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Die Unruhen innerhalb der Gemeindepolizei Fehraltorf-Russikon sorgten vor über zwei Jahren weit über die Region hinaus für Aufsehen. (Bild: Archiv)

«Whistleblower» vor Gericht

Der Mann, der in der Fehraltorfer Polizeiaffäre die Medien informiert hatte, musste sich gestern wegen Amtsgeheimnisverletzung vor dem Bezirksgericht Pfäffikon verantworten. Ihm wird zudem Amtsmissbrauch und Begünstigung vorgeworfen.

Die Unruhen innerhalb der Gemeindepolizei Fehraltorf-Russikon sorgten vor über zwei Jahren weit über die Region hinaus für Aufsehen. (Bild: Archiv)

Veröffentlicht am: 27.03.2017 – 17.48 Uhr

Sein Klient sei nicht Täter, sondern Opfer, sagte der Verteidiger des beschuldigten Polizisten, der gestern wegen Amtsmissbrauch, Begünstigung und mehrfacher Verletzung des Amtsgeheimnisses vor dem Pfäffiker Bezirks­gericht erscheinen musste. Das Verfahren und den Prozess bezeichnete der Verteidiger als «Nebenschauplatz der Fehraltorfer Polizeiaffäre».

Ebendiese Affäre hatte die ­Gemeinde Fehraltorf vor über zwei Jahren in ihren Grund­festen erschüttert und die Glaubwürdigkeit der höchsten kommunalpolitischen Würdenträger angekratzt.

Kehrtwende des Gemeinderats

Im Zentrum der Polizeiaffäre stand der damalige Chef der Gemeindepolizei Fehraltorf-Russikon, dem von Mitarbeitern «Verfehlungen im Führungsverhalten» vorgeworfen wurden. Konkret ging es um ein angebliches Liebesverhältnis mit einer Mitarbeiterin. Die betroffene Polizistin soll von ihrem Vorgesetzten massiv bevorzugt worden sein. Auch stand der Vorwurf im Raum, wonach Straftaten oder Übertretungen vom Polizeichef beziehungsweise von der betroffenen Polizistin aus persönlichen Motiven nicht verfolgt worden sein sollen.

Öffentlich bekannt wurden die Vorwürfe im Herbst 2014. Der Fehraltorfer Gemeinderat hatte den Polizeichef aber schon Monate zuvor beurlaubt und eine Untersuchung durch eine externe Fachperson eingeleitet.

Im Januar 2015 kündigte der Fehraltorfer Gemeinderat dem Polizeichef fristlos. Ein Entscheid, der wenige Tage später widerrufen wurde: Die Kündigung wurde zurückgezogen, der Polizeichef konnte selbst seinen Rücktritt einreichen. Die Gründe für diese Kehrtwende hat der Fehraltorfer Gemeinderat bis heute nicht offengelegt.

Infos aus der Ratssitzung

Mehreren Medien, unter anderen dem ZO/AvU, wurden damals von einer anonymen Quelle Dokumente zum Fall zugesandt. Diese stammten aus einer Gemeinderatssitzung vom April 2014, in der es unter anderem um die Untersuchung der Affäre ging.

Die «anonyme Quelle» stand gestern in Form des Beschuldigten, eines ehemaligen Mitarbeiters der Gemeindepolizei Fehr­altorf-Russikon, vor Gericht. Dieser habe die Informationen weitergegeben, ohne dass er bei seinen ehemaligen Vorgesetzten die Einwilligung eingeholt hatte. Auch habe er im Wissen darum gehandelt, dass die Informa­tionen nur einem beschränkten Personenkreis bekannt waren und nicht ohne Weiteres an die Öffentlichkeit weitergegeben werden durften. Deshalb habe sich der Beschuldigte der mehrfachen Verletzung des Amts­geheimnisses strafbar gemacht, so die Staatsanwaltschaft.

«Mobbing in Reinkultur»

Der Verteidiger argumentierte, dass der Beschuldigte nicht von einem sogenannten Geheimhaltungsinteresse ausgegangen sei. Als er die Dokumente erhalten habe, sei ein Teil der Informationen geschwärzt gewesen. Somit habe der Beschuldigte davon ausgehen können, dass der nicht geschwärzte Teil auch nicht geheim gewesen sei. Zudem seien ihm die Informationen gar nicht in seiner Funktion als Beamter anvertraut worden.

Vor allem aber sei der Gang an die Öffentlichkeit für den ­Beschuldigten die Ultima Ratio ­gewesen: Erst habe er die seiner Meinung nach bestehenden Missstände rund um seinen Vorgesetzten teamintern angesprochen. In der Folge sei er vom ­Polizeichef «wie Luft behandelt worden», so der Verteidiger. Ihm seien eine Beförderung ver­weigert, Aufgaben entzogen und eine Kündigung nahe gelegt worden. Was der Beschuldigte erfahren habe, sei «Mobbing in Reinkultur» gewesen, so der Verteidiger. Schliesslich habe sein Klient dann tatsächlich die Stelle gewechselt.

Untätige Behördenmitglieder

Anlässlich seines Kündigungsgesprächs habe er den Fehral­torfer Gemeindeschreiber über die Missstände aufgeklärt. Dieser habe die Ausführungen des Beschuldigten aber nicht ernst genommen und sei seinen Aussagen nicht weiter nachgegangen.

Später sei der Beschuldigte auch mehrmals an den Fehr­altorfer Gemeindepräsidenten gelangt. Geschehen sei nichts. «Bei meinem Klienten entstand der Eindruck, dass die Affäre unter den Teppich gekehrt werden soll», so der Verteidiger in seinem Plädoyer. Deshalb habe er die E-Mail mit den brisanten Informationen ausgedruckt und der Presse geschickt.

Busse fiel unter den Teppich

In einem weiteren Fall wurden dem Beschuldigten Amtsmissbrauch und Begünstigung, begangen in Mittäterschaft, vor­geworfen. Er habe einer früheren Polizistenkollegin geholfen, ja dieser gar vorgeschlagen, eine Busse «verschwinden zu lassen». Die Busse hätte der Lenker eines Personenwagens erhalten müssen, da er mit zu hoher Geschwindigkeit unterwegs war. Lenker war jedoch der Ehemann der Mutter der Polizistenkollegin, für den die Angelegenheit ohne Folgen bleiben sollte. Pikant: Bei der Polizistenkollegin, welcher wie dem Beschuldigten Begünstigung und Amtsmissbrauch vorgeworfen wird, handelt es sich um jene Frau, mit der der Fehraltorfer Polizeichef eine Affäre gehabt haben soll. Ihre Strafbarkeit wird in einem se­paraten Verfahren verhandelt; ob bereits ein Urteil erging, wurde gestern nicht bekannt.

Was den Beschuldigten betraf, so führte dessen Verteidiger gestern aus, dass die Anklage einzig auf Aussagen der ehemaligen Polizistenkollegin beruhe. Und diese habe «nachweislich gelogen». Ihre Aussagen, wonach ihr der Beschuldigte bei der Begünstigung geholfen habe, seien widersprüchlich und unglaubhaft. Sollte die Version des Beschuldigten zutreffen, würde dies bedeuten, dass der ehemalige Polizeichef und dessen angebliche Geliebte auch vor falschen Anschuldigungen gegenüber ehemaligen Mitarbeitern nicht zurückschrecken.

Das Urteil wird in den nächsten Tagen erwartet.


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