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Lifestyle

Verlagsbeilage «50 Plus – Mitten im Leben»

«Vor den Leistungen der Vögel habe ich grossen Respekt»

Das Vogelbeobachten wird hierzulande immer beliebter. Wie es um die Vögel steht und wie der Einstieg in das Hobby gelingt, erklärt der Wetziker Vogelfan Willy Neukom.

Veröffentlicht am: 06.04.2023 – 11.04 Uhr

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Dieser Beitrag wurde in der Verlagsbeilage «50Plus» veröffentlicht, die am 5. April mit dem «Zürcher Oberländer» und dem «Anzeiger von Uster» erschienen ist.

Im Kemptner Wald kämpfen sich die wärmenden Sonnenstrahlen durch das blätterlose Geäst. Trotz
den noch frischen Temperaturen liegt an diesem Märzmorgen bereits Frühling in der Luft. Verstärkt wird dieses Gefühl durch die vielen Vogelstimmen, die einen schon zu Beginn des Waldstücks begrüssen.

Für den ungeübten Lauscher ist es kaum möglich, die Rufe auseinanderzuhalten. Willy Neukom jedoch weiss ganz genau, wer hier von den Ästen pfeift. «Zu meiner Linken ruft gerade ein Rotkehlchen, und da vorne ertönt der Finkenschlag des Buchfinks», sagt der Wetziker, während er in die Baumkronen blickt.

Neukom ist Hobbyornithologe und leitet für den Naturschutzverein Wetzikon Exkursionen,
auf denen er Interessierten die Vogelwelt näherbringt. Eine Welt, die es dem 71-Jährigen schon in jungen Jahren angetan hat. «Ich bin im Tösstal aufgewachsen. Zu dieser Zeit lebten dort noch Arten wie die Feldlerche oder der Waldlaubsänger, die heute dort nicht mehr vorkommen. Das war schon spannend.»

Ihn fasziniert an den Vögeln vor allem die Leistungen, die sie erbringen. «Zugvögel, die jährlich die weite Strecke nach Afrika zurücklegen, oder kleine Vögel, die nicht einmal 20 Gramm wiegen und dennoch Wind und Wetter trotzen: Davor habe ich grossen Respekt.»

Vogelparadies Schweiz

Gibt es heute Apps, mit denen man die Vögel mittels Fotos oder Tonaufnahmen bestimmen kann, musste Neukom damals seine Eindrücke mit Kassetten- und Fotoaufnahmen vergleichen. «Ich erinnere mich, wie ich zur Bestimmung einer Haubenmeise xmal mehrere Kilometer zu einem morschen Baum marschiert bin, wo ich sie jeweils rufen hörte.»

Nach seinem Eintritt in den Naturschutzverein absolvierte er später den Feldornithologiekurs und zusätzlich die Schulung zum Exkursionsleiter. «Ich geniesse es sehr, mein Wissen in diesem Gebiet und die Freude an diesem Hobby weiterzugeben.»

Porträtaufnahme von Willy Neukom im Unterwetziker Wald.
Willy Neukom hat sich schon in jungen Jahren für die Vogelwelt interessiert. Sebastian Schuler

Ein Hobby, das momentan ein kleines Revival erlebt. Die Naturschutzorganisation BirdLife Schweiz verzeichnete in den letzten Jahren deutlich mehr Mitglieder und Teilnehmende an Kursen und Führungen. Dies sei auf die Corona-Pandemie und die Wiederentdeckung der hiesigen Natur zurückzuführen, heisst es vonseiten des BirdLife. Die Schweiz ist indes auch ein Paradies für Vogelfans. Hierzulande lassen sich über 300 Arten beobachten.

Freude an schönen Beobachtungen

Willy Neukom hat sich sein Wissen über die verschiedenen Vögel über die Jahre hinweg angelesen. Als Exkursionsleiter hat er den Anspruch, den Leuten auch etwas über die hier lebenden Arten erzählen zu können. «Deshalb kommen wir auf meinen geplanten Routen jeweils nicht sehr weit – oder wir brauchen einfach doppelt so lang», sagt Neukom und lacht. Für ihn zählen schöne und spezielle Beobachtungen mehr, als auf einer Führung möglichst viele Arten bestimmen zu können.

