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Ein Jungwolf wanderte auf der Suche nach einem Revier am Wochenende durchs Oberland. Foto: Fischerei- und Jagdverwaltung

Bauern nach Wolf-Foto in Bäretswil: «Ein mulmiges Gefühl bleibt»

Es könne gut sein, dass der Wolf, der in Bäretswil in eine Fotofalle getappt ist, längst weitergewandert ist, sagt ein Experte des WWF. Nutztierhalter in der Region sind dennoch besorgt.

Ein Jungwolf wanderte auf der Suche nach einem Revier am Wochenende durchs Oberland. Foto: Fischerei- und Jagdverwaltung

Veröffentlicht am: 16.03.2021 – 07.12 Uhr

Ein Wolf wandert durch das Oberland. Diese Nachricht verbreitete sich am vergangenen Wochenende wie ein Lauffeuer. Den entsprechenden Fotobeweis und eine Mitteilung lieferte die kantonale Baudirektion am Samstag und informierte die Nutztierhalter per SMS. Das Telefon von Wildhüter Ludwig Weibel aus Bäretswil klingelt seither häufig. «Es kommen viele Fragen zum Wolf. Vor allem wo genau die Fotofalle steht, die das Bild aufgenommen hat. Und wo der Wolf nun hin ist.» Wo sich das Raubtier nun aufhalte, wisse aber niemand, betont er.

Es sei das erste Mal, dass ein Wolf in seinem Revier in die Fotofalle tappe. «Das ist schon aussergewöhnlich», sagt Weibel. Das Tier sei genau zwischen den beiden aufgestellten Fotofallen hindurch gegangen. Diejenige für Filmaufnahmen habe es leider nicht ausgelöst. So gebe es nur dieses eine Bild des Wolfes. Das Tier sei schon kurz vorher jemandem aus der Gegend über den Weg gelaufen.

Genauer Standort der Fotofalle wird nicht verraten

Verschiedene Facebook-User haben sich seit vergangenem Samstag dahingehend geäussert, dass in Weisslingen und Wallikon vor kurzem ebenfalls ein Wolf gesichtet sowie Spuren eines Tieres gefunden worden seien. Das kann Weibel nicht bestätigen, er sagt aber: «Von der Laufrichtung her, kann es sein, dass der Wolf aus dem Bezirk Pfäffikon nach Bäretswil hinübergewandert ist.» 

Auf die Frage, wo genau im Bezirk sich die Fotofalle befindet, in die der Wolf getappt ist, gibt sich Weibel bedeckt. Er sagt: «Dieses Wissen nützt niemandem etwas. Ausserdem wollen wir nicht, dass Menschen dorthin gehen und sich auf die Suche machen. Es hat schon genug Leute, in der Gegend», sagt der Wildhüter. Lesern zufolge stammt das Bildmaterial aus der Region Adetswil, genauer beim Hinteren Engelstein, an der westlichen Grenze der Gemeinde Bäretswil.

Allgemein lasse sich sagen, dass der Wolf unterschiedlich aufgefasst werde, so Weibel. «Ob im Bündnerland oder im Oberland. Einige sind hell begeistert. Andere wollen ihn lieber tot sehen.» Um seine eigenen Tiere, Weibel betreibt in Adetswil eine Hirschfarm, macht er sich keine Sorgen. «Ich habe überhaupt keine Angst. Mein Zaun ist zwei Meter hoch. Die Gefahr, dass ein Wolf da hineingelangt, ist sehr klein.»

W olf ist seit Jahren ein Thema

Anderen Nutztierhaltern der Region bereitet das Raubtier aber durchaus Sorgen. Und zwar nicht erst seit dem vergangenen Wochenende. So sagt etwa Andrea Pfenninger vom Geissehof Bäretswil und Vizepräsidentin beim Schweizerischen Ziegenzuchtverband. «Der Wolf beschäftigt uns seit Jahren.» Das gelte vor allem für die Kollegen in den Berggenbieten, speziell in der Surselva. Aber dass bei der derzeitigen, ihrer Meinung nach  zu dichten Wolfpopulation im Kanton Graubünden, nun ein Tier den Weg ins Unterland gefunden habe, überrascht sie nicht.

