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Gabriela Flüeler - hier mit Fundstücken von Jakob Messikommer (Bild links) - verantwortet die Pfahlbauerausstellungen. , Auf der Karte sind die Unesco-Weltkulturerbe-Fundstelle Storen am Greifensee und Robenhauserriet am Pfäffikersee markiert. Foto: Kantonsarchäologie

Die ersten Oberländer Siedler werden wieder lebendig

Ihre Überreste haben Weltruhm erlangt. Dieses Jahr soll das Leben und Können der Pfahlbauer am Pfäffikersee und Greifensee präsentiert werden.

Gabriela Flüeler - hier mit Fundstücken von Jakob Messikommer (Bild links) - verantwortet die Pfahlbauerausstellungen. , Auf der Karte sind die Unesco-Weltkulturerbe-Fundstelle Storen am Greifensee und Robenhauserriet am Pfäffikersee markiert. Foto: Kantonsarchäologie

Veröffentlicht am: 14.03.2021 – 12.50 Uhr

Das hätten sich die ersten sesshaften Bauern am Greifensee wohl nicht vorstellen können. Ihr Dorf wird rund 5770 Jahre später zum Unesco-Weltkulturerbe erklärt. Obwohl – für jene Menschen dürfte damals ihre Siedlung in der Storen, unterhalb des heutigen Greifenseer Weilers Wildsberg, wohl das Zentrum ihrer damaligen Welt gewesen sein. Und damit entsprechend wichtig.

Auch ihre Nachbarn im Robenhauser Riet am Pfäffikersee haben 2011 Weltruhm erlangt, zusammen mit 109 anderen Seeufersiedlungen im Alpenraum. Ausgewählt wurden jene aus den rund 1000 bekannten Stellen, die das grösste wissenschaftliche Potenzial haben. Alleine an den Ufern der beiden grossen Oberländer Seen gibt es neben den zwei ausgewählten Fundorten noch 14 weitere mit grossen Schätzen.

Ein Jahr im Zeichen der Pfahlbauer

« Jetzt, zehn Jahre nach dieser Auszeichnung der Pfahlbauten soll das Leben von damals den Leuten von heute stärker ins Bewusstsein gerückt werden » , erklärt Gabriela Flüeler, die Leiterin des Ortsmuseums Wetzikon. Absolut aussergewöhnlich für ein so kleines Haus beherbergt es viele wertvolle, originale Fundstücke aus den Dörfern, die in der Zeit zwischen 3700 und 1000 vor Christus im Robenhauser Riet aufeinanderfolgten.

Zu verdanken hat das Museum dies Jakob Messikommer. Der Landwirt fand 1856 beim Torfstechen einen Unterkiefer, zwei Jahre später Pfähle und Keramikscherben. Darauf verlegte er sich mehr aufs Forschen. Er verkaufte diverse Fundstücke aus seinen Ausgrabungen in die ganze Welt und brachte es zu Weltruhm –  und machte den kleinen Oberländer Flecken auch in den USA bekannt.

Die Archäologin Flüeler organisiert jetzt neben ihrem Job als Museumsleiterin zusätzlich die Ausstellungen, die dieses Jahr zu den Pfahlbauern im Oberland stattfinden, und arbeitet bei den anderen Veranstaltungen zum Thema « Pfahlbauer*in – 10 Jahre Weltkulturerbe »  mit. Es sind die einzigen im ganzen Kanton Zürich.

Sensationelle Schuhe

Bereits am 28. März macht eine kleine Ausstellung in Maur den Auftakt. In deren Zentrum stehen Schuhe. 2017 stiessen Forscher in der Nähe des Dampfschiffstegs auf über 40 Fragmente von Lindenbastsandalen. Diese wurden im Block herausgeholt und dann restauriert. « Wir zeigen nun in einer Klimavitrine zwei Fragmente von Sandalen, die einem Erwachsenen und einem Kind gehörten » , sagt Flüeler, um gleich nachzuschieben: « Für Archäologen sind das sensationelle Funde gewesen, für Laien ist das aber schwer nachvollziehbar. »

5000 Jahre alter Schuh im Greifensee gefunden

27.03.2018

Spektakulärer Fund bei der Schifflände

Bei der Pfahlbausiedlung deren Überreste sich am Greifenseeboden bei Maur befinden, haben Archäol Beitrag in Merkliste speichern Für die Archäologin ist es wichtig, dass Geschichte erlebt werden kann – und dass solche Funde « lebendig »  werden. Deshalb suchte sie nach Fachleuten, die in der Lage sind, Replikas dieser urzeitlichen Schuhe herzustellen. Nach langer Suche wurde sie in Holland fündig. Zwei Archäologinnen mit viel Flechterfahrung sollten eigentlich hier im Labor die Schuhreste aus dem Greifensee untersuchen können. Corona machte das unmöglich. So fand der Austausch über Zoom statt. Das Resultat wird nun in Maur zu bestaunen sein: Sandalen, geflochten aus Lindenbast.

