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Primarschulpräsidentin Patricia Bernet (SP) und ihr neuer Finanzvorstand Erich Werder (parteilos) wehren sich gegen die Vorwürfe des Stadtrates. (Bild: Christian Merz)

«Der Angriff des Stadtrates erschwert die Zusammenarbeit»

Die Primarschule musste von allen Seiten zum Teil harsche Kritik für ihre Finanzpolitik einstecken. Jetzt reicht es der Primarschulpflege: Der neue Finanzvorstand wehrt sich vehement gegen die Vorwürfe und kritisiert seinerseits den Stadtrat.

Primarschulpräsidentin Patricia Bernet (SP) und ihr neuer Finanzvorstand Erich Werder (parteilos) wehren sich gegen die Vorwürfe des Stadtrates. (Bild: Christian Merz)

Veröffentlicht am: 22.08.2017 – 22.30 Uhr

Zwischen der Primarschule Uster und dem Stadtrat wurde in den letzten Monaten viel Geschirr zerschlagen. Die Primarschule Uster präsentierte für das Jahr 2016 ein Minus von rund 2 Millionen Franken. Insbesondere Stadtrat Cla Famos (FDP), dem das Gesamtbudget der Stadt untersteht, kritisierte die Primarschule für ihre Informations- und Finanzpolitik.

Der Stadtrat leitete daraufhin Sofortmassnahmen ein und unterstellte unter anderem die Finanzverantwortliche der Primarschulverwaltung formell der Finanzabteilung der Stadt.

Auch im Ustermer Parlament hagelte es für Primarschulpräsidentin Patricia Bernet (SP) Kritik. Sie gelobte die Prozesse zu verbessern und die Fehler der Vergangenheit aufzuarbeiten.

«Politisch höchst fragwürdig»

Mitte Juli wurde dann bekannt, dass die Primarschule auch für das laufende Jahr mit einem Minus von 3 Millionen Franken im Vergleich zum Budget rechnet.

Dennoch verzichtete die Primarschule darauf, einen Nachtragskredit zu beantragen und wollte den Gemeinderat lediglich über das Defizit vorinformieren. Dies, weil es sich bei den Ausgaben nach Ansicht der Primarschule um gebundene Ausgaben handelt (wir berichteten).

Die Mehrheit des Stadtrates war anderer Meinung und verschickte letzte Woche eine harsch verfasste Weisung zu den Nachtragskrediten der Stadt an die Ustermer Parlamentarier.

Darin heisst es unter anderem: Das Vorgehen der Primarschule sei «politisch wie auch finanzrechtlich höchst fragwürdig». Der Stadtrat sei über das erneute Defizit «höchst erstaunt».

Er verlange von der Primarschulpflege, dass sie die finanzielle Verantwortung voll wahrnehme. Schliesslich habe die Primarschule bereits im Juni Einsparungen von rund 250‘000 Franken beschlossen.

Gemeinderat soll eigene Schlüsse ziehen

Zum Abschluss der Weisung heisst es: «Aus all dem ist leider wenig von der angekündigten Verantwortungsübernahme, von der Aufarbeitung, vom Neustart mit einem neuen, kompetenteren Team und von den vertrauensbildenden Massnahmen zu erkennen.»

Der Stadtrat fordert den Gemeinderat auf, das Vorgehen der Primarschule kritisch zu hinterfragen und als übergeordnetes Organ entsprechende Schlüsse zu ziehen.

Stadtrat Cla Famos (FDP) nimmt die Primarschulpflege in die Pflicht. (Archivbild: Nicolas Zonvi)

Nach Kritik: Neuer Finanzchef am Ruder

Nach dieser erneuten Breitseite des Stadtrates widerspricht die Primarschulpflege auf Nachfrage von Züriost der Darstellung des Stadtrates vehement: «Wir haben unsere Konsequenzen gezogen und sind seit dem Frühjahr daran, Budget- und Finanzabläufe sowie Prozesse zu verbessern», sagt Bernet.

