nach oben

Anzeige

Er bleibt kämpferisch: Veloplus-Gründer Martin Wunderli nach dem Start der neuen Velo-Fachhandelskette der Migros. (Bild: Seraina Boner)

Migros-Offensive stösst auf heftige Kritik

Mit zunächst drei Filialen steigt die Migros in den Velo-Fachhandel ein. Die Firma Veloplus aus Wetzikon glaubt, damit umgehen zu können – besorgter ist ein Velohändler aus Volketswil.

Er bleibt kämpferisch: Veloplus-Gründer Martin Wunderli nach dem Start der neuen Velo-Fachhandelskette der Migros. (Bild: Seraina Boner)

Veröffentlicht am: 04.03.2017 – 05.38 Uhr

Die Kampfansage an den Velo-Fachhandel ist unüberhörbar: Am Donnerstag, 2. März, hat die Migros im Volketswiler Industriegebiet ihren ersten Fachhandelsshop für Velos eröffnet. Bike World heisst der neue Grossist. Noch diesen Monat folgen weitere Eröffnungen in Winterthur und Muri bei Bern (wir berichteten).

Was können die Migros-Velos? Redaktor Martin Liebrich hat das Angebot getestet. (Video: Laurin Eicher)

Direkt betroffen vom neuen Player auf dem Fahrradmarkt ist Veloplus. Der Fachhändler mit Hauptsitz in Wetzikon existiert seit 30 Jahren. Derzeit betreibt er acht Standorte in der Schweiz – auch einen in Winterthur. Ist es nur ein Zufall, dass die Bike World ausgerechnet dort eine ihrer ersten Filialen ansiedelt? – Veloplus-Gründer und VR-Präsident Martin Wunderli glaubt das nicht: «Die Migros kopiert uns seit Jahren.» Schon der Name Bike World sei eine Abwandlung des Konzepts «Velo-Welten», das Veloplus vor Jahren eingeführt hat.

Logische Geschäftsstrategie

Im Vorfeld zur Filialeröffnung seien Verantwortliche von der Bike World in Veloplus-Läden aufgetaucht, um sich «umzusehen», berichtet Wunderli. Zudem hätten sie gezielt versucht, Mitarbeiter abzuwerben. «Wir nehmen den Markteintritt sehr ernst und werden eine genaue Konkurrenzanalyse machen.»

Überrascht über das Vorgehen der Migros ist Wunderli nicht. Das grösste Detailhandelsunternehmen der Schweiz fokussiere seit Jahren auf den Freizeitmarkt. Seine Tochterunternehmungen SportXX und Digitec Galaxus bewegen sich in einem Segment, das auch Zubehör

für Velos und Velobekleidung mit einschliesst. Mit der Marke «m-way» ist die Migros in den Fachmarkt für E-Mobilität und E-Velos vorgestossen.

Insofern ist es aus Sicht von Martin Wunderli nur konsequent, dass die Migros mit Bike World die Distributionslücken schliessen will.

Die Leidtragenden dieser Expansionsstrategie werden in erster Linie die kleinen Veloläden sein, ist Wunderli überzeugt. «Eine solche Marktverzerrung killt Arbeitsplätze.»

Resignation in Volketswil

Besonders betroffen ist das Bike Center Hegnau aus Volketswil. Es muss sich nun auf einen Konkurrenten direkt am Ort einstellen. Geschäftsführer Peter Löscher spricht von einer «Armada von 450 Bikes», die die Bike World anbieten kann. Er selber hat nur rund 120 Modelle im Sortiment. «Bike World klotzt förmlich und bietet einzelne Velos fast zum Einkaufspreis an», sagt Löscher. «Da können wir nicht mehr mithalten.»

Veloplus ist von dieser Preisoffensive weniger stark betroffen. Die Firma verfügt über ein riesiges Sortiment an Zubehör sowie Bekleidung und kann Bike World in dieser Hinsicht das Wasser reichen. Trotzdem kritisiert Wunderli die Dumpingpreis-Politik der Migros. Sie könne nahezu unbegrenzte finanzielle Mittel aufwenden, um sich am Markt zu etablieren. «Das Geschäft muss nicht einmal rentieren.»

An der Eröffnung in Volketswil nannte Spartenleiter Roman Müller die neue Fachhandelskette einen «Businesscase» – einen wirtschaftlichen Versuchsballon. Wunderli hält es aber für ausgeschlossen, dass Bike World in den ersten Jahren Gewinne erwirtschaftet. Eine Firma wie Veloplus könne es sich hingegen nicht leisten, den «Break-even-Point» erst nach Jahren zu erreichen.

Profil herausarbeiten

Der stationäre Einzelhandel hat noch ein Problem: die wachsende Online-Konkurrenz. Der Markteintritt der Migros ist für Wunderli und sein Team ein weiterer Ansporn, das Geschäftsprofil

zu schärfen und Alleinstellungsmerkmale herauszuarbeiten. «Im Unterschied zur Migros haben unsere Mitarbeiter die nötige Fachkompetenz», sagt Wunderli.

Jedes Velo und Velozubehör, das bei Veloplus angeboten werde, sei von geschultem Personal getestet worden. Was nicht überzeugen konnte, komme gar nicht erst ins Sortiment. Zudem setzt Veloplus auf Kälteanlagen und auf ein Monsun-Labor, um Winterkleidung und Regenjacken einem Stresstest zu unterziehen.

Als tragende Säule seines Unternehmens bezeichnet Wunderli aber die enge Zusammenarbeit mit den Kunden: Ob Sattel, Lenker oder Rahmen – alle Bestandteile des Velos würden an die Bedürfnisse und an die Ergonomie des jeweiligen Kunden angepasst. Die Produktion dieser «konfigurierten» Velos findet komplett in der Schweiz statt. Aber auch die importierten Modelle werden vor dem Verkauf in der Rütner Logistik neu aufgebaut und angepasst.

Glaube an Strategie

In der Beratung sieht Wunderli denn auch einen Wettbewerbsvorteil gegenüber den Bike-World-Filialen. Zwar wirbt auch der neue Grossist mit dem Versprechen von persönlicher Beratung. Ob er trotz der schieren Grösse das gleiche Beratungsniveau erreichen könne wie Veloplus oder die kleinen Veloläden, bleibe abzuwarten, so Wunderli. «Ich glaube an unsere Strategie. Solange wir kopiert werden, machen wir offenbar etwas richtig.»

Beim Bike Center Hegnau in Volketswil ist die Stimmung etwas gedrückter. «Wir müssen abwarten, ob unsere Kunden uns die Treue halten. Mit den Preisen können wir jedenfalls nicht weiter runtergehen. Sonst müssen wir irgendwann das Handtuch werfen», sagt Peter Löscher.


Dieser Artikel wurde automatisch aus unseren alten Redaktionssystemen auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: servicedesk@zol.ch

Kommentar schreiben

Bitte geben Sie ein Kommentar ein.

Wir veröffentlichen Ihren Kommentar mit Ihrem Vor- und Nachnamen.
* Pflichtfeld

Anzeige

Anzeige