Arie Bruinink steht vor einem Gerät, das dem Tüftlergenie Daniel Düsentrieb wohl alle Ehre machen würde: Das zentrale Element ist ein Stahlkessel, in dessen Mitte ein drehbares Sieb angebracht ist. Die Vorrichtung hat Bruinink selbst gebastelt. Der kleine Motor, der das Rühren für ihn übernimmt, stammt aus einem Auto – er hat einst die Fensterscheiben bewegt.
Heute nutzt ihn Bruinink, um sein belgisches Ale (siehe Box) zu brauen: Es soll das Vermischen des Malzes mit dem Wasser erleichtern. Der Effretiker Gemeinderat (Grüne) und Biologe produziert im Jahr circa 350 Liter – einen grossen Teil davon in seinem selbst gebauten Brautopf. « Den nutze ich gerne, um neue Biersorten zu entwickeln » , sagt Bruinink und dreht an einem hölzernen Seemanns-Steuerrad, das neben dem Topf angebracht ist. Es funktioniert als eine Art Seilwinde, die hilft, den schweren und heissen Topf anzuheben.
Nach dem Maischen kann der Biersud aus dem Topf in einen Behälter mit einem Filter umgefüllt werden. Bruinink erklärt: « Darin wird die Würze mit der verzuckerten Stärke von dem ungelösten Rest des Malzes getrennt. Danach wird die Würze unter Beigabe des Hopfens gekocht. »
«Happy Hour» und «Hol-Trio»
Mit dem Bierbrauen hat Arie Bruinink vor gut sechs Jahren angefangen. Seither sind rund zehn Geschmacksrichtungen entstanden. Im Vorratskeller zeugen etliche Flaschen davon. Sie sind nach Sud und Bierart sortiert. « Hol-Trio » , « Hammer Bier » und « Happy Hour » steht auf den orangefarbenen Etiketten. Letzteres habe er speziell für seine Frau Silvia kreiert: « Es ist ein süsses, vollaromatisches Bier ohne bittere Note. » Anders etwa als das « Hol-Trio » : « Das ist bitterer mit Hopfen- und Malz-Nuancen und Holderblütengeschmack. »
Bruinink sieht sich selbst als Hobbybrauer. Dies, obwohl seine Tätigkeit teilweise fast schon professionelle Züge aufweist. So ist der 64-Jährige auf eine möglichst genaue Reproduzierbarkeit seiner Biere bedacht. Dafür hat er eigens ein Datenspeichersystem entwickelt. Es dient der Qualitätsüberwachung. « Ich kann damit den Brauprozess genau aufzeichnen und memorisieren » , so Bruinink.
Auch was seine Weiterbildung im biersensorischen Bereich anbelangt, blieb der Effretiker nicht untätig. Er darf sich mittlerweile diplomierter Biersommelier nennen. Dafür hat er einen zweiwöchigen Kurs mit Theorie und praktischen Prüfungen absolviert. Daraufhin hat er an einem Buch über Schweizer Biere mitgewirkt und 2017 zum ersten Mal am Swiss Beer Award als Fachjury-Mitglied teilgenommen.
Bier-Brache Holland
Es ist wohl nicht übertrieben zu behaupten, dass der Gerstensaft für den Lokalpolitiker eine Passion ist. Dass es ihm als gebürtigen Niederländer dabei ausgerechnet das belgische Bier angetan hat, erklärt Bruinink mit einer alten Vorliebe: « In den Niederlanden gab es lange Zeit nicht sehr geschmackvolles Bier. In Belgien bekam man dagegen in den Restaurants teilweise Bierkarten mit bis zu 400 Sorten. »
Nicht zuletzt um einen Hauch belgischen Biers nun auch an der Guldibuckstrasse in Effretikon verbreiten zu können, hat sich Bruinink in den letzten Jahren zum Gerstenconnaisseur entwickelt. Sein « Guldibucker » -Bier, wie er es getauft hat, braut er hauptsächlich für den Eigengebrauch und für spezielle Quartierfeste. Einmal pro Monat steigt er dafür in seinen Keller hinab. Für den Brauprozess muss er extra früh aufstehen, denn der nimmt ungefähr sieben Stunden in Anspruch.
Lagerbarer als Lager
« Was ich mache, ist eigentlich ein Slowbier » , sagt Bruinink und lacht herzhaft. Denn ist einmal das Malz geschrotet, die Stärke verzuckert, die Würze mit Hopfen gekocht und nach Abkühlen die Hefe dazu gegeben, bleibt das « Guldibucker » für zwei Mal elf Tage in einem temperaturgesteuerten Gärungsschrank. Der anschliessende Reifungsprozess im Vorratskeller dauert zusätzlich noch einmal mindestens drei Monate. Immerhin sollte dann das Resultat zwei bis drei Jahre haltbar sein – bei einem Alkoholgehalt von mehr als 5,5 Prozent. Dies im Gegensatz zu industriell hergestelltem Lagerbier, das meist innerhalb eines Jahres getrunken werden sollte.
Trotz Eigenregie in der Bierherstellung: Dem Konsum von anderen Bieren hat Bruinink noch nicht abgeschworen. « Ich probiere gerne diverse Sorten, auch um Ideen für eigene Rezepte zu entwickeln. » So würde er gerne einmal ein eigenes Indian Pale Ale kreieren. Und erst kürzlich hat er sich mit seiner Nachbarin zu einer gemeinderätlichen Kooperation zusammengeschlossen. Denise Tschamper (Grüne) liefert dafür den Traubensaft, er Hopfen und Malz. Entstehen soll dabei am Ende ein Weinbier. Damit dürfte wohl bald das erste Illnau-Effretiker Parlamentarier-Bier geboren werden.
Belgisches Ale
Die belgische Bierkultur gilt als sehr sortenreich. Es gibt rund 1500 belgische Biervarianten. 2016 wurde die belgische Braukultur deshalb Teil des Unesco-Weltkulturerbes. Belgisches Ale wird wie alle Ales mit obergäriger Hefe bei Temperaturen von 15 bis 25 Grad Celsius vergoren. Als obergärig bezeichnet man jene Biere, bei denen die Hefe während des Gärungsprozesses auf der Oberfläche des Jungbieres aufschwimmt. Dies ist bei untergäriger Hefe, wie sie im Lagerbier vorkommt, nicht der Fall.
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