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Fotos: PD

Missstände in der Pflege

Markus Schaaf erklärt in seinem Standpunkt, warum die «Tagesanzeiger»-Schlagzeile «Altersheime stellen Senioren systematisch mit Pillen ruhig» nicht gerechtfertigt ist.

Fotos: PD

Veröffentlicht am: 03.08.2022 – 14.27 Uhr

Jeweils am 12. Mai wird der Internationale Tag der Pflege weltweit gefeiert. Viele Politiker und Medien nutzen den Tag, um den Mitarbeitenden in der Pflege ihre Wertschätzung und Dankbarkeit auszudrücken.

Der «Tagesanzeiger» beging in diesem Jahr diesen Feiertag auf ganz eigene Weise. Unter der Schlagzeile «Altersheime stellen Senioren systematisch mit Pillen ruhig» stellen sie alle Pflegeheime unter den Generalverdacht, dass Personal gespart werde, indem Bewohner mit Psychopharmaka ruhiggestellt würden.

Als Geschäftsführer eines Pflegeheims weise ich diese Aussage als infame Unterstellung zurück. Die Verschreibung von Medikamenten erfolgt immer durch einen Arzt, Neuroleptikas meistens sogar durch einen Facharzt der Psychiatrie, welcher mit der Krankheitsgeschichte vertraut ist.

Wenn diesen Ärzten aufgrund der konkreten Situation eines Bewohners der Einsatz von Psychopharmaka angemessen erscheint, verschreiben sie diese stets mit Vorsicht. Sie haben dabei immer das Wohl des betroffenen Bewohners vor Augen und niemals die Absicht, auf diese Weise Kosten beim Pflegepersonal einzusparen.

In regelmässigen Abständen werden die verschriebenen Medikamente sowohl vom Arzt wie auch von einem Apotheker überprüft und bei Bedarf angepasst. Und selbstverständlich haben die betroffenen Personen und ihre Angehörigen immer das Recht, dass sie über die verschriebenen Medikamente umfassend informiert und aufgeklärt werden.

Ja, es ist so, auch wir haben in unserer Institution zu wenig Pflegepersonal. Aber um dieser Not zu begegnen, haben wir unter anderem die Anzahl verfügbarer Betten reduziert, wir haben unsere Prozesse optimiert und wir versuchen, noch effizienter zu arbeiten. Aber niemals würden wir Menschen mit Medikamenten ruhigstellen, damit wir weniger Personal benötigen und so Kosten einsparen.

Ich bedauere es sehr, dass ein Leitmedium wie der «Tagesanzeiger» diesen wichtigen Tag der Pflege nicht genutzt hat, um die wirklichen Missstände in unseren Pflegeheimen aufzuzeigen.

Von den Behörden werden immer höhere Anforderungen an die Fachausbildungen gestellt, jedoch sind die Krankenkassen nicht bereit, die damit verbundenen Mehrkosten zu vergüten. Unser qualifiziertes Fachpersonal verbringt Stunden am Tag mit Ausfüllen von Formularen und Berichten um zu belegen, dass eine Pflegeeinstufung angemessen ist.

Es gibt Situationen, in denen wir eine volle Windel auf die Waage legen müssen um das Gewicht zu erfassen, damit wir der Krankenkasse nachweisen können, dass eine Inkontinenzeinlage nicht unnötig früh gewechselt wurde.

Der Bundesrat zwingt alle Pflegeheime, das elektronische Patientendossier einzuführen. Damit verpuffen alleine in unserem Betrieb aktuell Zehntausende von Franken für die Einführung eines Systems, für das überhaupt keine Nachfrage besteht. Die Kosten dafür tragen selbstverständlich die Heime.

Wenn eine Person Atemnot hat und einen Sauerstoffkonzentrator benötigt, kann man diesen über eine Fachorganisation wie die Lungenliga bestellen. Für Beratung und Wegkosten beträgt der Honoraransatz 120 Franken pro Stunde. Die Gerätemiete kommt noch dazu.

Von den Pflegeheimen wird erwartet, dass sie diese Apparaturen unentgeltlich zur Verfügung stellen. All diese administrativen Leerläufe kosten unnötig viel Zeit, Geld und vor allem kostet es unendlich viel Energie.

Seit dem 12. Mai hat der «Tagesanzeiger» bereits wieder viele weitere Schlagzeilen produziert und in der Redaktion denkt vermutlich niemand mehr über den damaligen Artikel nach und über den Vertrauensverlust, den sie mit dieser missglückten Schlagzeile angerichtet haben.

Dennoch machen die Mitarbeitenden in den Pflegeheimen ihre Arbeit weiterhin mit grosser Freude und Leidenschaft – weil sie diese gerne tun.

Ob Mitarbeitende in der Küche, im Service-Team, beim Gebäudeunterhalt, in der Verwaltung oder in der Pflege: Sie alle wissen, dass sie einen wichtigen Beitrag leisten, damit sich betagte Menschen in ihrem Zuhause wohl und sicher fühlen können.

(Markus Schaaf)
 

Markus Schaaf ist in der Gemeinde Zell aufgewachsen, Geschäftsführer vom Zentrum Rämismühle und seit 2010 EVP-Kantonsrat. Neben Vorstandstätigkeiten in karitativen Organisationen ist er auch Präsident vom Verband der Kantonspolizei Zürich.


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