nach oben

Anzeige

Renate und Ueli Bräker im Weinkeller des Restaurants Freihof. (Foto: Seraina Boner), Renate und Ueli Bräker in der als Baustelle inszenierten Lounge vor ihrem Restaurant Freihof. Seraina Boner

Ein Vierteljahrhundert dank eines Wendepunktes

Das Ehepaar Bräker wirtet seit 25 Jahren auf dem «Freihof» in Hinwil und ist damit in der Oberländer Gastronomie mittlerweile ein Phänomen. Die beiden dachten aber auch schon ans Aufhören.

Renate und Ueli Bräker im Weinkeller des Restaurants Freihof. (Foto: Seraina Boner), Renate und Ueli Bräker in der als Baustelle inszenierten Lounge vor ihrem Restaurant Freihof. Seraina Boner

Veröffentlicht am: 16.08.2018 – 07.03 Uhr

Auf Ueli Bräkers Stirn perlt der Schweiss. Der «Freihof» ist zur Mittagszeit praktisch voll. Er nimmt Teller aus der Küche entgegen, Bestellungen auf, lässt die Kaffeemaschinen surren. Jeder Handgriff sitzt. Dazwischen findet er immer wieder Zeit für einen träfen Spruch, ein kurzes Nachfragen oder einen Händedruck.

Gut 120 Mahlzeiten habe sein Team diesen Mittag zubereitet, darunter ein Bankett im Obergeschoss. Am Vortag warens nicht einmal 40 zur selben Zeit. Bräker schüttelt den Kopf. «Eigentlich haben wir keinen Grund zum Jammern. Aber diese Riesenschwankungen. Ich kann sie einfach nicht erklären.» Aber das Restaurant läuft gut. An Freitagabenden werde es überrannt, dienstags und donnerstags ist Hochbetrieb über Mittag. Wer einen Platz auf Sicher will, tut gut daran, zu reservieren.

Alkoholregulierung, Rauchverbot

Das war nicht immer gleich. Ueli und seine Frau Renate Bräker feiern heute Donnerstag ihr 25-Jahr-Jubiläum auf dem Restaurant. Sie wissen, wovon sie sprechen. 2005 die Alkoholregulierung, 2010 das Rauchergesetz: Sie haben alles mitgemacht.

Ihre Geschichte begann am 16. August 1993. Renate hatte das Restaurant mit ihrem damaligen Ehemann ziemlich überraschend übernommen. «Geplant war das nicht, ich hatte auch kein grosses Interesse an der Gastronomie», sagt sie. Und eigentlich hätte sie eine Schwester und einen Bruder gehabt, die für die Restaurantübernahme prädestiniert waren. «Aber sie hielten dem Druck nicht Stand», sagt Renate Bräker. Sie selber – als Jüngste der dreien – habe Zeit ihres Lebens eine Funktion des Verbindens in der Familie gehabt. «Ich übernahm die Beiz, weil sonst alles zusammengebrochen wäre.»

Ueli Bräker kam später

Ueli Bräker kam erst knapp ein Jahr später hinzu. Er war Renates neuer Partner, später Ehemann. Zuvor hatte er im Nelson Pub vis-à-vis als Geschäftsführer gearbeitet und seine grosse Liebe als Gast im Freihof kennengelernt. Keine 25 Jahre alt war er, als er die Strassenseite wechselte und die nächsten 25 Jahre seines Lebens einläutete.

Dem «Freihof» gehörte anfangs der 1990er-Jahre noch eine Metzgerei an, die Renates Vater betrieb. Das sei nicht ganz so einfach gewesen, sagt Ueli Bräker. Da sei der alte Patron in der Metzgerei im selben Haus und plötzlich der junge Stier mit hartem Schädel. «Es hat schon einige Male geklöpft zwischen uns.»

Die Gastronomie: Eine Krankheit

Denn Bräker hat ein Problem. Er sei infiziert, sagt er. Die Gastronomie sei seine Krankheit. Abschalten kann er nie. Ständig plant er neue Projekte, wälzt Ideen. 1995 baute er eine kleine Terrasse an, 1998 kreierte er im Saal einen «Kuhstall» für Käsegerichte, 1999 kam eine Pergola hinzu, 2005 kaufte das mittlerweile verheiratete Paar den «Freihof» und das benachbarte Haus Flora, das sie gleich zu renovieren begannen. 2008 kam die Cava Bar, 2010 eine Lounge neben der Sommerpergola, 2011 startete ein grosser Umbau im «Freihof» inklusive Integration der einstigen Metzgereiräume ins Restaurant.

Als Renate und Ueli Bräker diesen Umbau erwähnen, beginnen ihre Augen zu glänzen. «Das war der Höhepunkt dieser 25 Jahre», sagt er und sie nickt. Absolute Einigkeit. Vorher sei ihr das Restaurant fast ein bisschen langweilig geworden, sagt sie. «Wir waren irgendwie unterfordert. Der Umbau war für uns ein Wendepunkt.» Bräker sagt: «Eigentlich war er ein Neubeginn.» Und umgekehrt: «Hätte es keinen Umbau gegeben, wären wir vermutlich nicht mehr hier.»

