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Mit einer Brücke über das Aabachtobel und einer Unterführung soll das Grüninger Stedtli dereinst umfahren werden. (Visualisierung: PD)

Grüningen bekommt eine Calatrava-Brücke

Stararchitekt Santiago Calatrava wird die Aabachtobelbrücke für die Umfahrung Grüningen gestalten. Das Projekt wurde an einer Pressekonferenz im Schloss Grüningen präsentiert.

Mit einer Brücke über das Aabachtobel und einer Unterführung soll das Grüninger Stedtli dereinst umfahren werden. (Visualisierung: PD)

Veröffentlicht am: 04.09.2018 – 10.46 Uhr

Ein international bekannter Architekt und Ingenieur werde am neuen Umfahrungsprojekt für das Stedtli Grüningen beteiligt sein, hatte der Kanton im Vorfeld angekündigt. Er hat nicht übertrieben: Santiago Calatrava war es schliesslich, der am Dienstag an der Pressekonferenz im Schloss Grüningen zwischen der Volkswirtschaftsdirektorin des Kantons Zürich, Carmen Walker Späh (FDP), und dem Grüninger Gemeindepräsident Carlo Wiedmer (SVP) sass und freundlich lächelnd Auskunft gab.

Der spanisch-schweizerische Architekt hat unter anderem den neuen Bahnhof Stadelhofen entworfen und gehört zu den bekanntesten europäischen Architekten der Gegenwart. Eine Jury hat nun ihn als Sieger der drei zu einem Studienauftrag eingeladenen Architekten erkoren. Die Linienführung, die schon 2012 festgelegt wurde, führt mit einer Brücke über das Aabachtobel. Calatravas Projektbeschrieb spricht von «einer Stahlkonstruktion mit flach gestrecktem Bogen, die sich durch eine V-förmige Querschnittfigur auszeichne.»

Reaktionen auf das Umfahrungsprojekt im Video:

Kritik der ENHK aufgenommen

Die Umfahrung wird von der Kreuzung beim Eingang des heutigen Damms aus östlich des Stedtlis über das Tobel geführt werden. Die nach innen gespreizte Form erlaube es der Brücke dabei einen insgesamt schlankeren Gesamteindruck zu verleihen und den Schattenwurf im Tal zu minimieren. Damit reagiert das Projekt auf die massive Kritik, die die Eidgenössische Natur- und Heimatschutzkommission (ENHK) 2014 an der geplanten Linienführung geäussert hatte. Damals sprach die ENHK von einer «Verschandelung des unverbauten Tobels».

Die Spannweite der Brücke soll 80 bis 90 Meter betragen und ungefähr 4 Meter tiefer liegen als der heutige Damm. Damit soll sichergestellt werden, dass das Stedtli von «wesentlichen öffentlich zugänglichen Standorten» sichtbar bleibt. Auch der Verlust dieser Sichtbarkeit war 2014 von der ENHK kritisiert worden. Sowohl das Stedtli Grüningen als auch das Aabachtobel gehören zum Bundesinventar der schützenswerten Ortsbilder von nationaler Bedeutung.

Friedhofsmauer soll erhalten bleiben

Auch die ein weiterer Kritikpunkte der ENHK wird in Calatravas Studie berücksichtigt: Die Brücke soll weiter westlich als bisher angenommen gebaut werden, damit der Abstand zur Badi und zum Naherholungsgebiet grösser ist.

Neben der Brücke gehört eine Unterführung zur Umfahrung: Laut Projektstudie soll diese 220 Meter lang sein. Sie wird auf der Stedtliseite des Tobels von der Wetzikerstrasse aus unter der bestehenden Kreuzung und unter Teilen des Friedhofs hindurch führen. Der Übergang zwischen der Brücke und der Unterführung wird sich ungefähr 120 Meter Luftline vom Friedhof entfernt befinden. Die Unterführung wurde gegenüber ursprünglichen Plänen verlängert, die Brücke verkürzt. Das ermöglicht laut Projektbeschrieb den Erhalt der historischen Friedhofsmauer.

