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Sogar in Selim Tolgas Schubladen sieht es leer und aufgeräumt aus. Foto: PD

Wie wenig es braucht

Zu viel Besitz ist nicht nur eine Belastung für die Umwelt, sondern führt auch zu Unordnung im Zuhause. Minimalisten reduzieren deshalb ihren Besitz auf das Nötigste. Auszumisten bedeutet allerdings eine grosse Herausforderung. Selim Tolga bietet deshalb Hilfe für Minimalismus-Einsteiger.

Sogar in Selim Tolgas Schubladen sieht es leer und aufgeräumt aus. Foto: PD

Veröffentlicht am: 05.05.2021 – 09.00 Uhr

Vollgestopfte Regale, verstellte Räume und ein Keller, der aus allen Nähten platzt. Wir leben in einer Welt des Konsums, wollen immer mehr und sind doch nie zufrieden. Das Leben im Überfluss führt zu einer überfüllten Wohnung, in der Unordnung vorprogrammiert ist. Dies bedeutet nicht nur eine Belastung für das eigene Wohlbefinden, sondern auch für die Umwelt.

Sogenannte Minimalisten fahren deshalb ihren Konsum beträchtlich herunter. Der gesamte Besitz wird auf das Nötigste reduziert. So soll die Erfüllung wieder im Sein und nicht im Haben gefunden sowie eine Menge an Ressourcen eingespart werden.

Weniger ist besser

Minimalismus ist eine Weise, die Nachhaltigkeits-Strategie der Suffizienz zu leben. Während sich andere Strategien etwa damit beschäftigen, die momentane Massenproduktion nachhaltiger zu gestalten, setzt die Suffizienz an einem anderen Punkt an. Statt technischer Fortschritte, soll eine Veränderung des menschlichen Lebensstils zur Einsparung von Ressourcen führen.

Wer seine Wohnung also nachhaltig einrichtet, ist noch lange kein Minimalist. Minimalistisch einzurichten bedeutet leere Flächen, nur essenzielle Möbel und wenige dekorative Akzente. Genau deshalb wird dieser Strategie allerdings oft verhalten begegnet. Viele verstehen darunter eine Einschränkung, beziehungsweise einen Verzicht.

Dass es uns mit weniger allerdings nicht nur gleich gut, sondern sogar besser gehen kann, weiss Selim Tolga aus erster Hand. Er hat sich von sämtlichem Ballast getrennt und seine Wohnung nur mit dem Allernötigsten ausgestattet. Mit «Minimalismus – Ordnung Zeit Freiheit» bietet er in Mönchaltorf Aufräum- und Minimalismus-Coaching.

Nicht nichts, aber weniger

Minimalismus bedeute nicht Verzicht, sagt Selim Tolga. «Es bedeutet, eine bewusste Wahl zu treffen und nur zu besitzen, was man braucht oder liebt.» Statt immer nach dem Grösseren und Besseren zu streben, lebe man so einfacher, bewusster und achtsamer. «Minimalismus bedeutet nicht nichts, sondern keinen Ballast zu haben», so Tolga.

Dass sich ein Minimalist in jedem Bereich für die Essenz und nur für Dinge mit langfristigem Mehrwert entscheidet, sorgt gemäss Selim Tolga automatisch für einen geringeren ökologischen Fussabdruck. «Der Nachhaltigkeitsaspekt ergibt sich durch die Konsumreduktion und bewusste Auswahl.»

Minimalisten setzen Tolga zufolge grundsätzlich auf Multifunktionales und qualitativ Hochwertiges. Besonders nachhaltig richte man seine Wohnung mit gebrauchten Möbeln ein. «Ausserdem achten Minimalisten darauf, ihre unbenutzten Sachen nachhaltig zu entsorgen.» Damit der Aspekt der Nachhaltigkeit nicht verloren gehe, könne man sie verschenken, verkaufen oder tauschen. «Ein Minimalist ist kein Konsument, sondern ein Verbraucher», sagt Selim Tolga.

Nie wieder aufräumen

Im Vergleich zu anderen Minimalisten sehe seine Wohnung relativ normal aus, sagt Tolga weiter. «Es gibt Alltägliches wie ein Bild, einen Toaster und einen Fernseher.» Allerdings gebe es nichts, was nicht wirklich gebraucht werde. So ist seine Wohnung tatsächlich immer aufgeräumt.

