In meiner Jugend hat sich mir eine Jahreszahl unauslöschlich eingeprägt – 1923. Ich hatte eine ledige Tante, - sie war lange Jahre Handelsschullehrerin –, die mir in meiner Primarschulzeit oft von ihrem Japanaufenthalt in den Jahren 1923 und 1924 erzählte.
Nach ihrem Seminarabschluss und dem anschliessenden Anglistikstudium bewarb sich die erst 22-jährige junge Frau beim damaligen Schweizer Gesandten in Tokyo, Charles Lardy (1874-1939) als Hauslehrerin und fuhr im Frühjahr 1923 allein nach Japan. Ein halbes Jahr später, am 1. September 1923, fielen weite Teile Tokyos einem verheerenden Erdbeben und dem nachfolgenden Feuersturm zum Opfer.
Meine Tante, hat mir später eine zierliche Halskette mit Elfenbeinanhänger geschenkt, den ich noch heute aufbewahre. In meiner Jugend durfte ich mir dieses Schmuckstück hin und wieder anschauen. Dabei erzähle meine Tante jeweils von jenem prägenden Ereignis, das sie als junge ausländische Hauslehrerin in der Residenz des Schweizer Gesandten miterlebt hat. Sie hat zwar nie von den Zehntausenden von Toten gesprochen und die totale Zerstörung Tokyos nur am Rande erwähnt. Erst Jahrzehnte später habe ich die zeitgenössischen Fotos von den unvorstellbaren Verheerungen dieses epochale Erdbeben von 1923 gesehen.
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