Denn das umgebaute Restaurant habe ihnen endlich die Gastronomie ermöglicht, die sie schon immer machen wollten. Weg vom «Alten», hin zur «gepflegten, zeitgemässen Gastronomie», wie sie es nennen. «Dafür brauchten wir ein neues Ambiente und mehr Platz.»

Unterdessen ist das Restaurant gigantisch. 65 Plätze im Hauptsaal, 45 im Cuatro, also der ehemaligen Metzgerei, 55 im Ronda Verde im ersten Geschoss, 35 an der Bar und 75 auf der Terrasse – das sind insgesamt 275 Plätze. «Vollbesetzung drinnen und draussen könnten wir nicht stemmen», sagt Renate Bräker. «Unsere Küche käme dann nicht mehr nach.» Doch seit dem Umbau und der Vergrösserung ist der «Freihof» ein KMU. Momentan sind 15 Mitarbeiter beschäftigt, die beiden Geschäftsführer inklusive. «Es waren sogar schon bis zu 20», so Renate Bräker.

Dass das Restaurant so gut läuft, hat wohl mit der Leidenschaft der Bräkers zu tun. Sie arbeitet ausschliesslich im Büro, wälzt aber auch Pläne, um das gemeinsame Restaurant zu entwickeln. Er verbringt jeden Tag an der Front, hat sogar seine Arbeit in der Küche aufgegeben, um direkter im Kontakt zu seinen Gästen zu stehen. «Dass wir seit 25 Jahren hier sind, liegt an unseren Gästen. Ohne Gäste keinen Freihof.»

450 Gäste zum Jubiläum

Und ohne Gäste kein Fest. Zum 25-Jahr-Jubiläum lassen sich die Bräkers nicht lumpen. Heute Donnerstag steigt am Abend eine riesige Feier mit Musik, Unterhaltung, Ansprachen und viel Kulinarik. Anfangs Jahr beschloss Ueli Bräker, die Sache durchzuziehen und druckte 450 Tickets. Sie gingen alle weg - ausverkauft. Für die 450 Gäste hat er ein Festzelt auf dem Parkplatz vis-à-vis organisiert. Der Eintrittspreis beträgt 25 Franken. «Ein Stutz pro Jahr - es ist ein Geschenk an unsere Gäste», sagt Bräker. Der letzte Programmpunkt heisst: «Start zu den nächsten 25 Jahren.»

Darauf angesprochen schüttelt Renate Bräker den Kopf. «So lange können wir unmöglich weitermachen.» Das Geschäft zehrt. Ueli Bräker verbringt täglich bis zu 17 Stunden im Restaurant – und das an fünf Tagen pro Woche. «Wer diesen Job machen kann, ist für jeden anderen auch gewappnet», sagt sie. Ueli Bräker erzählt, dass die beiden vor einiger Zeit beschlossen, das Restaurant nur noch fünf- statt sechsmal pro Woche zu öffnen. «Damit hat unsere Woche nur noch zehn statt zwölf Arbeitstage.»

Die Söhne sind nicht in der Gastronomie

Die Bräkers sind nun zwischen anfangs und Mitte 50. In ihrem Restaurant steckt viel selbst investiertes Geld. Sie wollen nicht daran denken, wie es nach ihnen weitergehen soll. Denn ihre beiden Söhne, Lukas und Manuel, haben nicht den Weg in die Gastronomie gewählt. Der jüngere, Manuel, hilft zwar regelmässig aus. «Ich interessiere mich auch durchaus für die Gastronomie», sagt er. Selbst eine Restaurantübernahme schliesst er nicht aus. Doch momentan arbeite er als Verkaufsberater in einem ansässigen Baustoffhandel – und das gefalle ihm auch. Sein Vater meint dazu: «Umsatteln kann man natürlich immer.» Dass jemand von extern das Restaurant übernehmen kann, glauben die beiden nicht. «Das wäre extrem teuer – und einem Einsteiger in die Gastronomie schiessen die Banken keinen Rappen vor.»

Für den Moment müssen sich die beiden diesen Fragen noch nicht stellen. Sie können sogar noch neue Projekte wälzen. «Einen Raum im Keller haben wir vor Jahren zur Bar umfunktioniert. Aber die Einrichtung ist immer noch relativ provisorisch. Das wollen wir ändern», sagt Renate Bräker. Und ihr Mann spricht von einem ganz neuen Gastrokonzept, das er im Kopf hat. Verraten will er es nicht. Sohn Manuel sagt: «Sonst klaut es jemand.» Und sein Vater fügt an: «Aber wir müssen bald mal damit beginnen, sonst ist es zu spät für mich.» Sein Sohn grinst verschmitzt. Ein Teil seines Herzens scheint in diesem Restaurant zu stecken. Hier, wo er seine Kindheit verbracht hat. Wie schon seine Mutter. Und deren Vater. Der Hinwiler Freihof, darüber sind sich die drei einig, hätte noch viele weitere Generationen verdient.


Dieser Artikel wurde automatisch aus unseren alten Redaktionssystemen auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: servicedesk@zol.ch

Kommentar schreiben

Bitte geben Sie ein Kommentar ein.

Wir veröffentlichen Ihren Kommentar mit Ihrem Vor- und Nachnamen.
* Pflichtfeld

Anzeige

Anzeige