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«Wir wollen niemanden schikanieren»

Am diesjährigen Albanifest können sich Allergiker erstmals bei den Standbetreibern nach Inhaltsstoffen im Essen erkundigen. Noch mehr Vorschriften sind den Vereinen aber ein Dorn im Auge.

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Veröffentlicht am: 29.06.2018 – 23.05 Uhr

Farbenfroh, vielfältig, bunt durchmischt – und durchreglementiert. Unter die Festbrüder, Feinschmecker und Feel-Good-Anhängerinnen am Albanifest mischen sich während drei Tagen auch Polizisten, Lebensmittelkontrolleure und Behördenvertreter auf offizieller Mission.

Die Rolle der miesepetrigen Spielverderber im fröhlichen Festgetümmel scheint ihnen wie auf den Leib geschneidert. «Gaskontrolle, Sicherheitskontrollen der elektrischen Installationen, Unfallschutz. Das alles verursacht für die Vereine immer höhere Ausgaben», erklärt Steve Mazotti vom Walliserverein Winterthur. In der Festwirtschaft, wo sich der Raclette-Duft ausbreitet, ist er der Chef.

«Brot: Gluten. Raclette-Käse: Laktose»

Und jetzt also auch noch die Pflicht, über allergene Stoffe im Essen Bescheid zu wissen, falls sich jemand erkundigen will. Ein gut sichtbarer Hinweis auf dieses Informationsangebot muss an den Ständen angebracht sein. So will es ein neues eidgenössisches Gesetz von 2017, das nach Übergangsbestimmungen nun erstmals auch am Albanifest zur Anwendung kommt.

Softeis? Für Laktoseintolerante womöglich nicht das Beste.

«Brot: Gluten. Raclette-Käse: Laktose», heisst es nun also auf der Deklarationsliste des Walliservereins zusätzlich. Auch andernorts wird die Vorgabe geflissentlich umgesetzt. Die Ankündigung des städtischen Lebensmittelinspektorats, bei Vergehen Bussen zu verteilen, hat ihre Wirkung getan. Das Organisationskomitee um Daniel Frei sensibilisierte die Vereine bereits im Frühjahr an einer Informationsveranstaltung für das Thema.

Stadtpolizei will Fest nicht vermiesen

Dabei versichert Matthias Uhlmann von der Stadtpolizei Winterthur, dass bei den Kontrollen der Verhältnismässigkeit Rechnung getragen werde. «Eine mangelhafte Deklaration hat nicht gleich eine Busse zur Folge», sagt er. «Wir suchen den Dialog, wollen niemanden schikanieren und fürchten uns auch nicht vor allzu einschneidenden Konflikten mit den Standbetreibern.» Die neuen Bestimmungen seien vergleichsweise einfach umzusetzen, findet er. Man könne sich ja im Netz informieren.

Dies bestätigen die Anbieter der verschiedenen Stände und Festwirtschaften. «Wir unterstützen die Tätigkeit des Lebensmittelinspektorates», sagt Bruno Feldmann, Albanifest-OK-Chef des TV Pflanzschule. Peter Kägi, in gleicher Funktion beim FC Seuzach tätig, ist für Kontrollen ebenso gewappnet wie viele andere. Heikel sind bei ihm höchstens die Crevetten, doch mit einer Kennzeichnung und der Instruktion des Personals sei die Arbeit eigentlich getan. «Insofern ist das für uns kein so grosser Aufwand.»

Vereine sind angefressen

Doch aller Toleranz zum Trotz gibt es auch unter den diplomatischen Stimmen Kritik. Sie kommt praktisch bei allen Befragten, weil die Lebensmittelvorschrift nur die Spitze des Eisbergs ist. «Der Aufwand, am Fest teilzunehmen, wird immer grösser. Jährlich treffen neue zusätzliche Vorschriften ein und so wird es immer schwieriger, alles umzusetzen. Es ist ein gewisser Unmut da», meint Andrea Schwengeler, Präsidentin der Naturfreunde Winterthur. «Diese administrativen Auflagen bedeuten für die ehrenamtlichen Vereine einen Mehraufwand, welcher nicht zu unterschätzen ist», ergänzt Turner Feldmann.

Und Dani Eichelberger, Präsident der Fasnachtsgugge «Mörsburg-Schränzer hat gar schon Konsequenzen gezogen. «Wir bieten bereits seit Jahren kein Essen mehr an. Dies zum Teil aus finanziellen Überlegungen, aber auch aufgrund der ständig wachsenden Anforderungen.»

OK sichert Unterstützung zu

Dass das Angebot kleiner wird, ist das Letzte, was Daniel Frei will. Der OK-Chef des grössten Altstadtfestes Europas, wie sich das Albanifest preist, hat Verständnis für die nicht gerade begeisterten Reaktionen der Vereine. «Wir finden das auch nichts Lässiges. Aber es ist müssig, darüber zu diskutieren. Es ist ein eidgenössisches Gesetz, und das gilt es umzusetzen.»

Bietet Hand für Lösungen: OK-Chef Daniel Frei

Immerhin sei die Lebensmitteldeklarationspflicht etwas, das keine zusätzlichen Kosten verursache. «Wir wissen, dass gewisse Vereine auf die Einnahmen angewiesen sind und jeder Kostentreiber negativ beurteilt wird.

Das Organisationskomitee unternimmt Anstrengungen, um die Hürden für die Vereine möglichst tief zu halten. Neben dem Informationsanlass wurden der Anschreibpflicht wegen vorgefertigte Karten zur Verfügung gestellt. «Wir machen uns sehr viele Gedanken, wie wir die Vereine noch besser unterstützen können», sagt Frei. Im Hinblick auf die Austragung im nächsten Jahr wolle man ein neues Vereinskonzept ausarbeiten. Schliesslich verfolge man das Ziel, auch neue potenzielle Interessierte für den Betrieb eines Gastro-Angebotes am Fest zu begeistern.

Kopfschütteln statt Kopf schützen

Wo der Gesetzgeber Vorschriften erlässt, ist die Frage nach dem Sinn der Massnahmen meistens nicht weit. Sie mischt sich ins allgemeine Unverständnis und verstärkt es noch. Beim Zeltaufbau sind die Helfer des Walliservereins angehalten, Helme zu tragen. Und dies inmitten der bei Feierabend gut bevölkerten Stadthausstrasse. «Die Gefahr, dass die Passanten getroffen werden ist viel grösser, als dass uns selbst etwas passiert», berichtet Steve Mazotti. Und darüber hinaus seien Allergiker ja im Allgemeinen selbst am besten informiert, bei welchen Speisen sie allenfalls vorsichtig sein müssten.

Dass die Lebensmittelkontrolleure womöglich die einzigen sein werden, die sich nach den allergenen Inhaltsstoffen im Essen erkundigen werden, kann auch Polizist Uhlmann nicht ganz ausschliessen. Die Kontrollplanung des eingesetzten Personals am Albanifest hält er vorsorglich geheim.


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