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Gabriel Weber aus Egg trat im Dezember seine bisher abenteuerlichste Velotour an: Über 4000 Kilometer von Kenia nach Namibia. Foto: Gabriel Weber

Egger radelte mit viel Glück im Unglück quer durch Afrika

Gabriel Weber aus Egg stellte kürzlich nicht nur die Grenzen der Reise-Einschränkungen auf Probe, sondern auch seine eigenen: Der 20-Jährige radelte mitten während der zweiten Pandemiewelle über 4000 Kilometer von Kenia nach Namibia. Ein Bericht über die Freuden und Leiden seiner Reise.

Gabriel Weber aus Egg trat im Dezember seine bisher abenteuerlichste Velotour an: Über 4000 Kilometer von Kenia nach Namibia. Foto: Gabriel Weber

Veröffentlicht am: 23.02.2021 – 13.44 Uhr

Die Corona-Krise hat so manche Reisepläne verpfuscht. So auch diejenigen des 20-jährigen Gabriel Weber aus Egg: Er hatte schon lange vor der Pandemie geplant, diesen Winter mit dem Velo die Sahara zu durchqueren. Die Flüge waren gebucht, die Ferienwochen eingegeben, die Ausrüstung bereit, die Vorfreude gross und die Hoffnung bis zuletzt noch nicht ganz tot.  « Erst Ende Oktober gestand ich mir dann schmerzlich ein, dass dieser Trip definitiv ins Wasser fällt. Denn für sämtliche Länder galten Einreisesperren » , erzählt Weber.

Fünf Wochen zuhause zu sitzen kam für ihn aber trotz der bundesrätlichen Weisung nicht in Frage.  So habe er dann das Internet tagelang nach einer Alternative für eine mehrwöchige Reise per Velo durchforstet, die inmitten der zweiten Pandemiewelle irgendwie möglich sein würde. « Die Auswahl war nicht gerade gross: Eine Tour führte durch Brasilien, eine durch Mexiko und eine von Kenia über Tansania und Sambia nach Namibia » , so Weber.

Er entschied sich für letztere, im Bewusstsein, dass sich diese aufgrund der Grenzübertritte wesentlich komplizierter und hürdenreicher gestalten würde. « Die Lage war unsicher und die Bestimmungen konnten sich von einem Tag auf den anderen ändern » , erzählt Weber. Als er dann am 20. Dezember tatsächlich in einem Flugzeug nach Nairobi sass, das Velo in einem Karton im Frachtraum, einige Visa und eine negative Coronatest-Bescheinigung im Gepäck und ein Impfcocktail im Arm, sei die grösste Last erstmal von ihm abgefallen.

Ein Flug ins Ungewisse

« Angst hatte ich vor der Reise eigentlich kaum. Meine grössten Bedenken waren, dass ich wegen Corona-Einreisebestimmungen an irgendeinem Zoll hängen bleibe » , sagt Weber. Seine Eltern machten sich hingegen mehr Sorgen: « Sie sagten, ich sei ein Spinner. »  Der 20-Jährige war sich aber sicher: « Irgendwie werde ich schon wieder nach Hause kommen. »

Auf seiner über 4000 Kilometer langen Route waren das Coronavirus und die Einschränkungen, die es mit sich bringt, aber längst nicht die einzigen Risiken, auf die sich Weber einliess. Als waghalsig würde er sich dennoch nicht bezeichnen – schliesslich habe er sich gut auf die Reise vorbereitet und zuvor bereits einige lange Touren per Velo gemacht. 

An die afrikanischen Verhältnisse habe er sich dennoch zuerst einmal gewöhnen müssen: « Ich startete mittendrin in einer Vorstadt Nairobis und war am Anfang ziemlich überfordert von all den ersten Eindrücken, der Hitze und dem Verkehrschaos. »  Der grösste Teil seiner Reise spielte sich aber in ländlichen Gebieten ab, die ihm zufolge allerdings auch ihre Tücken hatten, was besonders an den Strassenverhältnissen gelegen habe. Die Strassen seien stellenweise nicht asphaltiert gewesen; sandig, schlammig oder von tiefen Spurrillen und Schlaglöchern zerfurcht, sodass manchmal auch Stossen statt Pedalen angesagt war. 

Die Strapazen des Velos

Schon am ersten Tag ging eine Speiche zu Bruch – und seither wurden Velo-Pannen zu einer Art Konstante auf Webers Reise: Hier ein Dorn im Reifen, dort ein Schlauch geplatzt, da eine Bremsscheibe verbogen, ein ständiges Quietschen des Getriebes im Ohr und teils weder Ersatzteile noch Reparaturwerkstätten weit und breit. « Mir fiel irgendwann auf, dass ich fast mehr Fotos von meinem Velo habe, auf denen es auf der Lenkstange statt auf den Rädern steht » , sagt Weber und lacht. Mit der Hilfe von mal mehr mal weniger versierten Velomechanikern habe er es doch immer wieder geschafft, das Velo zur Weiterfahrt zu rüsten. 

