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Carola Etter-Gick (l.) und Barbara Günthard-Maier sprechen über Integration und die Rolle der Frau. Tina Schöni

«Frauen sind Schlüsselfiguren bei der Integration»

Für eine gelungene Integration von Menschen verschiedener Herkunft und Religion braucht es Respekt und klare Grenzen, sagen zwei FDP-Politikerinnen aus Winterthur. Dass die Eingliederung in die Gesellschaft teils auch herausfordernd ist, zeigte ein Anlass, den die beiden mitorganisiert haben.

Carola Etter-Gick (l.) und Barbara Günthard-Maier sprechen über Integration und die Rolle der Frau. Tina Schöni

Veröffentlicht am: 06.12.2018 – 14.55 Uhr

«Frauen spielen eine zentrale Rolle in Sachen Integration. Gerade bei Familien mit Migrationshintergrund sind es die Mütter, die integrativ wirken können und sollen», sagt Carola Etter-Gick. Mit dieser Meinung ist die Gemeinderätin und Vizepräsidentin der FDP Winterthur nicht allein. Deshalb organisierten die FDP-Frauen eine entsprechende Veranstaltung.

Auch Sicherheitsvorsteherin Barbara Günthard-Maier war am Anlass vertreten, an dem auch über die Stellung der Frau im Christentum, Islam und Judentum diskutiert wurde. Betreffend Integration nehme Winterthur eine Vorbildfunktion ein, sagt sie. Bei der Aufklärungsarbeit würden aber noch Herausforderungen bestehen.

In Winterthur treffen Menschen verschiedener Nationen und Religionen aufeinander. Ihre Eingliederung in die Gesellschaft ist nicht einfach. Was ist erfolgreiche Integration für Sie?
Carola Etter-Gick: Integration ist ein herausfordernder Prozess, bei dem nicht nur die Religion entscheidend ist, sondern insbesondere der kulturelle Hintergrund. Dieser beeinflusst schliesslich, wie jemand lebt und seinen Glauben im Alltag praktiziert. Bei der Integration geht es um geben und nehmen, erkennen und anerkennen. Alle Beteiligten müssen sich mit Respekt entgegentreten. Das gilt für uns Schweizer und für die Bevölkerung mit Migrationshintergrund. Nur so sind ein friedliches Zusammenleben und eine erfolgreiche Integration möglich. Und so können wir Radikalisierung vorbeugen.

Barbara Günthard-Maier: Erfolgreiche Integration heisst für mich, jeder Kultur und Ethnie so viel Freiheit wie möglich zu geben, damit sie ihre Glaubensfreiheit und ihre Bräuche ausleben kann. Es braucht aber auch ganz klare gesetzliche Grenzen, die respektiert werden müssen. Hält man sich in der Schweiz nicht an diese Gesetze, wird unser Rechtsstaat aktiv.

Können Sie Beispiele nennen, wo in Sachen Integration bisher noch Herausforderungen bestehen?
Etter-Gick: Eine Mitarbeiterin der Stadtpolizei erläuterte an unserer Veranstaltung, dass Männer bei ihrer Aufklärungsarbeit nicht selten mit einem Augenrollen reagieren. Sie sind ganz und gar nicht positiv gestimmt, wenn sie realisieren, welche Rechte Frauen in der Schweiz haben. Zum Teil ist es neu für sie, dass sich Frauen in der Schweiz an die Polizei wenden können, weil hier häusliche Gewalt beispielsweise nicht geduldet wird. Über das Verhalten dieser Männer sollten wir uns Gedanken machen und hinterfragen, welche Konsequenzen das in unserer Gesellschaft haben kann.

Günthard-Maier: Wir müssen uns bewusst sein, dass Menschen aus anderen Kulturen möglicherweise nicht das gleiche Bild der Polizei oder des Rechtsstaats haben, wie wir. Sie sind sich vielleicht keine Meinungsfreiheit gewöhnt. In ihrer Heimat nahmen Frauen teilweise eine untergeordnete Rolle ein und die Polizei nahm sie nicht ernst. Es ist deshalb umso wichtiger, Aufklärung zu betreiben. Männer und Frauen sollen wissen, dass in der Schweiz ein Rechtsstaat gilt, dass die Polizei verlässlich ist und auch Frauen von ihr Hilfe und Unterstützung erhalten.

Winterthur war wegen mehreren Fällen in der An-Nur-Moschee bezüglich Umgang mit Radikalisierung, Prävention und Integration gefordert. Wie ging die Stadt damit um?  
Günthard-Maier: Der mediale Druck 2015 war enorm. Die Stadt Winterthur hat diese Themen aber sehr ernst genommen, ist sie offensiv angegangen und hat ihren Beitrag dazu geleistet. Einerseits haben wir die Fachstelle Extremismus und Gewaltprävention geschaffen, andererseits die Fachstelle für Integrationsförderung gestärkt. Letztere ist regelmässig in Kontakt mit Quartiervereinen und Vereinigungen aus verschiedenen Ländern und Ethnien. So konnten wir den Austausch zu verschiedenen Bevölkerungsgruppen intensivieren. Im Bereich der Stadtpolizei haben wir zudem rund eineinhalb Stellenprozent für sogenannte Brückenbauer geschaffen. Sie sollen die polizeiliche Prävention, das Vertrauen in deren Arbeit fördern und Kontakte ausbauen.

Inzwischen ist die An-Nur-Moschee geschlossen und die Fachstellen zeigen Erfolg. Kann sich die Stadt in Sachen Integration nun etwas ausruhen?
Günthard-Maier: Probleme lösen sich in der Regel nicht in Luft auf, wenn man einfach einen Treffpunkt schliesst. Ich erachte es deshalb als zwingend, dass wir dranbleiben. Die Probleme und Herausforderungen der Integration können nur langfristig, mit sauberer Arbeit und Vertrauen gelöst werden.

Wie zufrieden sind Sie mit dem Engagement der Stadt?
Günthard-Maier: Die Stadt Winterthur ist sehr aktiv und hat eine Vorbildfunktion. Das zeigt sich beim nationalen Aktionsplan «Extremismus», bei dem Bund, Kanton und Städte gemeinsam Präventions-Massnahmen erarbeiten. Winterthur wurde diesbezüglich sehr gelobt, weil wir vernetzt arbeiten und unsere drei Fachstellen und weitere Netzwerkpartner im ständigen Austausch sind. Das macht mich stolz. Wir wissen zudem, dass in Winterthur die glücklichsten Frauen der Schweiz leben. Das ist eine Auszeichnung. Uns gelingt es offenbar, ein Umfeld zu schaffen, wo sich Frauen entfalten können.

Etter-Gick: Ich stimme dem zu. Winterthur ist sehr aktiv, hat Stellen ausgebaut und schaut genauer hin. In der Zivilgesellschaft können wir aber noch mehr tun. Jedem einzelnen ist es möglich, einen Beitrag zur Integration zu leisten, Vorbild zu sein und Aufklärung zu betreiben und insbesondere Frauen zu stärken.

Und wo gibt es Ihrer Meinung noch Handlungsbedarf seitens Stadt?
Günthard-Maier: Mein grosser Wunsch ist es, dass wir genauso dranbleiben. Wir sollten weiter in Präventionsarbeit investieren und Vertrauen aufbauen. Veranstaltungen und Diskussionsrunden, wie jene der FDP-Frauen, kann ich nur empfehlen. Ich habe selten erlebt, dass so verschiedene Menschen so respektvoll über ein so brennendes, polarisierendes Thema diskutieren. Das war ein vorbildlicher Dialog.


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