« Mit einer Brücke kann man einer Stadt helfen »

Und nicht nur das: Auch bleibe die Grünfläche unterhalb vom Stedtli dadurch komplett erhalten, führte Calatrava aus. « Ein Mitarbeiter hat mir gesagt, hier gebe es einen wichtigen Markt. Er wird durch den Bau nicht beeinträchtigt werden. »   Die Bedeutung sei auch sonst gross, befand er. « Ich habe über 40 Brücken gebaut, ich weiss, was eine Brücke ist. Und auch was eine Brücke beitragen kann. »  Nämlich: « Brücken sind Motoren für die Städte, sie aktivieren » , so der Architekt und nannte Brooklyn und die Brooklyn Bridge als Beispiel. Das sei vielleicht ein anderer Massstab, aber hier wie dort gelte: « Mit einer Brücke kann man einer Stadt helfen » , deshalb habe er die Aufgabe vor allem als eine städtebauliche angesehen.

Grüningen zeichne sich heute durch seine grosse Masse an historischer Substanz aus, so Calatrava. « Der Verkehr, der heute durch das Stedtli geht, ist übermässig und nimmt ihm den Charme und die historische Qualität. »  Schon die Einladung habe ihn übrigens enorm gefreut. Der Wettbewerb sei ausserordentlich gut vorbereitet gewesen. Um das Verkehrsproblem zu lösen und wenn man mitten in « dieser sensiblen Landschaft interveniere » , sei es wichtig, dass man sich vorher überlege: « Welche Brücke ist für diesen Ort die beste? »

Im Grüninger Fall sei besonders die Absenkung der Brücke wichtig. « Da wird es mit der maximalen Neigung, die uns das Verkehrsamt erlaubt, runtergehen. »  Calatrava ging in der Folge auf diverse Details ein, unter anderem die zukünftige Begrünung der Kreuzung und das Licht im Tunnel. Damit wolle er zeigen, dass sein Büro sehr sorgfältig und gründlich vorgegangen sei. Er erwarte, dass sich der Charakter und das Ortsbild von Grüningen « total »  verändern werde. Im positiven Sinn. Der landschaftliche « Impakt »  sei gering, denn die Brücke sei sehr transparent. Die Kosten für die Calatrava-Umfahrung werden momentan auf etwa 24.2 Millionen Franken geschätzt.

Zwei billigere Projekte lagen vor

Die Vorschläge der anderen zwei zum Wettbewerb geladenen Architekturbüros Feddersen& Klostermann und Fürst Laffranchi/ Jachen Könz wären den Kanton deutlich billiger zu stehen gekommen: 9,6 Millionen Franken beziehungsweise 7,3 Millionen Franken hatten Calatravis Konkurrenten veranschlagt. Trotzdem sei der Entscheid eindeutig gewesen, so Walker Späh. Das Projekt vom Büro Feddersen& Klostermann wäre dabei zwar sehr mutig gewesen: Es sah eine komplett oberirdische Strassenführung am Friedhof vorbei und mit einer deutlich höheren Brücke über das Tobel hinweg vor. Die Jury sah das Projekt aber als « nicht bewilligungsfähig » , da die Sicht auf das Stedtli stark beeinträchtigt und der Friedhof tangiert gewesen wäre.

Das Projekt vom Büro Fürst Laffranchi/ Jachen Könz wurde von der Jury hingegen zwar als bewilligungsfähig, dafür aber als « nicht unbedingt überzeugend »  beurteilt. Die hier vorgesehene Brücke hätte in einer weit geschwungenen Brücke knapp über der Badi vorbeigeführt und wäre ebenfalls komplett oberirdisch verlaufen.

