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Der Tägernauer Wald wird in dieser Form nicht bestehen bleiben. , Die Grüninger Gemeindepräsidentin Susanna Jenny wehrt sich gegen die Pläne des Kantons..

«Man fällt doch keine Bäume für eine Deponie»

Grüningen will seinen Wald nicht verlieren, Gossau nicht «zur Abfalldeponie» der Region werden: Die beiden Gemeinden bekämpfen die Deponie-Pläne des Kantons. Und verweigern nun die Zusammenarbeit.

Der Tägernauer Wald wird in dieser Form nicht bestehen bleiben. , Die Grüninger Gemeindepräsidentin Susanna Jenny wehrt sich gegen die Pläne des Kantons..

Veröffentlicht am: 15.12.2017 – 17.11 Uhr

Eine dünne Schneeschicht liegt auf der Waldstrasse, die in den Tägernauerwald hineinführt. Die Sonne hat sich hinter die Wolken verzogen. Immerhin ist es kalt genug, dass sich der Schnee noch nicht in Pflotsch verwandelt hat. Kein Wetter, bei dem man gerne nach draussen geht, und doch ist der Parkplatz voll. Eine Frau hat ihren Hundespaziergang gerade beendet und lässt das Tier in der Transportbox Platz nehmen. Zwei junge Frauen in Thermo-Jogging-Ausrüstung stapfen strammen Schritts vorbei. Ob sie wissen, dass die Tage des Waldes gezählt sind?

Nicole Kutter weiss es. Sie betreibt in Ottikon einen Pferdehof und reitet an diesem Vormittag aus. Vor einigen Wochen habe sie Arbeiter bei Vermessungsarbeiten beobachtet und nachgefragt. Deshalb weiss sie, dass der Wald in wenigen Jahren schon einer Deponie weichen muss. «Mit der Ruhe dürfte es dann vorbei sein.» 

 

 

Mit dem Ausreiten ists vorbei

Zwar ist der Wald schon jetzt erfüllt vom stetigen Verkehrslärm der nahen Forchstrasse, «aber daran gewöhnt man sich». Wenn künftig schwere Lastwagen zufahren, um Material abzuladen, sei an Ausritte nicht mehr zu denken, sagt sie. «Natürlich, irgendwo muss so eine Deponie sein, und niemand will sie bei sich. Aber dass es ausgerechnet im Wald sein muss? Es ist traurig.»

Was bedeutet eine Deponie für den Wald? Hier gehts zum Interview mit einem Förster.

Zehn Hektare Wald müssen gerodet werden, um Platz für eine neue Deponie zu machen, 100 Mal 1000 Meter, 14 Fussballfelder. Vom Wald wird dann nicht mehr viel übrig sein. Verschwinden wird der Wald nicht über Nacht, sondern Stück für Stück. Die Bäume werden gerodet, der Boden ausgebaggert und mit Material aus der Kezo Hinwil aufgefüllt. Dann wird aufgeforstet. Beim Material handelt es sich um jene Reststoffe, die nach dem Verbrennen übrig bleiben – wobei in der Kezo zusätzlich zum normalen Brennvorgang auch noch sämtliche Metalle aus den Reststoffen gefiltert werden.

Das Material gilt als unbedenklich und ist auch nicht das Problem aus Sicht der Gemeindebehörden. Es geht ihnen um die Zerstörung eines Naherholungsgebietes und den zusätzlichen Verkehr, den die Deponie mit sich bringen wird. Betroffen sind sowohl Gossau als auch Grüningen. «Unseren grössten Wald wird es danach schlicht nicht mehr geben», sagt Grüningens Gemeinepräsidentin Susanna Jenny (parteilos). Er sei für Grüningen auch als Naherholungsgebiet wichtig. Es sei kaum zu glauben, dass man am einst hoch gehaltenen Waldschutz zu knabbern anfange. «Man fällt doch keine Bäume für eine Deponie.»

Nun wirds konkret

Dass im Tägernauer Holz eine Deponie geplant ist, steht schon seit 2009 im kantonalen Richtplan. Nun aber werden die Pläne konkret. Probebohrungen wurden durchgeführt und die Umsetzung wird an die Hand genommen. Dies bestätigt Franz Adam, Leiter der Abteilung Abfallwirtschaft und Betriebe beim Amt für Abfall, Wasser, Energie und Luft (Awel). Dahinter steht laut Adam die ZAV Recycling AG, ein Zusammenschluss von vier Zürcher Kehrichtverbrennungsanlagen, darunter die Kezo. Die neuen Deponien sind nötig, weil jene in Oetwil voll ist. Geplant ist, die Deponie im Tägernauer Holz zur Realisierung an einen Totalunternehmer zu vergeben.  