Baumteile am Fuss

Und Gabriela Flüeler juckte es auch in den Fingern: Sie hat selbst Lindenbast hergestellt – unter anderem aus dem Baum beim Bahnhof Hinwil, dessen Fällung für Aufsehen gesorgt hat. Und sie hat ihre ersten Erfahrungen mit dem Material gesammelt, das vor dem Verarbeiten in Wasser eingelegt wird: « Die Lindenbastbrühe entwickelt einen ... besonderen Geschmack. »    

Gerne hätte die Archäologin auch in einer Ausstellung ein begehbares Pfahlbauhaus gezeigt. Das wäre aber zu aufwändig und auch zu teuer geworden. So bleibt es bei der Visualisierung des Innenraums eines bronzezeitlichen Hauses im Wetziker Museum. « Wir haben klare Vorstellungen davon, wie es ausgesehen hat, aufgrund der sehr gut untersuchten Siedlung Böschen in der Nähe der Greifenseer Badi. »

Taucher an Land

Um bei den Leuten von heute Interesse für das Leben der Pfahlbauer zu wecken, wird es neben den vier fixen Ausstellungen (siehe Box) eine ganze Reihe von Attraktionen und Aktivitäten geben. Archäologietaucher werden ihr Können demonstrieren. Da dies auf dem See draussen nicht so gut zu beobachten ist, kommen sie im Wasser ans Land. Wie das geht? In Pfäffikon wird ein grosser Container mit einer Glaswand aufgestellt, in den die Forscher unter den Augen des Publikums eintauchen.

Die Besucher sollen auch in Pfahlbauerkleider schlüpfen können oder sehen, wie die frühen Oberländer ihre Werkzeuge hergestellt haben. Ein ganz besonderer Anlass wird das internationale Einbaumrennen sein. In Niederuster werden sich zunächst Archäologenteams aus den Alpenländern darin messen, wer seinen ausgehöhlten Baumstamm am schnellsten durch die Fluten des Greifensees vorwärts bringt. Danach können Besucher um die Wette paddeln.

Drei neue Einbäume

Zum Einsatz kommen werden neben schon vorhandenen Einbäumen drei neue Exemplare, die ab Ende Juni bei der Station Silberweide ausgeschlagen werden. Alleine deren Herstellung wird etwa 15‘000 Franken kosten.

Das ist nur ein kleiner Teil dessen, was für die Aktivitäten im ganzen Jubiläumsjahr aufgewendet wird: Rund 450‘000 Franken werden es sein. « Die Hälfte davon übernimmt die Kantonsarchäologie. Der Lotteriefonds, Gemeinden und Museen werden auch Beiträge leisten. Und dann hoffen wir noch immer auf private Sponsoren, auch wenn es dort im Moment recht harzig läuft » , meint Flüeler.  

Als bleibende Erinnerung an das Jubiläumsjahr wird im 2022 zwischen Wetzikon und Pfäffikon ein Pfahlbauerweg errichtet.

Paddeln wie die Pfahlbauer

Bis Ende Oktober finden im Oberland Aktivitäten und Ausstellungen zu den ersten Oberländer Siedlern statt. Eine Pfahlbauer-Attraktion wird im 2022 eröffnet.   

 

Die beiden Oberländer Unesco-Siedlungen

Im Flachwasserbereich des Greifensees hat es an elf Stellen Reste von Pfahlbausiedlungen aus der Jungsteinzeit und der Bronzezeit. An manchen Orten liegen mehrere Dörfer übereinander. Die Siedlungen wurden zu Zeiten gebaut, als der Wasserspiegel des Sees wegen Klimaschwankungen tiefer lag als heute.

Keramik und Bronzeteile

Im Gebiet Storen ist eine ganze Folge von Dörfern festgestellt worden. Bemerkenswert ist die Lage an einem steilen Abhang des in der Neuzeit verlandeten Seebereichs. Die ältesten Funde datieren aus der Zeit 3762 bis 3755 vor Christus. Der Ort ist vor allem wegen der dort gefundenen Keramik interessant. Neben einfachen Schalen aus der Horgenerkultur um 2750 vor Christus wurden dünnwandige, verzierte Gefässe, sogenannte Schnurkeramik, aus einer jüngeren Phase gefunden.

Zwei bereits 1934 geborgene Bronzedolche und eine Drahtspule der Pfyner Kultur sind frühe Zeugnisse der Metallverarbeitung in der Region aus der Bronzezeit. Bis auf die Siedlungsreste am Seeufer Böschen zwischen Greifensee und Schwerzenbach ist das weitläufige und unter Naturschutz stehende Areal in seiner gesamten Ausdehnung bislang archäologisch weitgehend unerforscht.

Gewoben am Pfäffikersee

Das Gebiet am Südende des Pfäffikersees ist seit über 10‘000 Jahren besiedelt. Jäger und Sammler errichteten während der Mittelsteinzeit an verschiedenen Orten im Seerandbereich Lagerplätze, und in der Jungsteinzeit entstanden ab 3700 vor Christus verschiedene kleine, dauerhaft bewohnte Siedlungen in Ufernähe.

Die Siedlungsreste im Robenhauserriet wurden 1858 durch Jakob Messikommer entdeckt. In seinen Grabungsberichten verzeichnete er den Fund eines Einbaums, den er mit anderen Fundstücken der Ausrüstung eines Jägers zuordnete. In seinen Grabungen unterschied er zudem zwei von einer Torfschicht getrennte Fundschichten. Aus der Anordnung der Pfahlreste folgerte Messikommer, dass die Siedlung wieder aufgebaut wurde. Zu den weiteren Einzelfunden zählen Langbögen, Beile aus Stein und Hirschhorn, Keramik und Nachweise für die Herstellung von Butter. Hinzu kommen aus Holz geschnitzte Messer, eine Kelle, ein Schöpfbecher und Dreschflege.

Der Siedlungsplatz zeichnet sich durch die exzellente Erhaltung von organischen Resten und den Nachweis von Textilproduktion aus, darunter Textilien und Teile eines neolithischen Webstuhls. Als ungewöhnlicher Fund ist ein Brett zu verzeichnen, wobei es sich vermutlich um eine Tür handelt.


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