Die aktuelle Ausgabe der Sonnweid-Zeitschrift «Das Heft» widmet sich den Missständen in der Pflege von Menschen mit Demenz. Es geht um überflüssige Bürokratie und unnötige Kontrollmechanismen. Gibt es das wirklich?
Martin Mühlegg:Die Bürokratie ist in den letzten Jahren ausgeartet. Pflegende verbringen heute 30 Prozent ihrer Arbeitszeit mit Dokumentieren. Will ein Heim finanzielle Unterstützung von der Krankenkasse für die Behandlung einer Wunde, muss der Pflegende die Patientin während einer Woche observieren, Protokoll führen und schliesslich ein 14-seitiges Formular ausfüllen. Es ist ein wahnsinniger Papierkrieg. Dadurch entsteht auch ein Klima von Misstrauen: Als würden die Pflegenden ohne Kontrollen automatisch betrügen.
In den Medien liest man immer wieder von Pflegenden, die ihre Patienten misshandeln – insbesondere auf Demenzstationen. Ist es daher nicht logisch, dass Misstrauen herrscht und die Gesellschaft sich Kontrollen wünscht?
Michael Schmieder :Vor allem in Deutschland hört man von solchen Vorfällen. Dort sind die Kontrollmechanismen extrem hoch. Gemäss Ihrer Logik sollte dort dann auch viel weniger passieren. Ich behaupte aber, es passiert so viel, weil so viel kontrolliert wird.
Wirklich?
Schmieder : Ja, die Kontrollen bestehen ja nur im Ausfüllen gewisser Zettel. Es wird nicht überprüft, ob ich diese Leistungen auch wirklich erbracht habe. Statt Alibi-Checklisten einzufordern, sollten wir den Menschen soweit bringen, dass er möglichst wenige Kontrollen braucht. Hier liegt der Fehler im System. Wie wollen Sie einen sexuellen Übergriff kontrollieren? Der Pfleger kündigt seine Tat ja nicht an. Alle Gesetze versuchen möglichst viel zu verhindern. Trotzdem gibt es Verbrecher.
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