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Der Zürcher Autor Jonas Lüscher las aus seinem preisgekrönten Werk «Kraft». (Fotos: David Marti), Die Lesung fand in der Villa Grunholzer vor kleinem Publikum statt.

Die Eine-Million-Dollar-Frage

Der Autor Jonas Lüscher las am Mittwochabend aus seinem preisgekrönten Buch «Kraft» in der Villa Grunholzer in Uster. In seinem Buch bietet ein Investor eine Million Dollar für die Beantwortung einer Frage.

Der Zürcher Autor Jonas Lüscher las aus seinem preisgekrönten Werk «Kraft». (Fotos: David Marti), Die Lesung fand in der Villa Grunholzer vor kleinem Publikum statt.

Veröffentlicht am: 15.03.2018 – 15.01 Uhr

Eigentlich hätte in der Villa Grunholzer am Mittwochabend mit Peter von Matt ein ehemaliger Träger des Schweizer Buchpreises eine Lesung halten sollen. Stattdessen kam Jonas Lüscher, frischgebackener Preisträger ebendieses Preises. Diesen erhielt der 41-Jährige, in Zürich geborene Autor, für sein Buch «Kraft». 

Wie immer bei einer Lesung des Fördervereins Villa Grunholzer,  gab Literaturprofessor Christoph Meister, bevor der Autor das Wort ergriff, einen Überblick über dessen Werk.
In Lüschers Buch geht es um Richard Kraft, einem Rhetorikprofessor aus dem deutschen Tübingen. Dieser ist beruflich erfolgreich, auf volkswirtschaftlichem und philosophischem Gebiet beschlagen, privat läuft es ihm hingegen nicht so gut. Die Ehe mit Heike, mit der er zwei Kinder hat, hat sämtlichen Reiz verloren. Aufgrund einer früheren gescheiterten Ehe mit wiederum zwei Kindern ist er verschuldet. 
Einen Ausweg scheint ein steinreicher Investor mit philosophischem Interesse zu bringen. Dieser bietet demjenigen eine Million Dollar an, der seine Frage in einer 18-minütigen Powerpoint-Präsentation abwickeln kann, wie es im kalifornischen Silicon Valley üblich ist. 

18 Minuten um die Welt zu erklären

Diesen sogenannten «TED-Talk» im Silicon Valley sieht Jonas Lüscher, der während neun Monaten an der amerikanischen Stanford University gearbeitet hat, als ironischen Hinweis. Er sagt: «Im Silicon Valley wird diese Form ausgelebt, in 18 Minuten eine Welterklärung abzuliefern.» Auch sonst ist sein Buch gespickt mit Ironie, die zuweilen in Satire verfällt. 
In seiner Geschichte ist die Frage, die der Investor stellt,  eine altphilosophische und basiert auf der «Theodizee» des deutschen Philosophen Gottfried Wilhelm Leibniz. Eine Art Rechtfertigung Gottes. Meister erklärt: «Sehr vereinfacht gesagt, versuchte Leibniz zu zeigen, dass das Gute ohne die Gegensatzspanne zwischen Gut und Böse weder erkannt noch verwirklicht werden kann und das Böse in diesem Sinn einen notwendigen Raum in dieser Welt hat. Trotz diesem Bösen kann die Welt als beste aller möglichen Welten gedacht werden.» 

Ausweg aus verkorkster Ehe gesucht

Der Investor transformiert die leibnizsche «Theodizee» nach den Vorstellungen des Silicon Valley in eine « Technodizee» mit der Einer-Million-Dollar-Preisfrage: «Warum ist alles, was richtig ist, gut, und warum können wir es dennoch verbessern?» Krafts Jugendfreund Istvan, eine zentrale Figur des Buches, macht ihn auf den Wettbewerb aufmerksam. Kraft und seine Ehefrau sehen einen Ausweg aus ihrer verkorksten Ehe: Mit Krafts Wissen das Geld gewinnen und getrennt ein neues Leben anfangen.

Pessimismus versus Optimismus

Jonas Lüscher gleist schon früh in seinem Buch auf, was später in der Geschichte immer mehr ins Zentrum rückt: Krafts verstaubte skeptische und pessimistische Art trifft auf den frischen, offenen Optimismus des Silicon Valley. Der Autor drückt es so aus: «Das ganze Buch bewegt sich in der Verhandlungslinie zwischen pessimistischen und optimistischen Positionen.» Der Protagonist reibt sich an der Frage des Investors auf. Zweifel machen sich bei ihm breit: Wie er gelebt hat wie er lebt, wie er gedacht hat und wie er denkt. Keine günstige Voraussetzung für die Beantwortung der Frage. «Kraft sitzt plötzlich selber auf der Anklagebank. Er fühlt sich gegenüber seiner Familie schuldig», sagt Lüscher.  

Die Nadellänge

Der Autor beschreibt in flüssigen, dynamischen Satzgefügen – hin und wieder mit kurzen Hauptsätzen unterbrochen – Krafts Denkmuster und dessen geisteswissenschaftliche Kenntnisse. So heisst es aus dem Buch: «Da kann er sich noch immer auf die Theorie verlassen, die er mit heisser Nadel aus seinem schier unendlichen Fundus strickt(…) Eine halbe Nadellänge Finkielkraut,  für die Empörung. Eine halbe Nadellänge Hölderin, fürs Gemüt…» Problemlos zitiert Protagonist Kraft aus den Lehren des Philosophen Finkielkraut oder des Lyrikers Hölderin. 
Kraft mit seiner selbstherrlichen, geschwätzigen Art – Istvan mit seiner grossen Lebenslüge: Lüschers Hauptfiguren haben für einen Roman die nötigen Ecken und Kanten. Der Autor, der nach dem Philosophie-Studium Ethik unterrichtet hatte, sagt, dass sowohl Kraft als auch dessen Jugendfreund Ethikunterricht nötig hätten. Der umtriebige Autor war allerdings nur kurze Zeit in seinem Leben Lehrer, wie er selber einräumt: «Kurz nach dem Philosophie-Studium brauchte ich einen Job und Geld.»
 


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