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Hände von einer älteren Person liegen auf einem Bein, darauf liegt eine Hand von einer jüngeren Person.

Auch in Pflegeheimen kämpft man mit Personalproblemen. (Symbolbild) Foto: Pixabay

Situation in der Pflege

Das sagen Gesundheitspolitiker zu Ubrichs Ideen

Horst Ubrich aus Uster will das Gesundheitswesen massiv verschlanken. Politiker, die sich mit dem Thema befassen, geben ihm recht – zumindest teilweise.

Auch in Pflegeheimen kämpft man mit Personalproblemen. (Symbolbild) Foto: Pixabay

Veröffentlicht am: 30.04.2023 – 07.57 Uhr

Brigitte Röösli (SP)

Eine Frau im hellblauen Poloshirt und mit bunter Halskette erklärt etwas.
Brigitte Röösli ist Stadträtin Ressort Gesellschaft von Illnau-Effretikon und Kantonsrätin. (Archiv) Foto: Christian Merz

Brigitte Röösli (SP) ist Stadträtin Ressort Gesellschaft von Illnau-Effretikon und Kantonsrätin. Sie ist ausgebildete Pflegefachfrau und war viele Jahre lang Leiterin Pflege in Alterszentren. «Bereits vor 30 Jahren war bekannt, dass wir in der Schweiz einem Pflegenotstand entgegengehen», sagt sie. «Die Institutionen und die Politik verpassten es, die Arbeitsbedingungen des traditionellen Frauenberufs anzupassen.»

Sie ist der Meinung, dass das Personal zu schlecht bezahlt ist: «Ungeplante kurzfristige Einsätze, Wochenende und Nachtarbeit benötigen eine deutlich bessere Entlöhnung. Zudem braucht es neue Arbeitszeitmodelle.»

Eine attraktive Arbeitsstelle mit gutem Betriebsklima sowie Weiterbildungs- und Entwicklungsmöglichkeiten würde Mitarbeitende motivieren. «Pflegende müssen spüren, welchen Mehrwert sie erhalten, wenn sie sich an einen Betrieb binden.» Die Pflege müsse ausserdem endlich die gelernten Tätigkeiten eigenständig ausführen können und als eigenständige Profession anerkannt werden. «Dass jede pflegerische Massnahme eine ärztliche Verordnung benötigt, ist eine Schikane und bedeutet unnötige Bürokratie. Zudem muss die Dokumentation der Qualitätssicherung dienen und darf nicht wegen Bedürfnissen von Krankenkassen aufgebläht werden.»

Jörg Kündig (FDP)

Herr mit Anzug und blauer Krawatte.
Jörg Kündig ist Mitglied der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit im Kantonsrat. (Archiv) Foto: Mirjam Müller

Jörg Kündig (FDP) ist Verwaltungsratspräsident des GZO-Spitals Wetzikon, Gemeindepräsident von Gossau und Kantonsrat. Dort ist er Mitglied der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit. Er sagt: «Die Qualität der Pflegeversorgung ist tatsächlich wiederholt ein Thema. Selbst eine gesetzliche Festschreibung wird immer wieder verlangt.»

Eine nicht zu unterschätzende Rolle spielten die verschiedenen Interessenvertretungen. «Ausserdem darf die Anspruchshaltung der Patientinnen und Patienten nicht vergessen werden. Der Wunsch, sofort die beste Behandlung und Betreuung zu bekommen, ist sehr präsent.»

Zu den politischen Vorgaben sagt Kündig: «Da bin ich mit Ubrich einverstanden. Insbesondere in Alters- und Pflegeeinrichtungen sehe ich Verschlankungspotenzial.» Dasselbe gelte für den administrativen Aufwand. Allerdings verlange das Krankenversicherungsgesetz neu, dass die Zulassung von Pflegeheimen auf einer bedarfsgerechten, kapazitätsbezogenen Planung basiere. Diese muss bis Ende 2026 abgeschlossen sein. «Da sind Fakten und Zahlen von grosser Bedeutung.»

Gleiches erkennt er im Bereich der Krankenkassen. «Bei der Diskussion um eine einheitliche Finanzierung von ambulanter und stationärer Pflege argumentieren Standesorganisationen wie beispielsweise Artiset, Spitex oder die Verbände der Krankenkassen immer, dass ihnen verlässliche Informationen fehlten.»

Skeptisch ist Kündig beim Problem der Ausbildung. «Es kann nicht sein, dass junge Menschen in einen Beruf gedrängt werden, nur um Bussen zu verhindern. Wer ihn nicht aus Überzeugung ergreift, der wird bald wieder wechseln.» Den Fokus müsse man darauf legen, ausgebildetes und erfahrenes Personal zu halten. «Ich bin dagegen, den Ausbildungsdruck auf die Gesundheitseinrichtungen noch zu steigern.» Auch in höheren Löhnen sieht Kündig keine Lösung. Neben dem Kostenanstieg im Gesundheitswesen würde der «Lohnwettbewerb» einzelne Institutionen in existenzielle Schwierigkeiten bringen.

Claudia Frei (GLP)

Frau mit langen Locken und einem schwarzen Blazer lächelt in die Kamera.
Claudia Frei ist Gemeinderätin der GLP Uster und sitzt auch im Kantonsrat. (Archiv) Foto: PD

Claudia Frei (GLP) ist Kantonsrätin und Gemeinderätin in Uster. Sie ist Präsidentin der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit. Sie sagt: «Die Aussagen von Herrn Ubrich kann ich vollumfänglich unterstützen. Insbesondere ist der administrative Aufwand durch die Digitalisierung massiv gestiegen.» Dies führe dazu, dass viel mehr Daten erhoben würden für Statistiken und spätere Auswertungen. 

«Gleichzeitig ist das Gesundheitssystem gefangen zwischen dem Kostendruck und dem Anspruch der Patienten und der Angehörigen auf die bestmögliche Behandlung ohne Fehler. Solche haben nämlich oft juristische Konsequenzen», gibt Frei zu bedenken. Die Arbeit im Gesundheitswesen gehe per se mit viel Druck und Verantwortung einher, da es immer direkt um Menschen gehe. «Zu wissen, dass jeder Fehler einen Gang vor einen Richter zur Folge haben kann, kann durchaus auch abschrecken.»

Einen wunden Punkt sieht Frei ebenfalls zunehmend in der flexiblen Arbeit über Vermittlungsfirmen. «Sie ist viel besser entschädigt und macht ein Arbeiten à la carte möglich. Aber für die Gesundheitsinstitutionen sind diese Mitarbeitenden mit viel höheren Kosten und auch Aufwand verbunden. Deshalb ist dies sicher kein erstrebenswertes Modell.»

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