«Es ist schwierig. Man darf sich nicht zu weit aus dem Fenster lehnen mit Aussagen. Sonst ist man gleich ein Tierhasser.» Sie hoffe, dass der Wolf in den Aargau weitergezogen sei und sich dem urbanen Trend entsprechend dort vegan ernähre, sagt Pfenninger und lacht. Um gleich danach wieder ernst zu werden. «Ich mache mir grosse Sorgen. I m Sommer haben wir die Stalltüre Tag und Nacht offen oder einen Teil der Herde auf einer vom Hof entfernten Weide . »   Alle Tierhalter müssten nun noch mehr aufpassen. Nicht nur wegen des Wolfes. Auch Luchsspuren würde sie  ab und zu finden und  zweimal in der Nacht habe sie einen Luchs gesehen, sagt die Ziegenzüchterin. 

Es sei ein komplexes Thema. «Der Wolf ist ein majestätisches Tier, aber hier   in der Schweiz, speziell  im dicht bevölkerten Kanton Zürich, hat er ein schweres Auskommen. Grossraubtiere und Nutztiere auf engem Raum, das geht kaum zusammen.» Das Schlimme sei, dass ein Wolf, der in eine Herde eindringt, nicht nur ein Tier reisse, sondern mehrere Tiere töte oder schwer verletze. «Man sagt, dass wir Nutztierhalter entschädigt werden, aber uns geht es nicht ums Geld. Wer von Hand eine Geiss aufzieht, dem tut es weh, wenn das Tier gerissen wird.»

« Wölfe sind athletisch »

Pfenninger berichtet von Bäuerinnen, die in der Surselva regelmässig Wölfe sehen, wenn sie morgens aus dem Haus gehen. «Das hat psychische Auswirkungen. Auch wenn es bisher keine Angriffe auf Menschen gibt. Wer abgelegen wohnt und Kinder hat, die sich alleine auf den Schulweg machen, bekommt es mit der Angst zu tun.» Ein wirksamer Schutz sei schwierig, Herdenschutzhunde seien im dicht besiedelten Kanton Zürich ungeeignet. Wolfssichere Zäune könne man auch nicht einfach überall aufstellen. « Es gibt klare Verordnungen, die das regeln , beispielsweise wegen des Wildwechsels . Und Wölfe sind athletisch . Meist finden sie auch bei Zäunen ihren Weg», sagt Pfenninger.

Der Bäretswiler Schafzüchter Reto Wäfler hat ebenfalls Angst, um seine Tiere. Überrascht ist er über das Auftauchen des Wolfes aber nicht. «Ich rechne schon länger damit, dass ein Wolf auftauchen könnte, habe Zäune gebaut, die unter Strom stehen und stehen und eine Mindesthöhe von 90 Zentimetern haben.» Er mache, was er könne, aber eine Garantie gebe es nicht. «Im Sommer bleiben meine Schafe wegen der Hitze tagsüber im Stall, gehen dann abends raus und bleiben die ganze Nacht auf der Weide. Da bleibt schon ein mulmiges Gefühl», sagt Wäfler.

Wird man in Zukunft öfter mit Wölfen rechnen müssen, die im Unterland vorbeikommen? Gabor von Bethlenfalvy, Verantwortlicher für Grossraubtiere beim WWF Schweiz, sagt dazu: « Wenn die Jungtiere abwandern, suchen sie neue Reviere. Dabei legen sehr weite Distanzen zurück. Gehen sie vom Bündnerland Richtung Westen, können diese Wanderungen auch durch den Kanton Zürich führen. Mit der Zunahme an Familienrudeln, wird dies künftig häufiger geschehen.»

Ein Wolf könne in einer Nacht rund 50 bis 100 Kilometer zurücklegen. Es sei davon auszugehen, dass sie durchwandern. «Es kann gut sein, dass der Wolf, der in die Bäretswiler Fotofalle getappt ist, sich nicht mehr im Oberland befindet.» Wo die Reise für die Einzelwölfe hingeht, sei sehr schwierig zu beurteilen, sagt von Bethlenfalvy. «So konnten Abwanderer aus der ersten und ältesten Wolfsfamilie, dem ehemaligen Calandarudel, genetisch bis zu 500 Kilometer entfernt in Italien und Deutschland nachgewiesen werden.»

Die Sorgen aus der Bevölkerung kann der Experte nachvollziehen. Er sagt: « Zwischenfälle mit Nutztieren können auch bei durchwandernden Tieren vorkommen. »  Für den Menschen hingegen herrsche grundsätzlich keine Gefahr. « Es gibt aus dem grenzübergreifendem Alpenraum bisher keinen Hinweis dass die öffentliche Si­cherheit gefährdet wäre . In der Regel sind Wölfe scheu und verschwinden, wenn sie sich beobachtet fühlen. »


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