Der bekannte junge Straftäter Brian war während seiner Inhaftierung im Bezirksgefängnis Pfäffikon «unmenschlichen und erniedrigenden Bedingungen» ausgesetzt. Zu diesem Schluss kommt das Bezirksgericht Zürich in seinem Urteil, das nun vorliegt.
Brian, der früher Carlos genannt wurde, befand sich seit April 2016 wegen des Vorwurfs der versuchten schweren Körperverletzung in Untersuchungshaft und danach im vorzeitigen Strafvollzug. Im Januar 2017 war er in der Sicherheitsabteilung des Gefängnisses Pfäffikon untergebracht.
Poncho und Fussfessel
Nach Ansicht des Inhaftierten waren die Bedingungen dort unmenschlich und erniedrigend. In dieser Zeit war Brian immer in Einzelhaft, musste stets Fussfesseln tragen, durfte keine Spaziergänge machen und erhielt nur ein einziges Kleidungsstück – einen Poncho. Seine Zelle verfügte zudem, abgesehen von wenigen Tagen, über keine Matratze.
Er soll teilweise auch keine Wolldecke bekommen haben, nie geduscht haben und teilweise keine Zahnbürste erhalten haben. Zudem soll er kein Lese- und Schreibmaterial bekommen haben und die an ihn gerichtete Post sei ihm eine Zeit lang vorenthalten worden.
Deshalb reichte Brians Anwalt eine Staatshaftungsklage gegen den Kanton Zürich ein und forderte eine Genugtuung in der Höhe von 40'000 Franken sowie Schadenersatz in der Höhe von 15'684.55 Franken.
Verletzung der Menschenrechtskonvention
Das Bezirksgericht Zürich hat in seinem schriftlich eröffnetem Urteil vom 11. März festgestellt, dass die Haftbedingungen, denen der Kläger vom 6. bis zum 26. Januar 2017 ausgesetzt war, in ihrer Gesamtheit und angesichts der Zeitdauer von fast drei Wochen «eine unmenschliche und erniedrigende Behandlung» im Sinne von Artikel 3 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten und eine Persönlichkeitsverletzung des Klägers darstellten.
Der Kanton hatte eingewandt, das Gefängnispersonal habe keine Schädigungsabsicht gehabt. Vielmehr sei es mit dem aussergewöhnlich aggressiven Verhalten des Klägers überfordert gewesen und sei die Infrastruktur nicht auf die speziellen Verhältnisse angepasst gewesen.
Der Kläger habe die beanstandete Behandlung mit seinem Verhalten zudem selbst herbeigeführt. Das Gericht beurteilte diese Einwände als nicht stichhaltig: «Der Staat ist aufgrund seiner Fürsorgepflicht verpflichtet, auch bei schwierigen Gefangenen für deren Gesundheit und Wohlergehen zu sorgen, soweit dies unter den gegebenen Umständen möglich und zumutbar ist», schreibt das Bezirksgericht Zürich.
Schädigungsabsicht fehlte
Trotz des absoluten Ausnahmeverhaltens des Klägers hätten auch im vorliegenden Fall zumutbare Alternativen bestanden, um die unzulässigen Haftbedingungen zu beseitigen oder zu mildern.
Die fehlende Schädigungsabsicht der Mitarbeitenden und das ungewöhnlich aggressive und renitente Verhalten des Kläger, welches die korrekte und gesundheitswahrende Ausgestaltung des Strafvollzugs stark erschwerten, hätten jedoch dazu geführt, dass das Gericht die Verletzung der Menschenrechtskonvention und der Bundesverfassung nur knapp bejahte.
Ansprüche verwirkt
Die Ansprüche auf Schadenersatz und Genugtuung wies das Gericht ab, Ausschlaggebend dafür war, dass das Haftungsgesetz nicht angewandt wird, wenn das Bundesrecht oder andere kantonale Gesetze die Haftung des Kantons regeln.
Während die Ansprüche auf Feststellung einer Konventions- respektive einer Verfassungsverletzung nicht anderweitig geregelt sind und daher mit einer Staatshaftungsklage geltend gemacht werden können, sind die Ansprüche auf Schadenersatz und Genugtuung in der Strafprozessordnung abschliessend geregelt. Sie können daher nur nach ebendiesen Grundsätzen geltend gemacht werden. Werden sie nicht im Strafverfahren geltend gemacht, sind sie verwirkt und können später nicht mehr geltend gemacht werden.
Im vorliegenden Fall hätte der Kläger die Ansprüche auf Entschädigung somit während des Strafverfahrens geltend machen müssen. Dieses wurde aber bereits am 6. März 2017 rechtskräftig abgeschlossen. Die Ansprüche sind daher verwirkt, weshalb die Klage abgewiesen wurde.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Es kann beim Obergericht des Kantons Zürich oder später auch beim Bundesgericht angefochten werden.
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