Was für viele wie ein Traum klingt, hat Selim Tolga mit neuen Gewohnheiten erreicht. Nach dem grossen Ausmisten gehe es darum, praktische «Parkplätze» für jeden Gegenstand zu finden, sagt der Mönchaltorfer. «Wenn sie gefunden sind, braucht es nur noch die richtige Gewohnheit, Dinge sofort nach Gebrauch zu versorgen.» Ausserdem erklärt er weiter, dass Minimalisten die Dinge nach einer gewissen Zeit hinterfragen und prüfen, ob der Mehrwert noch gegeben sei. «Falls nein, kommt es gleich weg. So muss man nie mehr aufräumen.»

Allerdings ist dies einfacher gesagt als getan. Wer sich dazu entscheidet, sich von seinem ganzen unnötigen Besitz zu verabschieden, steht zuerst einmal vor einem Berg. Wo fängt man bei so viel angesammeltem Ballast überhaupt an? Was braucht man wirklich und was ist eigentlich nur unnötige Platzverschwendung?

Loslassen lernen

«Minimalismus-Ausmisten kann nicht mit traditionellem Ausmisten verglichen werden», so Selim Tolga. «Es geht mehr in die Tiefe. Man muss sich mit seinen Werten und Gewohnheiten auseinandersetzen.» Auf Leute, die in den Minimalismus einsteigen möchten, wartet also eine Menge Arbeit.

Deshalb sollte man nicht planlos mit dem Ausmisten beginnen. Einer der grössten Fehler von Minimalismus-Einsteigern ist gemäss Selim Tolga, ohne «Minimalismus-Filter» darauf los auszumisten oder tagelang nichts zu machen, um sich dann bei einem Marathon gleich völlig zu übernehmen.

«In meinem Buch erkläre ich meine 4M-Methodik», sagt Selim Toga. Zuerst komme das Mindset. Hierbei solle man sich überlegen, nach welchen Werten man künftig leben wolle. Das zweite M steht für das eigentliche Minimalisieren, wobei man seinen Besitz auf das Nötigste reduziert. Beim Methodisieren weise man seinen Objekten sinnvolle Parkplätze zu. Das vierte M steht für Meistern. Hier gehe es darum, die neuen Gewohnheiten zu festigen.

Tolga fängt mit seinen Kunden jeweils mit einfachen Sachen an, an denen keine Emotionen hängen. «So entwickeln wir <Loslass-Muskeln>, die wir später brauchen.» Dinge, von denen man mehrere besitzt, könne man sicher ausmisten, sagt der Aufräumcoach. Ausserdem fast alles, was man sich in 20 Minuten für 20 Franken wieder besorgen könnte.

Leere als Dekoration

Auf seinem YouTube-Kanal gibt Selim Tolga regelmässig Tipps zum Thema Minimalismus. In seiner Room Tour zeigt er, wie seine Wohnung eingerichtet ist. Eine Couch, ein Katzenbaum und ein Fernseher sind alles, was Tolgas Wohnzimmer füllen. Der Keller ist ungewöhnlich leer und im Büro stehen gerade mal ein Pult und ein Stuhl.

Auf Leute, die sich eine Wohnung gefüllt mit komfortablen Möbeln, Deko-Artikeln und Bildern an den Wänden gewohnt sind, wirkt eine so spärlich eingerichtete Wohnung auf den ersten Blick kahl und ungemütlich. Das liege allerdings nur am Auge des ungeübten Betrachters, wie Selim Tolga erklärt. «Im Minimalismus entwickelt man eine gesunde Beziehung zur Leere. Man schafft Raum für mehr Klarheit und Übersicht.» Leere könne auch Dekoration sein.

Dekorative Akzente werden gezielt gesetzt, so Tolga. «So kann eine minimalistische Wohnung ebenso gemütlich erscheinen.» Man könne sehr viel mit Farbe und Licht erreichen. Ausserdem könne man gut Alltagsgegenstände einsetzen, die bereits ein dekoratives Element besitzen. «Zum Beispiel eine schöne Früchteschale oder ein spezieller Salontisch.»

Weniger Stress, mehr Kraft

Seine minimalistische Einrichtung hat sich positiv auf Selim Tolgas Empfinden ausgewirkt. «Es sorgt für Klarheit und Übersicht. Ich muss nie etwas suchen und spare Zeit und Energie.» Ausserdem gebe es wenig zum Putzen und Organisieren. «Das sorgt für wenig Stress und gibt mir mehr Kraft für meine Herzensangelegenheiten», so Tolga.

Von Kunden hat Tolga viel positives Feedback erhalten. Viele fühlen sich leichter und unbeschwerter und haben mehr Zeit für sich und die Familie. Was man im Minimalismus schlussendlich wirklich braucht, ist gemäss Selim Tolga nur etwas: «Die Erkenntnis, wie wenig es eigentlich braucht.»


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