Der Egger hatte sich jeweils als Tagesziel eine ambitionierte Strecke von rund 130 Kilometern gesteckt, die er zurücklegen musste, um seinen gebuchten Rückflug in der namibischen Hauptstadt Windhoek zu erwischen. Ihm zufolge bedeutete das im Schnitt eine Fahrzeit von täglich etwa acht bis neun Stunden ohne Pause. 

Lieber Mückenstich statt Schlangenbiss

Übernachtet habe er meistens in Siedlungen, wo er fast immer eine Lodge oder ein Gasthaus ausfindig machen konnte. « Manchmal kam aber auch einfach nichts, sodass ich irgendwo im Schilf mein Zelt aufstellen musste » , erzählt Weber. Zwar hatten es keine Löwen oder anderen Raubtiere auf sein Fleisch abgesehen, dafür unzählige Mücken auf sein Blut. 

Einmal sei er auch einer Schlange begegnet, die aber sogleich von zwei Einheimischen erschlagen wurde. Verstanden habe er diese Aktion erst später, als er erfahren habe, dass vor kurzem ein anderer Velofahrer von einer ebensolchen Schlange zu Tode gebissen wurde. « Im Nachhinein dachte ich manchmal schon, dass ich etwas vorsichtiger hätte sein sollen » , gesteht Weber.

Auch körperlich sei er mehrfach an seine Grenzen gestossen. Das Essen – Weber zufolge meist Reis oder gebratene Kartoffeln, manchmal bestanden seine Mahlzeiten auch nur aus Chips oder anderen Snacks – hat wohl der Erschöpfung nur bedingt entgegengewirkt. Über Neujahr erreichte er nach eigener Aussage einen Tiefpunkt: « Irgendetwas hatte ich mir eingefangen und ich fühlte mich so elend, dass ich kaum aufstehen konnte » , sagt er. Auf Empfehlung der Besitzerin des Hauses, in dem er übernachtet hatte, habe er sich einen Kilometer bei strömendem Regen durch den Schlamm zu einer Arztpraxis geschleppt, nur, um dort erkennen zu müssen, dass diese geschlossen war. 

Die Euphorie zum Schluss

« Wie so oft hatte ich aber Glück im Unglück und konnte erstaunlicherweise bereits am übernächsten Tag wieder weiterfahren » , so Weber. Länger zu schaffen machte ihm hingegen sein Knie, in dem sich plötzlich ein stechender Schmerz eingenistet habe, wie er ihn zuvor noch nie erlebt habe.

Genauso wie manchmal böse Überraschungen aufkreuzten, gab es auch immer wieder positive. So erzählt Weber zum Beispiel von der Gastfreundschaft, die er erlebte, als ihm jemand spontan einen Schlafplatz in seiner Lehmhütte anbot und dazu einige Töpfe wegräumte. Oder von Kindern, die winkend neben seinem Fahrrad herrannten, von den hunderten Zebras, die plötzlich in der Grassavanne auftauchten und von den Giraffen, die vor ihm die Strasse überquerten.

Auch der Blick auf den Kilimandscharo sei atemberaubend gewesen, so Weber. Und gerade wegen der Anstrengungen und Hürden sei auch die Euphorie umso grösser gewesen, wenn wieder eine Landesgrenze überquert, eine Etappe geschafft oder eine Schwierigkeit überwunden war. « Es war ein unglaubliches Gefühl, nach 33 Tagen tatsächlich am Ziel anzukommen. »

« Ohne die Corona-Pandemie hätte diese Reise so niemals stattgefunden » , sagt Weber. Während der Tour hätte sie indes nur stellenweise eine Rolle gespielt. So herrschte Weber zufolge beispielsweise in einigen Städten Maskenpflicht und mancherorts wurde Fieber gemessen – in Tansania hingegen behaupte der Präsident, es gebe kein Corona. « Auch fernab der Städte war Corona nur am Rand Thema. Man merkt, dass die Leute dort mit ganz anderen Problemen kämpfen » , sagt er.

Mittlerweile ist der Egger wieder zuhause angekommen und das Velo repariert. Sein Fazit: « Ich bin froh, diese Erfahrung gemacht zu haben. Afrika auf diese Weise kennenzulernen war eine Horizonterweiterung. »  Vor allem sehe er jetzt aber die Schweiz mit anderen Augen.

Die ganze Reise und seine Vorbereitung hat Gabriel Weber ausführlich in einem Reiseblog dokumentiert: https://www.fahrradtouren-welt.ch.


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