nach oben

Anzeige

Gesellschaft
Claudia Mai castet Kinder und Erwachsene für Werbedrehs und Filme

Claudia Mai castet Kinder und Erwachsene für Werbedrehs und Filme. Foto: Eleanor Rutman

Pfäffiker Casterin

«Ich habe sogar ein Pony in meiner Schauspiel-Kartei»

Claudia Mai arbeitet seit elf Jahren in einem Beruf, für den es keine explizite Ausbildung gibt: Sie vermittelt Kinder und Erwachsene, sowie Tiere für Werbevideos und Spielfilme.

Claudia Mai castet Kinder und Erwachsene für Werbedrehs und Filme. Foto: Eleanor Rutman

Veröffentlicht am: 12.01.2023 – 15.51 Uhr

Für Claudia Mai gehörte das Homeoffice schon vor der Pandemie zur Normalität: Sie arbeitet oft vom eigenen Küchentisch aus, von wo sie einen Blick in den Garten hat. Die Casterin zeigt ihre Datenbank auf dem Laptop, die momentan dreitausend Menschen fasst: mit Foto, Name, Hobbies und weiteren Angaben zur Person.

«Bei den Kindern habe ich aufgehört, die Körpergrösse mit reinzuschreiben, das ändert sich ja immer so schnell», sagt die Pfäffikerin, die ihren Job pragmatisch angeht. In ihrer Kartei befinden sich Babys und Rentner, Laien und professionelle Schauspielerinnen. Sie alle möchten in einem Film oder einem Werbedreh vor der Kamera sein.

Claudia Mai castet Kinder und Erwachsene für Werbedrehs und Filme
Meistens arbeitet die Casterin vom Küschentisch aus. Foto: Eleanor Rutman

Neben Kindern und Erwachsenen castet Mai auch Tiere. «Ich habe sogar ein Pony in meiner Kartei, vielleicht sogar einen Esel, da bin ich jetzt gar nicht mehr sicher», sagt sie und schmunzelt.

Gezielte Suche nach Darstellerinnen und Darstellern

Oft hätten die Produktionsfirmen und ihre Kundinnen und Kunden ganz konkrete Vorstellungen. Mai schreibt dann meistens auf Facebook aus, was in etwa so klingt: «Suche GROSSE (mind. 185 cm) und STARK aussehende Männer für einen TV-Spot.»

Hier waren zwei Menschen gefragt, die für einen Detailhändler stramme Bauern spielten. Oder: «Suche fussballspielendes Teenie-Girl, 12 bis 17-jährig, das gut mit einem Fussball jonglieren kann.»

Pony Prinz kann man buchen für einen Werbedreh
Auch Pony Prinz kann man buchen für einen Werbedreh. Foto: PD

Das Schönste an ihrer Arbeit sei, dass sie viel lache. «Die Fantasie spielt jeweils eine wichtige Rolle». So war es auch beim Kinder-Casting für die Weihnachtswerbung der Migros. «Die Kinder mussten mit vier Begriffen eine Geschichte erzählen.»

Sie hat ihnen diese Worte als Vorgabe gegeben: Superkraft, Zahnbürste, lauter Knall und unheimlich. Bei der Auswahl habe sie dann Tränen gelacht. «Die Kinder sind meistens von sich aus einfach so authentisch und witzig.»

Die Eltern werden direkt mitgecastet

Mai schaut beim Kinder-Casting für längere Produktionen auch die Eltern jeweils genau an. «Es ist wichtig, dass ein Kind sich selber regulieren kann und aus einem stabilen Umfeld kommt.» Bei einem Spielfilm könne der Dreh manchmal länger als ein Monat dauern.

«Die Kinder benötigen ein gewisses Durchhaltevermögen», sagt die 46-Jährige. Das sei manchmal sehr anstrengend. Da sei es nötig, dass die Eltern ihre Kinder dabei unterstützten. «Manchmal spielen sie sogar selber mit». Ein Werbedreh hingegen dauert in der Regel zwischen einem und drei Drehtagen.

Natürlich gebe es auch übermotivierte Eltern, die ihre Kinder zum Casting bringen, nur weil sie es selber wollten. «Das ist nicht die beste Voraussetzung», sagt die Pfäffikerin.

«Ich bin per Zufall Casterin geworden»

Claudia Mai, Schauspielerin und Casterin

Manche der Kinder würden schon von klein auf von ihren Eltern auf Instagram ausgestellt. «Das finde ich dann eher fragwürdig.» sagt sie nachdenklich. Auch falle ihr auf, dass einige nur Hobbys haben wie Querflöte spielen oder Kunstturnen.

Sie frage die Kinder dann immer zusätzlich, was sie denn sonst noch in ihrer Freizeit machten. «Ein Mädchen war damit völlig überfordert.»

Keine explizite Ausbildung für diesen Beruf

«Ich bin per Zufall Casterin geworden» sagt die 46-Jährige und lacht. Als Schauspielerin und zweifache Mutter habe sie ein grosses Netzwerk und so sei sie reingerutscht. Angefangen habe alles vor elf Jahren.

Da sei sie von einem Kollegen angefragt worden, ob sie Kinder kenne, die sie zu einem Werbedreh mitnehmen könnte. «Nach dem ersten Werbevideo kamen Anfragen von weiteren Produzenten», erzählt sie.

«Als Mutter von Kindern ist es ein idealer Job.» Vieles könne man von Zuhause aus organisieren oder auch abends in Ruhe noch weiterarbeiten, wenn die Kinder schlafen. Mittlerweile sind ihre beiden Kinder jedoch schon fast erwachsen.

Deswegen hat Mai in der Zwischenzeit ihr Angebot erweitert: Sie bietet nun auch Fotoshootings an. «Viele Menschen wissen nicht wirklich, wie man sich anständig bewirbt», sagt sie. Die Leute sähen nicht, auf was es dabei ankomme. «Fotos vermitteln den ersten Eindruck und der ist wichtig.»

Ohne Pannen geht es nicht

Natürlich könne bei der Vermittlung von Menschen auch einiges schief gehen. «Einmal sei ein Schauspieler, den sie vorgeschlagen hatte, morgens einfach nicht auf dem Set aufgetaucht.

«Er musste im Hotel abgeholt werden und erst seinen Hangover auskurieren, bevor er vor die Kamera konnte». Das sei für sie als Casterin sehr ärgerlich gewesen, da es ja auch um ihren Ruf ging.

Sie zuckt mit den Schultern und sagt «Alles kann man nicht kontrollieren.» Sie gehe immer davon aus, dass erwachsene Menschen auf sich selber aufpassen können. Ganz ohne Pannen ginge das sowieso nicht.

Das sei ein Grund, warum sie sich jeweils von den Produktionsfirmen für die Dauer des Castings direkt anstellen lasse. «Als Selbständige wäre mir das Risiko zu hoch.»

Wer sich oder sein Kind eintragen lassen möchte in der Datenbank von Claudia Mai: https://www.claudiamai.ch/about-casting

Anzeige

Anzeige