi, diverse Kräuter, essbare Blüten und Blumen gedeihen da sehr gut. Und viele nektarreiche Sachen leben sogar mehrjährig.

Ebenfalls platzsparend: das Hochbeet. Es liegt seit ein paar Jahren im Trend. Worauf sollte man bei einer Anschaffung achten?
Es kommt auf den Standort und das Gewicht des Hochbeets an sowie darauf, was man anpflanzen möchte. Fruchtgemüse braucht viel Erde, eignet sich also besser für Gärten oder grössere Hochbeete. Kräuter und Blumen gedeihen auch gut in einem Hochbeet, bei dem die Erde nicht so tief ist. Beim Bepflanzen eines Hochbeets auf langen Beinen sollte man darauf achten, dass die Pflanzen nicht zu hoch werden. Tomaten oder Fruchtbäume werden sehr hoch. Da kommt man beim Ernten als kleine Person nicht gut ran. Kürbisse und Gurken eignen sich wiederum gut.

Weshalb wird Biodiversität in privaten Gärten immer wichtiger?
Damit die Vielfalt erhalten bleibt. Wenn nicht wir darauf achten, gibt es bald keine Bienen oder Schmetterlinge mehr und auch unsere Lebensmittelverfügbarkeit wird sich verringern. Es gibt eine Organisation, die ProSpecieRara, die alte Samen wiederproduziert. Dabei werden alte Sorten von Gemüse, die jahrelang nicht mehr verfügbar waren oder vergessen gingen, wieder angebaut. So kann die Vielfalt erhalten werden. Ein Beispiel: eine Karotte muss nicht unbedingt orange, sie darf auch gelb oder rot sein.

Was halten Sie von der in der Schweiz klassischen Geranien-Bepflanzung?
Sie haben, wie alle Pflanzen, die Berechtigung, da zu sein. Niemand hat den absolut perfekten biodiversen Garten. Gärtnern sollte man auch für sein Auge. Ich finde es schön, dass die Leute überhaupt anfangen etwas anzupflanzen. Man sieht Geranien oft bei traditionellen Häusern. Sie sind einfach in Pflege und Ort und vertragen viel Sonne. Somit eignen sie sich gut für Leute, die sich nicht viel Zeit nehmen möchten. Es gibt auch nektarreiche Geranien-Sorten, jedoch nicht nur.

Welche Projekte machen Ihnen am meisten Freude?
Wenn die Leute miteinbezogen werden. Die Projekte sollen nah und berührbar sein, wie das Projekt mit den grossen Pflanzentrögen bei der Europaallee in Zürich. Die Passanten konnten an den Pflanzen riechen und da diese beschriftet waren, dabei noch etwas lernen. Es waren alles essbare Sachen, die im Herbst gemeinsam mit den Leuten geerntet wurden.

Was möchten Sie Hobbygärtnern ans Herz legen?
Ich empfehle immer Biosetzlinge zu verwenden. Wenn sortenechtes Saatgut angebaut wird, kann man schon bald seine eigenen Samen ernten.

Zoé Giacchetta schloss ihre Ausbildung als Gärtnerin mit BM bei Ryffel + Ryffel in Uster ab. Später bildete sie sich weiter zur Floristin, machte den Floristen-Meisterabschluss und ist nun seit bald sieben Jahren bei Veg and the City, wo sich alles um das biologische Gärtnern in der Stadt dreht. Angefangen hat sie in der ersten Filiale in Zürich und übernahm dann die Filialleitung in Winterthur. So war sie bei der Expansion ganz vorne mit dabei und konnte viel Fachwissen und Erfahrung in die neue Herausforderung mitnehmen.


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