nach oben

Anzeige

Der Gesamtstadtrat Uster hat Strafanzeige gegen Primarschulpräsidentin Patricia Bernet und Bezirksrat Ludi Fuchs eingereicht. (Fotomontage: Andreas Steiner).

Von der Posse zum Straffall

Der Streit zwischen Stadtrat und Primarschulpflege eskaliert: Der Gesamtstadtrat hat Primarschulpräsidentin Patricia Bernet (SP) und einen Bezirksrat wegen Amtsgeheimnisverletzung angezeigt. Es geht um den umstrittenen, aber wenig brisanten Federas-Bericht, der das Verhältnis zwischen den Gremien eigentlich hätte verbessern sollen.

Der Gesamtstadtrat Uster hat Strafanzeige gegen Primarschulpräsidentin Patricia Bernet und Bezirksrat Ludi Fuchs eingereicht. (Fotomontage: Andreas Steiner).

Veröffentlicht am: 21.03.2018 – 13.44 Uhr

Nur drei Wochen vor der Erneuerungswahl des Stadtrates bricht über die Ustermer Politik und über die Exekutive im Besonderen ein Sturm herein: Der Gesamtstadtrat gab am Mittwoch bekannt, dass er gegen ein Mitglied aus seiner Mitte eine Strafanzeige wegen Verdacht auf Amtsgeheimnisverletzung eingereicht hat.

Bei der betroffenen Stadträtin handelt es sich um Primarschulpräsidentin Patricia Bernet (SP). Es geht um den so genannten Federas-Bericht, der klären sollte, wieso die Primarschule das Budget 2016 um rund zwei Millionen Franken überzogen hatte.

Die Diskussion um den Bericht, der die Verantwortlichkeiten klären sollte, dauert nun schon seit dem letzten Herbst an. Während rund sechs Monaten wurde der Bericht vom Stadtrat unter Verschluss gehalten, ehe er ihn am Dienstag veröffentlichte.

Die Exekutive schrieb in einer Medienmitteilung: «Der Stadtrat prüft Handlungsoptionen, die zur möglichst raschen Entspannung und Verbesserung der Situation führen.» Nach den jüngsten Entwicklungen und der Strafanzeige deutet indes wenig auf Entspannung hin.

Externer Berater

Patricia Bernet bestätigt gegenüber Züriost, dass der Gesamtstadtrat im Oktober Anzeige gegen sie eingereicht hatte. Pikant: Bereits vor einigen Wochen verriet Stadtpräsident Werner Egli (SVP) gegenüber Züriost die Mehrheitsverhältnisse bei Stadtratsentscheidungen zur Primarschule. Diese würden jeweils «deutlich ausfallen». Dies würde bedeuten, dass zumindest eine von Bernets SP-Kolleginnen regelmässig gegen sie stimmt.

Auslöser für die Anzeige war, dass Bernet den berüchtigten Federas-Bericht im letzten Herbst Drittpersonen übergeben hatte. Einerseits einem externen Berater, den die Primarschulpflege in der schwierigen Situation hinzugezogen hatte. «Wir haben uns im Konflikt um die Primarschulfinanzen Hilfe geholt. Das ist aus meiner Sicht professionelles Verhalten», sagte Bernet.

Ausserdem sei im Vertrag mit dem Berater eine Vertraulichkeitsklausel verankert gewesen. «Sollte dieses Vorgehen formaljuristisch falsch gewesen sein, tut mir das ausserordentlich leid.»

«In bester Absicht»

Ebenfalls weitegegeben hat Bernet den Bericht an Bezirksrat Ludi Fuchs (ebenfalls SP-Mitglied). Der Bezirksrat ist das Aufsichtsorgan des Stadtrats und der Primarschulpflege und führt alle zwei Jahre sogenannte Visitationen in den ihm zugeteilten Bereichen durch. Bezirksrat Fuchs ist für den Bereich Primarschule zuständig und machte zwischen Mitte August und Mitte September 2017 mehrfach seine Aufwartung in der Ustermer Primarschulverwaltung.

«Es war Zufall, dass die ordentliche Visitation genau in die Untersuchung der Primarschulfinanzen fiel», sagt Bernet. Und weiter: Damit sich Ludi Fuchs ein möglichst umfassendes Bild von der Primarschule und deren Finanzen habe machen können, habe sie ihm im Nachgang der ersten Sitzung Ende August einen ersten Entwurf des Federas-Berichts ausgehändigt. «Ich tat dies in bester Absicht und im Glauben das Beste für die Primarschule zu tun, auch im Sinne der vollen Transparenz.»

