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Blut, Schweiss und Tränen

Veröffentlicht am: 04.10.2020 – 09.00 Uhr

Wie ein Herbstferientag zum Beispiel ablaufen kann, wenn man Familie hat:

Man kann seinem Schwager von unten bei seinem ersten Gleitschirmflug zuschauen. Mit der sichtlich gezeichneten und heimlich weinenden Schwester mitzittern, dabei ihr Baby füttern und parallel den eigenen Kindern Würste bräteln. Den Sohn mit knapper Not davon abhalten, als blinder Passagier mitzufliegen.

Mit den Kindern, dem Baby und der immer noch bibbernden Schwestern den Gewaltsmarsch vom Zuschauplatz an die Bergstation unter die Füsse nehmen.

Man kann aus heiterem Himmel dabei ein Aufklärungsgespräch führen müssen. Fragen kommen halt, wenn sie kommen. Man kann im UG des Bergrestaurants ebenso unerwartet auf einen halb bewusstlosen 85-Jährigen treffen, der blutüberströmt am Boden liegt. Feststellen, dass die meisten lieber die Flucht ergreifen als bei der Erstversorgung mit anzupacken. Man kann merken, dass das Verbandsmaterial der Bergbahn schon etwas vergilbt ist und für das Verbinden einer echten Kopfwunde nicht in Frage kommt.

Man kann den Patienten stattdessen mit einem winzigen M-Budget-Notfallset versorgen, das eher für Sackmesser-Schnittli an Kinderfingern gedacht ist als für mehrere Zentimeter lange Risswunden. Man kann für den Verunfallten gegen seinen Willen den Heli bestellen, mit ihm auf den Abtransport warten und ihm zittrig zuwinken, wenn er abhebt. Man kann dabei den Sohn und die Ehefrau des Mannes an seinem Handy notfallseelsorgerisch betreuen und praktisch im Livestream auf dem Laufenden halten («Ja, er hett no en Puls!»). Man kann dann zu den Kindern zurückkehren, die getan haben, wozu sie für erkennbare Notfälle angewiesen sind: Die Klappe halten und auf Anweisung warten.

Man kann dann auch einen Rüffel von den Kindern kassieren, weil man sie, die Rega-Fans, nicht näher an den Heli mitgenommen hat. Und man kann, obwohl man selbst weder ein Baby noch einen Unfall hat, am Ende des Tages gleichzeitig Brei- und Blutflecken auf dem Wandershirt haben, die sich den Platz mit den Schweissflecken vom Laufen teilen und mit den Tränenspuren der Schwester vom Zuschauen beim Gleitschirmflug.

Man kann den ersten Cognac schon vor dem Znacht trinken und dabei das Budget-Notfalltäschchen loben, das man eigentlich immer etwas lächerlich gefunden hat. Und man kann sich gespannt fragen, was der nächste Ferientag alles bringen mag.

Isabelle Maissen fragt nicht, ob sich Beruf und Familie vereinen lassen. Sie packt einfach alles ins Leben, was ihr wichtig scheint: Den abenteuerlichen Alltag mit zwei Schulkindern, einen Job, der jeden Tag anders daherkommt und viel Auslauf in Form von sportlicher Betätigung. Manchmal liegt auch etwas Schlaf drin. Der Ehemann «hilft» nicht im Haushalt, sondern erledigt genauso selbstverständlich seine Hälfte, wie sie ihre Hälfte zum Einkommen beiträgt. Die Ehe funktioniert trotzdem und die Kinder wirken soweit unbeschädigt.


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