Etwas, das bei den sogenannten Artenjägern unter den Vogelbeobachtern genau umgekehrt ist. Sie setzen sich zum Ziel, in einem gewissen Zeitraum möglichst viele unterschiedliche oder seltene Arten gesehen zu haben. «Diese rennen dann mit ihren Listen von Hotspot zu Hotspot. Damit habe ich ein wenig Mühe», meint Neukom.

Für spannende Vogelbeobachtungen müsse man nämlich nicht weit umherreisen. Die Wälder der Region oder die Gebiete rund um den Pfäffiker- und den Greifensee beherbergen die unterschiedlichsten Vogelarten. Aber auch in den Siedlungsgebieten ist einiges los. «Mit der Amsel, der Kohlmeise oder dem Grünfinken kann man direkt vor der Haustür verschiedenste Vögel in ihrem Lebensraum und ihrem Verhalten studieren.» Erst kürzlich konnte Neukom so zusehen, wie Rabenkrähen geduldig warteten, bis ein Buntspecht eine Nuss geknackt hatte, nur um sie dann zu stibitzen. «Wenn ich solch interessante Szenen in der Vogelwelt beobachten kann, macht mir das eine Riesenfreude.»

Schrumpfender Lebensraum

Doch in seine Freude über solche Begebenheiten mischen sich immer öfter auch Sorgen. Denn der Lebensraum der Vögel in der Schweiz wird massiv kleiner. Verwilderte Gärten mit einheimischen Sträuchern werden durch Betonbauten ersetzt, Kulturlandschaften sind grüne Wüsten und bieten kaum noch Nahrung für die Vögel. Das führt dazu, dass mittlerweile 40 Prozent der Brutvogelarten in der Schweiz gefährdet sind.

«Das Rad zurückdrehen kann man nicht. Deshalb ist es wichtig, die für die Vögel, Insekten und Pflanzen wertvollen Gebiete zu schützen und zu erhalten », sagt Neukom. Aber auch Einzelpersonen können dazu beitragen, dass es den Vögeln in der Schweiz wieder besser geht. Hausbesitzer helfen mit, indem sie zum Beispiel Nistkästen bei sich anbringen lassen, einheimische Sträucher anpflanzen und den Garten ein wenig sich selbst überlassen. «Auch schon eine oder zwei einheimische Pflanzen auf dem Balkon sind ein wertvoller Beitrag.»

Willy Neukom steht im Unterwetziker Wald und blickt mit dem Feldstecher in die Baumkronen.
Jeden Morgen dreht Neukom seine Runde durch den Wald und lauscht den Vögeln. Sebastian Schuler

Natürlich gibt es auch beim Vogelbeobachten ein paar Dinge zu befolgen, damit die gefiederten Tiere dabei nicht gestört werden. «Das Wichtigste ist, dass man nicht in ihre Brutstandorte trampelt. Je nach Art sind die Vögel sehr empfindlich», sagt Neukom. Zudem sollte auf das Anlocken mit abgespieltem Vogelgesang verzichtet werden, und die Naturschutzvorschriften müssen immer eingehalten werden.

Ansonsten braucht es nicht viel, um mit dem Hobby zu beginnen. «Die Teilnahme an einer Exkursion bietet sicherlich eine gute Grundlage. Aber mit den heutigen Bestimmungsmöglichkeiten kann man auch einfach mal mit dem Smartphone losziehen.» Ob man zusätzlich eine Kamera mit Teleobjektiv oder einen Feldstecher benötigt, hängt vom Interessengebiet ab. «Wahrscheinlich ist es auch von Vorteil, wenn man kein Siebenschläfer ist. Denn am Morgen ist bei den Vögeln am meisten los.»

So dreht auch Neukom jeden Morgen seine Runde durch den Kemptner Wald. «Auch wenn es immer die gleiche Strecke ist, sehe ich jedes Mal etwas Neues. Und wenn dazu noch wie heute die Sonne scheint, dann kann ich mir nicht vorstellen, dass einem in diesem Moment nicht das Herz aufgeht.»

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