Neu ist auch, dass die Deponie im Tägernauer Holz doppelt so gross werden soll wie einst geplant. Anstatt 750’000 Kubikmeter Material sollen deren 1,5 Millionen Kubikmeter abgelagert werden. Hinzu kommt, dass nur ein Kilometer entfernt in der Leerüti eine zweite Deponie vorgesehen ist – ebenfalls auf Gossauer Gemeindegebiet. Hier wird kein Kezo-Material vergraben, sondern Bauschutt, in der Fachsprache Innertstoffe genannt. Und auch dieser Standort soll doppelt so viel Material fassen wie einst geplant, nämlich 1,3 Millionen Kubikmeter. Eigentlich wäre gemäss Richtplan pro Gemeinde nur eine Deponie zulässig. Die zweite Deponie ist trotzdem zulässig, weil an den zwei Standorten verschiedene Materialien abgelagert werden. 

Eine nach der anderen

Gossaus Gemeindepräsident Jörg Kündig (FDP) kann diese Massierung auf dem Gebiet der Gemeinde nicht nachvollziehen. Schon vor zehn Jahren habe man sich gewehrt. Kündig verweist auf 4000 Unterschriften, die man damals in der Bevölkerung gesammelt habe – ohne Erfolg. «Bis vor Kurzem hatten wir aber die Hoffnung, dass nur eine der beiden Deponien realisiert wird  - oder eine nach der anderen.»

Dass nun beide gleichzeitig vorangetrieben und die Kapazität verdoppelt werden soll, sei für die Bewohner nicht tragbar. «Wir wollen nicht zur Abfalldeponie des Zürcher Oberlands werden», sagt Kündig. Jenny betont, dass es sich keineswegs nur um die Abfälle der Region, sondern um jene aus dem ganzen Kanton handle. Auch der Verkehr bereitet den beiden Gemeinderäten Kopfzerbrechen. Jenny hat ausgerechnet, dass im Tägernauer Holz mit 6250 Fahrten und im Leerüti mit 5420 Fahrten pro Jahr zu rechnen ist – 20 Jahre lang. Eine massive Belastung des lokalen Strassennetzes. 

Klarer politischer Wille

Franz Adam vom Awel kennt die Bedenken der Gemeinden. Er sagt, es sei der erklärte politische Wille, Deponien auch in Waldgebieten anzulegen. Das sei das Resultat der Kantonsratsdebatte bei der Richtplanrevision gewesen. Die Deponien sollten nicht ausschliesslich zu Lasten der Landwirtschaft, also der Fruchtfolgeflächen, gehen. «Natürlich sind Deponien nirgends geliebt», sagt Adam. Dass Gossau und Grüningen überdurchschnittlich betroffen sind, stellt Adam nicht in Abrede. «Das ist eine Frage der Geologie», sagt er. Im Gebiet Grüningen-Gossau-Egg befinde sich ein geeigneter Untergrund. Andere Gebiete, wie etwa das Rafzer Feld mit seinen Kiesböden, kämen nicht in Frage. 

Während die Planung der Deponien voranschreitet, ist die Verdoppelung der Kapazität erst geplant. Kommendes Jahr kommt das Geschäft in den Kantonsrat. Dann wird der Richtplan revidiert. «Wir werden uns wehren und uns für eine solidarischere Lastenverteilung stark machen», sagt Jürg Kündig. Auch rechtliche Schritte behalte man sich vor. «Notfalls gehen wir bis vor Bundesgericht», ergänzt Susanna Jenny. 

Fürs erste weigern sich die beiden Gemeinden, bei der laufenden konkreten Planung der ZAV Recycling AG mitzumachen. Was Franz Adam vom Awel bedauert. «Das grösste Problem ist erfahrungsgemäss der Verkehr, und da braucht es ein Konzept. Dabei sind wir zwingend auf die Mitarbeit der Gemeinden angewiesen.» Jörg Kündig sagt, bei der gegenwärtigen Zusammensetzung der Projektgruppe hätte das Wort der Gemeinden ohnehin nicht viel Gewicht. «Ausserdem würden wir so von Betroffenen zu Beteiligten. Das wollen wir nicht.»


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