Zudem wurde bekannt, dass der bisherige Finanzvorsteher der Primarschulpflege, Fredy Ulmer, Mitte Juli sein Amt abgegeben hat. Aus persönlichen Gründen, wie Patricia Bernet sagt. Ulmer selbst wollte sich ohne ausdrückliche Autorisierung der Schulpflege nicht zum Thema äussern. Er bleibt aber Mitglied der Primarschulpflege und ist neu zuständig für das Ressort Informatik. 

Neu wird das Ressort Finanzen innerhalb der Primarschulpflege von Erich Werder (parteilos) geführt, der bisher fürs Qualitätsmanagement in den Schulen zuständig war.

Werder ist wie Bernet «gelinde gesagt irritiert über den Antrag des Stadtrates». Die Primarschulpflege sei dezidiert der Meinung, dass sie die Budgetabweichungen 2017 in den Informationsdokumenten zum Nachtragskredit klar und deutlich erklärt habe.

Gemeinsam aus der Krise? Patricia Bernet und ihr neuer Finanzvorstand Erich Werder. (Bild: Christian Merz)

Gewählte Volksvertreter

Insbesondere die Art und Weise, wie der Stadtrat mit der Primarschule umgehe, stört Werder. «Wir sind als Primarschulpfleger wie die Stadträte gewählte Volksvertreter und erfüllen unsere Aufgabe seriös.»

Die Primarschule sei daran interessiert, konstruktiv mit dem Stadtrat zusammenzuarbeiten und die Fehler der Vergangenheit aufzuarbeiten. Dazu gehöre fraglos auch Kritik ernst zu nehmen.

Aber: «Seit bald einem Jahr gestaltet sich die Zusammenarbeit mit dem Stadtrat schwierig.» Der Umgangston und die Zusammenarbeit müssten dringend verbessert werden.

Damit wolle die Primarschule jetzt anfangen und erklären, wie es zur Budgetüberschreitung 2016 gekommen sei. «Im Jahr 2016 hatte die Schulpflege ursprünglich sehr genau budgetiert», erklärt Patricia Bernet.

Ein folgenschwerer Fehler

Der erste Budgetvorschlag 2016, den sie im Herbst 2015 beim Stadtrat eingereicht hatte, belief sich auf 38,2 Millionen Franken. Diesen Vorschlag wies der Stadtrat allerdings zurück und verlangte Kürzungen.

«Und genau da haben wir mangels Fachwissen in der Schulverwaltung und wegen unserer eigenen Blauäugigkeit den entscheidenden Fehler begangen», sagt Bernet. Die Primarschulpflege strich aufgrund des Spardrucks Lohnkosten für Lehrer, die sie bereits vertraglich angestellt hatte. Der Abgleich zwischen den Kosten und der daraus resultierenden Leistungsreduktion ist nicht erfolgt. Entsprechend stimmten die Kosten im Vergleich zu den Leistungen im NPM-Bericht 2016 nicht überein, erklärt Bernet.

«Hätten wir auf unserem Standpunkt beharrt und das Budget mit dem Hinweis ‚es gibt kein Kürzungspotenzial‘ an den Stadtrat zurücküberwiesen, hätten wir fast eine Punktlandung hingelegt», sagt der neue Finanzvorstand Werder. Die Rechnung 2016 der Primarschule schloss nur 200‘000 Franken über dem ursprünglichen Budgetvorschlag.

Denselben Fehler beging die Primarschule auch ein Jahr später und verliess sich auf die falschen Budgetzahlen aus dem Vorjahr, ohne die aktuelle Kostenentwicklung miteinzubeziehen. «Das war falsch und wird uns so nicht nochmals passieren», sagt Patricia Bernet. «Die eklatanten Mängel kamen leider erst ein knappes Jahr nach der Budgetierung für das Jahr 2017 ans Licht.»

Die Begründung für die Mehrkosten

Entsprechend begründet die Primarschule auch ihre Mehrkosten 2017. Allein 2,5 Millionen Franken Lohnkosten wurden trotz steigenden Schülerzahlen (siehe Box) zu tief budgetiert. Hinzu kommen 400‘000 Franken mehr für Sonderschulungsmassnahmen und 240‘000 Franken mehr für das Wachstum bei den Tagesstrukturen.

