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Hier hätte er sich ein paar tröstende Worte der Pfarrerin gewünscht : Roland Wildhaber am Grab seines Lebensgefährten. (Bild: Christian Merz)

Keine Grabrede wegen Kirchenaustritt

Ein Fall aus Fällanden zeigt: Wer aus der Kirche austritt, hinterlässt beim Tod seinen Angehörigen Probleme, wenn diese bei der Abdankung kirchliche Dienste wünschen. Gemäss den Kirchen kommt das immer häufiger vor.

Hier hätte er sich ein paar tröstende Worte der Pfarrerin gewünscht : Roland Wildhaber am Grab seines Lebensgefährten. (Bild: Christian Merz)

Veröffentlicht am: 27.03.2017 – 17.00 Uhr

Karlis Gulbis ist im Alter von 39 Jahren verstorben, an Magenkrebs. Seit seinem Todestag sind mehr als neun Monate vergangen. Sein Lebenspartner Roland Wildhaber wird nie vergessen, wie er ihn an diesem 1. Juni ins Spital Zollikerberg bringen lassen musste. Monatelang hatte er ihn zuvor zu Hause in Fällanden gepflegt. Wenige Stunden nach der Einlieferung war Gulbis tot.  «Das war für mich so unsäglich schmerzvoll, es gibt keine Worte dafür,» sagt Wildhaber Mit Wehmut erinnert er sich, wie sein Lebenspartner kurz vor seinem Tod noch nach einem Gläschen Chardonnay verlangte.

Abdankung gegen Eintritt

Wildhaber kümmerte sich um die Organisation der Beerdigung. Dabei nahm er Kontakt mit der Pfarrerin der Reformierten Kirchgemeinde Fällanden auf: «An ihren Namen kann ich mich leider nicht mehr erinnern.» Wildhaber bat die Pfarrerin eine Grabrede für seinen konfessionslosen Lebenspartner zu halten: «Einfach ein paar Worte, mehr nicht.»

Die Pfarrerin sei anur sehr schwer von diesem Wunsch zu überzeugen gewesen, so Wild­haber. «Plötzlich eröffnete sie mir, dass sie eine Rede halten würde, wenn ich im Gegenzug in die Reformierte Kirche eintreten würde.» Für Wildhaber «ein Erpressungsversuch vom Schlimmsten». Er vermutet, dass die Pfarrerin sich auch nicht zu einer Rede durchringen konnte, weil er und sein Partner ein gleichgeschlechtliches Paar waren. Das Gespräch war für ihn jedenfalls höchst ­unerfreulich und beschäftigte ihn lange. Wildhaber schrieb der Kirchgemeinde am 1. Februar einen Brief, in der er das Vorgefallene schilderte.

Problem erkannt

Durch die vermehrten Kirchenaustritte käme es tatsächlich ­immer häufiger vor, dass sich ­Angehörige von Konfessionslosen kirchliche Dienste bei Abdankungen wünschen, bestätigt Catherine McMillan, Pfarrerin der Reformierten Kirchgemeinde Dübendorf. Ihre Gemeinde sei seit einiger Zeit daran, eine einheitliche Handhabung zu erarbeiten. 

Bei den Schwerzenbacher Reformierten kommt es ein-, zweimal pro Jahr vor, dass Konfessionslose eine Abdankung wünschen, das bei 15 bis 18 Bestattungen pro Jahr. «Wir machen eine Abdankung nur, wenn die Hinterblie­benen der Reformierten Kirche angehören – das ist dann auch kostenlos», so die Auskunft der Reformierten Kirchgemeinde.

Rat der Landeskirche

Die Evangelisch-reformierte Landeskirche des Kantons hat eine Handreichung zur Thematik «Kirchliche Dienste für Nicht­mitglieder» erarbeitet.

Darin ist unter anderem festgehalten, dass für Verstorbene, die der Landeskirche nicht angehört haben, auf deren letzten Wunsch hin oder aus seelsorgerlichen Gründen gegenüber den Angehörigen eine kirchliche Abdankung erfolgen könne – dies nach sorgfältiger Abklärung durch die Pfarrperson. Dafür dürfte jedoch grundsätzlich keine Gebühr erhoben werden, denn so der Kirchenrat in seiner Empfehlung: «Die Landeskirche verkauft keine Gottesdienste.»

Katholiken: meist möglich

Im katholischen Seelsorgeraum Dübendorf-Fällanden-Schwerzenbach kommt es gemäss Vikar Luis Varandas sehr selten vor, dass Konfessionslose bei der Abdankung kirchliche Dienste in Anspruch nehmen möchten: «Wenn jemand aus der Kirche austritt, ist er sich der Konsequenzen bewusst.»

Falls die Angehörigen eine kirch­liche Abdankung wünschen, werde ihnen das in der Regel gewährt. «Ausser die ausgetretene Person hat dies ausdrücklich abgelehnt. Dann gilt es, das zu respektieren», so Seelsorger Varandas. Den Angehörigen entstünden durch die Dienste der Katholischen Kirche keine Kosten. «Wir legen jedoch in solchen Fällen eine Spende an eine wohltätige Institution nahe.»

Keine Reaktion auf Brief

Roland Wildhaber wäre gerne bereit gewesen, etwas für die Dienstleistung der reformierten Pfarrerin zu zahlen. Dem Grabredner, den er schliesslich engagierte, bezahlte er 870 Franken. Wildhaber schrieb der Kirchgemeinde am 1. Februar einen Brief, in der er das Vorgefallene schilderte.

Auf eine Antwort au seinen Bref an die Reformierte Kirchgemeinde Fällanden wartet er noch heute. Auf Nachfrage des «Zürcher Oberländers», wie es die Kirchgemeinde mit den Abdankungen für Kon­fessionslose halte, schickt Uwe Müller-Gauss die Handreichung der Landeskirche «Wir halten uns an diese Empfehlungen/Vorgaben der Landeskirche», schreibt der Interimspräsident der Kirchenpflege. Die weiteren Fragen bleiben unbeantwortet. Auch welche Pfarrerin damals die telefonische Auskunft erteilte, lässt sich nicht mehr herausfinden. Beide sind derzeit freigestellt.


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