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Ich bin nicht Zürcher

Veröffentlicht am: 14.06.2020 – 08.56 Uhr

Ich bin nicht Zürcher. Ich bin Kilchör. Mein Name sorgt oft für Irritationen, weil man ihn nicht kennt. «Grüezi Herr Zürcher», höre ich regelmässig am Telefon. Ist zwar nicht grad das Gleiche, aber vermutlich sagt man im Kanton Zürich zur Sicherheit einfach mal Zürcher, wenn man einen Namen nicht erkennt. (Hallo, hier ist Erdogan. - Ah, grüezi Herr Zürcher!)

Wenn die Leute den tatsächlichen Namen notiert haben, wollen sie manchmal wissen, wo er herkommt. Einige fragen nicht, sondern tippen schamlos. Kilchör sei ungarisch etwa. Oder türkisch. Wobei das mit der Türkei nur dann kommt, wenn sie mich nicht sehen. Irland habe ich auch schon gehört, weil der Wortteil «Kil» dort so viel heisst wie «heilig» – und das Aussehen auch passen würde.

Von wegen «Kil» liegen sie gar nicht so falsch. Mein Name ist zwar urschweizerisch, aber schon recht heilig. Als Kilch-, respektive Kirchherren (im Prinzip Sigriste) hielten sich meinesgleichen zumindest in heiligen Räumen auf. Bis zu jenem Vorfall, der zur Variation meines Namens führte.

Ein Familienspross aus dem Bernischen muss vor mehreren hundert Jahren aus lauter Not und Elend oder einfach Gier (ich hoffe ersteres) einen Opferstock geplündert haben – womöglich über längere Zeit hinweg immer wieder. Der diebische Spross flog jedenfalls auf und wurde aus der Gegend gejagt. Ihm blieb nichts anderes übrig als die dunkle Seite des Röstigrabens, wo man Kilchherr so ähnlich wie Kilschoer ausspricht. Wir kennen sie ja, die Französer.

So etablierte sich eine «version fran çaise » des relativ geläufigen deutschschweizerischen Geschlechts Kilcher, von dem es einigen in der Romandie scheinbar nicht allzu gut gefiel. Jahre, vielleicht Jahrzehnte später kehrten Franko-Kilchers zurück auf die helle Seite der Schweiz, blieben im deutschsprachigen Teil des Kantons Fribourg hängen und etablierten sich als Kilchör-Clan. So oder ähnlich hat man mir unsere Herkunft überliefert - die Geschichte ist nur geringfügig fiktiv ausgeschmückt, aber noch hübsch und äusserst plausibel, oder? (Übrigens soll es dann auch Kilchörs gegeben haben, die sich aus unerklärlichen Gründen ins Welschland zurückbegaben und aus denen das Geschlecht Kilchoer entstand - mit oe statt ö.)

Jedenfalls klärt die Geschichte die Sachlage ein für allemal. Ich bin nicht Zürcher, ich bin Fribourger. Und Kilchör.

David Kilchör bestreitet seinen Blog wie sein Leben: Ohne Plan, ohne Themenschwerpunkt. Dafür mit viel Vertrauen, dass es trotzdem gut kommt. Oder zumindest nicht im Desaster endet. Und w enn es doch im Desaster endet, macht er daraus seinen nächsten Blogeintrag.


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