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Ein Deutscher mutmasslicher Neonazi soll in seiner Wohnung in Rüti mehrere Waffen gelagert haben, Der Mann soll ein guter Freund von Kevin G. gewesen sein. Foto: Archiv Züriost

Schusswaffen und Munition in Rütner Wohnung gelagert

Ein als Neonazi bekannter 32-jähriger Deutscher lagerte in Rüti Waffen und Munition. Er soll auch rechtsextreme Musik verbreitet haben. Am Dienstag muss er sich vor Gericht verantworten.

Ein Deutscher mutmasslicher Neonazi soll in seiner Wohnung in Rüti mehrere Waffen gelagert haben, Der Mann soll ein guter Freund von Kevin G. gewesen sein. Foto: Archiv Züriost

Veröffentlicht am: 22.06.2020 – 18.15 Uhr

Unter dem Bett sollen die Polizisten fündig geworden sein: Am frühen Morgen des 10. April 2019 lagen dort offenbar ein Sturmgewehr, das einer Kalaschnikow ähnlich sieht, zudem eine Maschinenpistole und Munition: 760 Patronen für das Sturmgewehr, das sich als Vektor R4 herausstellt, sowie 1264 Patronen für die Maschinenpistole tschechischer Bauart. Im Schrank des Schlafzimmers iin der Rütner Wohnung ein weiterer Fund: eine Pistole der Marke Walther, Modell PPK, mit Extra-Magazin. 

Diese Details seien der Anklageschrift gegen einen 32-jährigen Deutschen zu entnehmen und bestätigen Recherchen der SRF-Sendung «10vor10» in Zusammenarbeit mit dem ARD-Hauptstadtstudio.

Michael Götschenberg, Extremismus-Experte bei der ARD, sagt gegenüber SRF, man könne den Waffenfund noch nicht abschliessend beurteilen, doch klar sei für ihn, dass auch die deutschen Behörden gegen den Mann ermitteln.

Zufallsfund in der Region

Bei der Hausdurchsuchung anwesend seien auch zwei deutsche Beamte gewesen. Sie hätten gegen den Mann wegen Verdachts auf Verletzung des deutschen Jugendmedienschutzgesetzes sowie wegen Volksverhetzung ermittelt und haben die Schweiz um Rechtshilfe ersucht.

Denn der Deutsche soll im Februar 2018 ein Paket nach Bayreuth geschickt haben, das diverse CDs mit rechtsextremem Inhalt enthalten habe, etwa Liedern, in denen der Völkermord im Konzentrationslager Auschwitz verherrlicht und propagiert wird, diesen wieder aufleben zu lassen. Das sei einem Entscheid des Bundesstrafgerichts über die Herausgabe von Beweismitteln nach Deutschland zu entnehmen, wie SRF schreibt.

Die Waffen in der Wohnung des 32-Jährigen im Zürcher Oberland sind somit ein Zufallsfund. Daraufhin startet die Staatsanwaltschaft See/Oberland ein Strafverfahren – denn für Erwerb und Besitz der zwei Seriefeuerwaffen und der Munition wären kantonale Ausnahmebewilligungen und für die Pistole eine Waffenerwerbsbewilligung nötig. Bewilligungen, über der Mann allesamt nicht verfüge, wie es in der Anklageschrift heisse.

Mann will sich nicht äussern

Im Laufe der Schweizer Ermittlungen sei der Vorwurf der Rassendiskriminierung dazugekommen, weil M. auf Facebook einen Kommentar gepostet habe, mit dem er, wie die Staatsanwaltschaft schreibt, «billigend in Kauf nahm, wenn nicht gar suggerieren wollte, es sei in Auschwitz nicht so schlimm gewesen, es seien dort nicht so viele Menschen getötet worden».

SRF hat den Verteidiger des Mannes mit diesen Vorwürfen und weiteren Fragen konfrontiert. Doch sein Rechtsanwalt aus Zürich habe schriftlich mitgeteilt, sein Mandat wolle sich nicht äussern.

Wem gehörten die Waffen? 

Ob die Waffen tatsächlich direkt dem 32-Jährigen zugeordnet werden können, werde sich vor Gericht erweisen. Denn in der Wohnung in Rüti sollen noch andere Personen gewohnt haben. Der Angeklagte könnte deshalb einwenden, es sei nicht bewiesen, ob wirklich nur er als Besitzer in Frage komme, sollen behördennahe Kreise gegenüber SRF gesagt haben. Auch wenn die Waffen und die Munition unter seinem Bett und in seinem Schrank gelagert haben sollen.

Offen bleibt in der Anklageschrift, die SRF einsehen konnte, wie und wann der 32-Jährige Waffen und Munition erworben haben soll. Ebenso, welche Absicht er damit gehegt haben soll.

An Rechtsextremen-Aufmarsch im Toggenburg beteiligt

Fest steht gemäss SRF: Ein mutmasslich illegales Arsenal von zwei Seriefeuergewehren, gut 2000 Schuss Munition und einer Pistole in der Wohnung eines Rechtsradikalen seien umso brisanter, wenn man sich das Profils des Mannes anschaue.

Bei dem Mann handelt es sich gemäss Recherchen von SRF um jenen Rechtsextremen, der 2016 für das sogenannte «Rocktoberfest» in Unterwasser im Toggenburg mit mehreren Tausend Besuchern mitverantwortlich war: Er sei es gewesen, der die Tennishalle gemietet und das Gastwirtschaftspatent angemeldet hatte. Der Rechtsextremen-Auflauf im Toggenburg machte damals international Schlagzeilen.

Ein guter Freund von Kevin G.

Im Toggenburg auf der Bühne stand unter anderem die rechtsextreme Band «Amok», bei der zeitweise der Schweizer Kevin G. Sänger war.

Mit Kevin G. ist der nun Angeklagte offenbar befreundet. Beide wohnten in Rüti, beide verkehrten auch in einem bei Rechtsextremen offenbar beliebten Tätowier-Studio.

Flucht nach Thüringen

Hintermänner des Rechtsextremen-Konzerts waren gemäss damaligen Recherchen der «Sonntagszeitung» Neonazis aus dem Bundesland Thüringen – von dort stammt Matthias M. Und dorthin scheint er sich inzwischen wieder abgesetzt zu haben.

Die Wohnung habe er vor mehreren Monaten geräumt, sagen Nachbarn in Rüti gegenüber SRF.

Gerichtstermin in Hinwil

Die Verbundenheit des Angeklagten mit Thüringen und insbesondere dem dort teils verankerten nationalsozialistischen Gedankengut geht noch weiter: So huldigt der Mann, in dessen Wohnung in Rüti Waffen und Munition lagerten, Fritz Sauckel. Dieser war im Dritten Reich NSDAP-Gauleiter in Thüringen, wie SRF schreibt. Ein Porträt dieses in Nürnberg verurteilten Kriegsverbrechers prangt gemäss Justizakten als Tattoo auf seiner Schulter.

Für die Schweizer Strafverfolger sind diese Tätowierungen ein Beleg für seine nationalsozialistische Gesinnung. Angeklagt ist der 32-Jährige Deutsche nun aber wegen dem mutmasslich illegalen Waffenbesitz und dem mutmasslichen rassendiskriminierenden Facebook-Kommentar.

Ob er dafür verurteilt wird, ist offen. Bis zu einer rechtskräftigen Verurteilung gilt die Unschuldsvermutung. Gerichtstermin in Hinwil ist voraussichtlich der Dienstag, 23. Juni. Ob der Angeklagte aus Deutschland anreist, ist zweifelhaft.


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