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Der tragische Absturz der Ju-52 ist bereits über zwei Jahre her. Die Untersuchungen sind erst jetzt abgeschlossen. Foto: PD

Ju-52 ist wegen Fehlverhaltens der Piloten abgestürzt

Das Urteil der Sust ist vernichtend: Laut Schlussbericht haben Handlungen der Piloten den Absturz der Ju-52 mit 20 Todesopfern verursacht. Mitschuld sind zudem Unterlassungen im Dübendorfer Flugbetriebsunternehmen Ju-Air und Vorgänge beim BAZL.

Der tragische Absturz der Ju-52 ist bereits über zwei Jahre her. Die Untersuchungen sind erst jetzt abgeschlossen. Foto: PD

Veröffentlicht am: 28.01.2021 – 07.17 Uhr

Der Absturz der Ju-52 der Dübendorfer Ju-Air ist auf Fehler der beiden Piloten zurückzuführen. Zu diesem Schluss kommt der abschliessende Bericht der Schweizerischen Sicherheitsuntersuchungsstelle Sust. 

Das Flugzeug war am 4. August 2018 auf dem Rückweg zum Dübendorfer Flugplatz um 16.56 Uhr in Graubünden am Piz Segnas bei Flims abgestürzt. Dabei kamen 20 Personen ums Leben.

«Hochriskante Flugführung»

Laut dem Sust-Bericht steuerten die Piloten das Flugzeug in geringer Höhe, ohne Möglichkeit für einen alternativen Flugweg und mit einer für diese Verhältnisse gefährlich tiefen Geschwindigkeit in das enge Tal südwestlich des Piz Segnas.

In diesem Tal habe das Flugzeug Turbulenzen durchflogen, wie sie im Gebirge in Geländenähe stets zu erwarten seien, heisst es im Abschlussbericht. «Diese hochriskante Flugführung bewirkte, dass die Piloten in diesen nicht aussergewöhnlichen Turbulenzen die Kontrolle über das Flugzeug verloren und für ein Abfangen des Flugzeuges zu wenig Raum zur Verfügung stand.» In der Folge sei das Flugzeug nahezu senkrecht zu Boden gestürzt.

Dem Unglück ging offenbar ein systemisches Fehlverhalten voraus: «Die Piloten des Unfallfluges und auch eine Anzahl anderer Piloten von Ju-Air hatten sich daran gewöhnt, Regeln für einen sicheren Flugbetrieb nicht einzuhalten und auch bei Flügen mit Passagieren hohe Risiken einzugehen», heisst es im Bericht weiter. 

Die zwei Piloten waren zum Zeitpunkt des Absturzes 62 und 63 Jahre alt. In den beiden vorangehenden Monaten hatten sie insgesamt 28 Flüge gemeinsam absolviert. Dabei hatten sie mehrmals die vorgeschriebene Mindesthöhe nicht eingehalten.

Vor allem dem Piloten, der am Unfalltag als Captain fungierte, stellten Befragte aus seinem fliegerischen Umfeld ein schlechtes Zeugnis aus. Obwohl er mit 20’000 Flugstunden – davon fast 300 mit der Ju-Air – viel Erfahrung mitbrachte, beschreiben sie seine fliegerischen Fähigkeiten als «durchschnittlich mit Ausreissern nach unten. Im Weiteren wurde eine teilweise fehlende Selbstkritik und mangelnde Detailtreue bei Prüfungen beobachtet.»

Damit bestätigt der Abschlussbericht den vorläufigen Bericht, in dem die Ermittler die Piloten bereits mit den Begriffen «Unverwundbarkeit», «vermindertem Risikobewusstsein» und «fehlender Selbstkritik» in Verbindung brachten.

Ju-Air und BAZL in der Kritik

Doch das Fehlverhalten der Piloten ist nicht der einzige Grund für den Crash. Der Schwerpunkt des Flugzeugs habe sich während des Unfalls zu weit hinten befunden, schreibt die Sust weiter. Grund dafür war eine mangelhafte Flugvorbereitung und ein Fehler in einer Software.