Für all diese Bereiche habe die Schule einen gesetzlichen Auftrag oder nur einen kleinen Spielraum im Volksschulgesetz. Diese Kosten könne man nicht einfach einsparen, ohne Leistungen zu kürzen, sagt Werder. «Während für den Finanzvorstand Cla Famos steigende Fallzahlen bei der Sozialhilfe ein Grund für Mehrkosten sind, sind steigende Schülerzahlen offenbar kein Grund für steigende Kosten. Wir wünschen uns eine Gleichbehandlung», sagt Bernet.

Die Kosten in der Primarschule werden weiter steigen
 
Die Gesamtkosten in der Primarschule werden in den nächsten Jahren weiter steigen. Zwischen 2008 und 2014 wuchs die Primarschule pro Jahr um durchschnittlich 12 Schüler auf rund 2600 Schüler. Von 2015 bis 2018 kommen jährlich durchschnittlich 67 neue Schüler dazu. Das entspricht einem Wachstum von 268 Schülern oder 10 Prozent. «Die Schulpflege plant sehr sorgfältig und nimmt auch Leistungskürzungen vor. Doch wie sollen die Gesamtkosten auf demselben Stand bleiben, wenn gleichzeitig die Schülerzahl deutlich steigt?» », fragt Bernet lakonisch. Diese Entwicklung wird anhalten (siehe Grafiken). Die Primarschule rechnet bis 2020 mit einem Wachstum auf 3000 Schüler.
 
Aussagekräftiger als Schülerzahlen und Gesamtkosten sind die Kosten pro Schüler. Diese sind zwar im Jahr 2016 um 323 Franken gestiegen, weil der Gemeinderat die Lektionenzahl des Unterrichts Deutsch als Zweitsprache (Daz) erhöhte. Zieht man aber diese Kosten ab, hat die Primarschule 2016 pro Schüler rund 70 Franken weniger ausgegeben, als noch 2015. 2018 wird sie gemäss Budgetvorschlag der Primarschulpflege weniger pro Schüler ausgeben als noch im Jahr 2016. (mae)

«Primarschule hat Handlungsspielraum» 

Eine Ungleichbehandlung sieht Finanzvorstand Cla Famos allerdings nicht vorliegen. Es sei unbestritten, dass die Primarschule vorgegebene Kosten habe. «Aber es sind nicht alles gebundene Kosten. Die Schule hat durchaus Handlungsspielraum und hätte einen Nachtragskredit einreichen müssen.»

Schliesslich habe die Primarschule selbst im laufenden Jahr 230‘000 Franken für nicht absolvierte Weiterbildungen, Beratungen, Übersetzungen und weitere Sachkosten beschlossen.

Famos stört aber weniger die aktuelle Begründung der Überschreitung, sondern der abrupte Richtungswechsel der Primarschule. «Es kann nicht sein, dass die Primarschule die geforderten Zahlen als einzige Abteilung nur auf provisorischer Basis liefert, mit der Absichtserklärung einen Nachtragskredit einzureichen; und dann zwei Tage vor den Sommerferien den Nachtragskredit zurückzieht mit der Begründung: ‚die Kosten sind gebunden‘.»

Deshalb musste der Stadtrat «in seiner politischen und finanziellen Gesamtverantwortung die Sache beim Namen nennen», erklärt Famos. Man wolle zwar zurück zu einer normalen Zusammenarbeit finden, dies bedeute allerdings ein Entgegenkommen von beiden Seiten. Und vor allem: «Die Primarschule muss sich an die allgemeinen Regeln halten und ein verlässlicher Partner sein.»

Vom geforderten Entgegenkommen spüre die Schulpflege aber von Seiten des Stadtrates bisher sehr wenig, sagt Erich Werder. «Die Art und Weise, wie Personal über unsere Köpfe hinweg verschoben wird oder unsere Bücher extern überprüft werden, stört uns.»

Dieser erneute Angriff auf die Primarschule erschwere die Zusammenarbeit nun zusätzlich. Werder sagt dazu: «Es kann doch nicht sein, dass sechs Stadträte, die weit weg von den Schulthemen sind, 13 Primarschulpfleger überstimmen, die sich fast täglich mit dem Schulbetrieb beschäftigen».


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