Auch Bezirksrat im Visier

Neben Bernet hat der Ustermer Stadtrat auch Bezirksrat Ludi Fuchs wegen Amtsgeheimnisverletzung angezeigt. Er soll den von Bernet ausgehändigten Federas-Bericht an Gemeinderatspräsident Balthasar Thalmann (SP) weitergereicht haben.

Thalmann und die Geschäftsleitung des Gemeinderates hatten bereits im Sommer von den persönlichen und inhaltlichen Differenzen zwischen Stadtrat und der Primarschulpräsidentin erfahren und wollten die Wogen glätten. Der Bezirksrat hätte mit seinen Kenntnissen der Rechtslage und den jeweiligen Zuständigkeitsbereichen dabei helfen sollen.

Im Rahmen dieses Austausches mit dem Bezirksrat hat Thalmann den Federas-Bericht erhalten. Anlässlich des Festes zum 90-jährigen Jubiläum des Gemeinderates am 8. September hat er die Stadträte Patricia Bernet und Cla Famos (FDP) darüber informiert, dass er im Besitz des Berichts sei – obwohl dieser zu diesem Zeitpunkt noch nicht öffentlich war.

Der Federas-Bericht wurde den Gemeinderäten zusammen mit dem Voranschlag 2018 am 21. September 2017 zugestellt und nach Ablauf der Sperrfrist wurde der Bericht am 31. Oktober von den Parlamentsdiensten im Internet publiziert – als Beilage zum Voranschlags-Bericht 2018. Im Netz einsehbar war er allerdings nur drei Tage. «Der Stadtrat hat uns in der Folge gebeten, ihn runter zu nehmen und ihn nicht öffentlich zu machen», so Thalmann.

Die grosse Frage

Ludi Fuchs war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Bezirksratspräsident Marcel Tanner (SVP) bestätigt aber, dass gegen ein Bezirksratsmitglied eine Anzeige wegen Amtsgeheimnisverletzung vorliege. «Nach meinem derzeitigen Kenntnisstand bin ich der Meinung, dass keine Verfehlung begangen wurde», sagt der frühere Staatsanwalt.

Es gelte nun aber die Ermittlungen abzuwarten. Der Bezirksrat habe aus eigenem Antrieb beschlossen, das angezeigte Bezirksratsmitglied vorläufig in Verfahren, an welchen der Stadtrat Uster beteiligt sei, nicht einzusetzen, um jeglichen Anschein von Voreingenommenheit zu vermeiden.

Unabhängig von juristischen Erwägungen wirft das Vorgehen des Stadtrates aber Fragen auf: Denn die Brisanz des Federas-Berichtes hält sich in Grenzen, ein Grossteil seines Inhalts war bereits vor seiner Veröffentlichung am Dienstag ein offenes Geheimnis.

Warum also war es für den Stadtrat derart wichtig, den Bericht unter Verschluss zu halten? Und warum reagierte der Stadtrat derart sensibel auf die Weitergabe eines – von aussen betrachtet – relativ harmlosen, sachlichen Berichtes? Oder, wie Balthasar Thalmann es formuliert: «Weshalb der Stadtrat hier ein derartiges Theater macht – das ist für mich die ganz grosse Frage.»

Stadtpräsident Werner Egli (SVP) wollte keine Stellung nehmen. Er verweist auf die  eher dünne Medienmitteilung des Stadtrates. Auch Finanzvorstand Cla Famos wollte sich zum Thema nicht äussern.

Der Schluss liegt jedenfalls nahe, dass die Ustermer Exekutive kurz vor den Wahlen vom 15. April vor einem Scherbenhaufen steht. Die Mehrheit des Stadtrates hat sich wohl mit Primarschulpräsidentin Patricia Bernet überworfen. Der Stadtpräsident und zwei seiner Ratskollegen treten nicht mehr an. Patricia Bernet hat keinen Gegenkandidaten. Bernet machte gegenüber Züriost keinen Hehl daraus, dass sie sich eine positive Veränderung unter einer neuen Führung erhofft.


Dieser Artikel wurde automatisch aus unseren alten Redaktionssystemen auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: servicedesk@zol.ch

Kommentar schreiben

Bitte geben Sie ein Kommentar ein.

Wir veröffentlichen Ihren Kommentar mit Ihrem Vor- und Nachnamen.
* Pflichtfeld

Anzeige

Anzeige