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Petra Gygax im Unterrichtszimmer in ihrem Zuhause: «Ich finde es schade, wenn sich Menschen mit Lese- oder Schreibschwäche zurückziehen. Ihnen bleiben leider viele für uns alltägliche Dinge verwehrt. Dies möchte ich ändern.» (Bild: Beatrice Zogg)

Maurmerin hilft bei Leseschwäche

«Wer Mühe hat mit Lesen, dem bleiben viele Dinge im Alltag verwehrt», sagt Petra Gygax aus Forch. Dies möchte sie ändern. Sie bietet Lese- und Sprachunterricht für erwachsene Illetristen an.

Petra Gygax im Unterrichtszimmer in ihrem Zuhause: «Ich finde es schade, wenn sich Menschen mit Lese- oder Schreibschwäche zurückziehen. Ihnen bleiben leider viele für uns alltägliche Dinge verwehrt. Dies möchte ich ändern.» (Bild: Beatrice Zogg)

Veröffentlicht am: 20.04.2017 – 16.00 Uhr

Rund 800'000 erwachsene Schweizer lesen und schreiben nicht gut genug, um den Alltag problemlos zu bewältigen. Ihnen fällt es schwer, ein Zugbillett am Automaten zu lösen, Zeitungstexte zu verstehen oder eine Weiterbildung zu besuchen. «Menschen mit einer Schreib- oder Leseschwäche kaschieren dies meist gut. Sie entwickeln Strategien, um ihre Defizite zu verbergen», sagt Petra Gygax aus Forch.

Als Erwachsener nochmals einen neuen Anlauf zu nehmen und ­lesen und schreiben zu lernen, sei nicht einfach. «Dazu braucht es Mut und Überwindung. Genau hier möchte ich meine Hilfe anbieten», so Gygax. Mit viel Geduld und Empathie bietet die 57-Jährige in ihrem Zuhause Privatstunden für Leute mit Lese- oder Schreibschwäche an.

Eine «Herzensangelegenheit»

Früher arbeitete Gygax als Fachfrau für Intensivpflege. «Viele Jahre habe ich mit Freude Pflegefachleute unterrichtet und ausgebildet», meint sie. Die Maurmerin hat einen Abschluss als Erwach­senen-Ausbildnerin und arbeitet heute Teilzeit in der Arztpraxis ihres Mannes. Da ihre drei Kinder bereits erwachsen sind, möchte sie nun ihre «Herzensangelegenheit», den Sprachunterricht für Illetristen, neu anpacken.

Anders als Analphabeten haben Illetristen die obligatorische Schulzeit absolviert. Aber wegen ihrer tiefen Schreib- und Lesekompetenz sind sie den steigenden Anforderungen im Alltag nicht ­gewachsen. «Ich finde es schade, wenn sich Menschen mit Lese- oder Schreibschwäche zurückziehen und ihnen viele für uns alltägliche Dinge verwehrt bleiben», begründet Gygax ihre Motivation.

Privatunterricht zuhause

Sie hat eine eigene Website erstellt und hat in der Dorfzeitung «Maurmer Post» ein kleines Inserat ­geschaltet. Daraufhin haben sich einige Personen gemeldet. Zwar keine Illetristen, ihr eigentlich anvisiertes Zielpublikum, dafür Ausländerinnen, die besser Deutsch lernen möchten –meist aus beruflichen Gründen.

«Auch unter diesen hat es Menschen mit Lese- und Schreibschwächen. Oftmals hat die schulische Ausbildung im Herkunftsland nur mangelhaft oder gar nicht stattgefunden», sagt Gygax. Die Frauen, die sich gemeldet haben, wollte die Maurmerin aber nicht einfach abweisen. «Ich gebe ihnen nun bei mir zu Hause Privatunterricht.»

Eine erste Schnupperstunde kostet bei ihr 20 Franken, eine 60 Minuten dauernde Lektion 40 Franken. Wer ein Abo für zehn Stunden löst, erhält Rabatt.

Humorvoll und Alltagsnah

Der Unterricht findet entweder im geräumigen Wohnzimmer oder im extra eingerichteten Unterrichtsraum im ersten Stock statt. Mit ihrer offenen und sympathischen Art nimmt Gygax ihren Schülerinnen schnell die Scheu. Sie versuche den Unterricht humorvoll und alltagsnah zu gestalten, sagt sie.

Gibt es Verständigungsprobleme, helfen Wörterbücher oder Zeichnungen. «Erst kürzlich malte mir eine kurdische Frau zwei Menschen und ein Herz auf, um zu verdeutlichen, dass diese in einer Beziehung sind», so Gygax. «In Sprachschulen werden oft Standardsätze gelernt, die im Gespräch dann oftmals hölzern oder künstlich wirken.» Sie stimme den Sprachunterricht auf das Umfeld der Schüle­rinnen und Schüler ab, wolle einen Alltagswortschatz vermitteln.

«Niemand muss sich schämen»

Neben dem Sprachunterricht für Fremdsprachige hofft Petra Gygax, dass sich bei ihr nun doch noch ­jemand meldet, der nicht Deutsch als Fremdsprache lernen, sondern seine Lese- und Schreibschwäche überwinden möchte. «Niemand muss sich dafür schämen. Gemeinsam können wir es anpacken», ist sie überzeugt.


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