Das Wettbewerbsgremium sei denn auch zum klaren und eindeutigen Entscheid für Calatrava gekommen, sagte Walker Späh. Denn es habe den sorgfältigsten Umgang mit den Schutzvorgaben, es habe die grösste Qualität für das Stedtli und alle Benutzer. Sie nannte das Projekt « technisch einwandfrei » , « ästhetisch höchstqualifiziert »  und einen « Kunstbau » . Wichtig sei auch gewesen, dass das Gremium dem Calatrava-Projekt gute Chancen für eine Bewilligung einräumte. « Die Brücke ist eine Chance für Grüningen, aber auch für den Kanton » , so Walker Späh.

Die Frage mit dem Damm

Auch der Grüninger Gemeindepräsident Wiedmer (SVP) zeigte sich an der Pressekonferenz zufrieden: « Was Herr Calatrava abgeliefert hat, löst all unsere Probleme auf ein Mal. »   Als er die Auflagen der ENHK habe er noch gedacht, das werde schwierig. Aber jetzt finde er: « Wow. »   Er sei stolz, dass ein Stararchitekt sich dem kleinen Grüningen annehme und dabei trotzdem so viel Herzblut zeige. Er gehe wie auch das Gremium davon aus, dass das Projekt in Grüningen auf viel Akzeptanz stossen werde. Wiedmer dankte Walker Späh, denn seit sie 2017 die Absichtserklärung unterschrieben habe, « gehe es vorwärts » . Ebenfalls dankte er seiner Vorgängerin Susanna Jenny (parteilos) und dem gesamten Gemeinderat « dass sie nicht locker gelassen und den Druck aufrecht erhalten haben » .

Noch unklar ist, was mit dem Damm geschehen soll. Das nannte Walker Späh ein Detailproblem. Der Bau aus dem Jahr 1844 könnte rückgebaut oder in der heutigen Form belassen werden. Die Wettbewewerbsteilnehmer mussten dazu lediglich eine Idee liefern. Calatrava sähe den Damm gerne rückgebaut und durch eine Brücke im ähnlichen Stil wie die Umfahrung ersetzt. Seiner persönlicher Meinung nach wäre das ein Gewinn, sagte er an der Pressekonferenz: « Den Damm lese ich als Fremdkörper. Er dient als Verbindung, aber das ist alles, das Dorf wäre ohne Damm noch pittoresker. »  Ausserdem wäre dann « der Fluss wieder frei » , anstatt « in einem Loch zu verschwinden und aus einem anderen wieder aufzutauchen. »  Die kantonale Natur- und Heimatschutzkommission wird ein Gutachten erstellen, das die Grundlage über den Entscheid zum Damm sein soll.

Das Umfahrungs-Projekt wird nun ans kantonale Tiefbauamt übergeben, das dem Kantonsrat eine Kreditvorlage vorlegen wird. Walker Späh nannte 2026 als Schätzung für den Baubeginn, abhängig von möglichen Referenden und Einsprachen.

Chronik der Stedtli-Umfahrung

Bereits 2003 gab die Gemeinde Grüningen erste Vorprojektstudien für die Umfahrung des Stedtlis in Auftrag. 2011 kommt die kantonale Natur- und Heimatschutzkommission zum Schluss, dass sie ein solches Projekt unterstützen würde. 2012 entschied der Regierungsrat, dass eine Stedtli-Umfahrung mit Brücke realisiert werden soll und legte die Linienführung östlich des Stedtlis fest. Zwei Jahre darauf beschied die Eidgenössische Natur- und Heimatschutzkommission auf Grund der Auswirkungen auf das Landschaftsbild allerdings, dass ein solches Projekt nicht bewilligungsfähig wäre. Der Kanton verfolgte die Pläne trotzdem weiter: Er führte 2014 und 2015 Untersuchungen im Stedtli durch und befragte die Grüninger Bevölkerung. Anfang 2017 unterzeichneten die Gemeinde und der Kanton eine Absichtserklärung, dass man an einer Umfahrung mit Brücke festhalten wolle. In der Folge wurden drei Architekturbüros zu einem Wettbewerb für einen Studienauftrag eingeladen. Gewonnen wurde dieser Wettbewerb nun vom Büro des Stararchitekten Santiago Calatrava.


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