Auch die Ju-Air und das Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZL) werden im Bericht scharf kritisiert: Die Ju-Air habe die Risiken nicht erkannt und die Regelbrüche ihrer Piloten nicht verhindert. Mehrere Voraussetzungen für einen sicheren Luftverkehrsbetrieb mit Passagieren seien nicht erfüllt gewesen. Das BAZL habe die Sicherheitsprobleme bei der Ju-Air nicht erkannt.

Die Sust hat insgesamt sieben Sicherheitshinweise für die Verbesserung der betrieblichen Führung und einen sicherheitsbewussten Umgang mit Risiken verfasst. 

Dazu gehören gezielte Nachschulungen der Flugbesatzungen in Sachen Disziplin, Einhalten von Regeln und insbesondere des sicheren Fliegens im Gebirge und der Anwendung elementarer fliegerischer Grundsätze.

Wirkungsloses System analysieren

Verbessert werden soll ferner das interne Fehlermanagement der Ju-Air. Meldungen der Piloten  zu sicherheitsrelevanten Ereignissen seien nicht weitergeleitet worden, womit ein Lerneffekt ausbleibe oder zumindest wesentlich verringert werde. 

Weil das Sicherheitsmanagementsystem der Ju-Air weitgehend wirkungslos geblieben sei, müsse das Unternehmen Risikoanalysen durchführen. 

Inspektionen verbessern

Das Bundesamt für Zivilluftfahrt soll mit der Ju-Air geeignete Massnahmen sicherstellen, dass die Ju-52-Schwesterflugzeuge HB-HOP und HB-HOS auf Korrosionsschäden und Mängel an Systemkomponenten überprüft werden. Das Bazl soll zudem dafür sorgen, dass Regeln für den Flugbetrieb mit Passagieren erlassen und den spezifischen Risiken von solchen Ju-52-Flügen Rechnung getragen werden.

Ferner gelte es, die Inspektionen zu verbessern. Das Bazl müsse dazu die «notwendige Fach- und Methodenkompetenz für die Aufsicht von historischen Luftfahrzeugen aneignen oder von unabhängiger Seite verfügbar machen».

Aufklärung dank Videos auf der Bevölkerung

Die Ju-Air will laut einer Mitteilung ihren Flugbetrieb 2023 wieder aufnehmen. Vor der Inbetriebnahme von Ju-52-Maschinen soll das Unternehmen laut Sust jedoch die wesentlichen Leistungsdaten ermitteln.

Eine Sicherheitsmassnahme wurde bereits am 16. August 2018 eingeführt. Seither muss die Ju-52 einen Logger an Bord führen.  Weil das Flugzeug bis dahin keine Aufzeichungsgeräte an Bord hatte, gestaltete sich die Untersuchung der Absturzes ausserordnetlich schwierig, wie es im Erklärvideo der Sust heisst. Demnach haben Bild- und Tonmaterial zum Crash, die die Bevölkerung zur Verfügung gestellt hatte, wesentlich zur Aufklärung der Unfalls beigetragen. 

In diesem Erklär-Video legt die Sust die Gründe für den Absturz der Ju-52 dar. (Quelle: Youtube)

So kam es zum Unglück

Am 4. August 2018 um 16.14 Uhr startete das historische Verkehrsflugzeug Junkers Ju 52/3m g4e, eingetragen als HB-HOT und betrieben durch die Ju-Air, vom Flugplatz Locarno zu einem Flug zum Militärflugplatz Dübendorf. Rund 40 Minuten später flog das Flugzeug auf einem nordnordöstlichen Kurs in den Talkessel südwestlich des Piz Segnas ein. Gegen das nördliche Ende des Talkessels begann das Flugzeug eine Linkskurve, die sich zu einer spiralförmigen Flugbahn gegen unten entwickelte. Wenige Sekunden später kollidierte das Flugzeug annähernd senkrecht mit dem Gelände. Alle 20 Personen an Bord des Flugzeuges kamen dabei ums Leben. Das Flugzeug wurde zerstört. (Quelle: Sust-Bericht)


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