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Karl Moos auf einem VVIE-Bänkli auf seiner Terrasse: Die Sitzgelegenheit erhielt er vom Verein zur Pensionierung. (Bild: Seraina Boner)

Vom Verdingkind zum Verschönerer von Illnau

49 Jahre lang war Karl Moos im Vorstand des Verkehrs- und Verschönerungsvereins von Illnau. Seine Kindheit als Verdingkind holte ihn während der Amtszeit immer wieder ein. Nun wurde er pensioniert.

Karl Moos auf einem VVIE-Bänkli auf seiner Terrasse: Die Sitzgelegenheit erhielt er vom Verein zur Pensionierung. (Bild: Seraina Boner)

Veröffentlicht am: 27.03.2017 – 15.03 Uhr

Karl Moos hatte keine einfache Kindheit: Sein Vater starb, als er zehn Jahre alt war, die Mutter erlitt darauf einen Nervenzusammenbruch und wurde in einer Psychiatrie behandelt. Der Illnauer selbst kam zu einer Bauernfamilie in Sternenberg. Er wurde verdingt. Drei Jahre musste er auf dem Hof schuften und oft Prügel einstecken. «Es dauert lange, das Erlebte aufzuarbeiten», sagt der inzwischen 79-Jährige. «Ich bin noch immer damit beschäftigt.»

In Illnau-Effretikon kennt man Karl Moos: 49 Jahre lang war er im Vorstand des Verkehrs- und Verschönerungsvereins. Zuerst in demjenigen von Illnau. Ein Jahr nachdem der gleichnamige Effretiker Verein aufgelöst worden war, wurde aus dem VVI der VVIE. Bevor Moos mit 30 Jahren in den Vorstand gewählt wurde, hat er in der «Bauerei» des Vereins ausgeholfen und «Wanderwege gepickelt». 1996 wurde Moos zum Präsidenten gewählt.

«Grausam Glück gehabt»

Nun gibt er das Amt an der Generalversammlung Anfang April ab. Ein Schritt, der ihm nicht leichtgefallen ist. «Aber ich werde tüchtig älter. Meine Kraft hat nachgelassen.» Das ist nicht der einzige Grund für den Rücktritt: Moos hat mit seinem Nachfolger Patrick Rüegsegger «grausam Glück gehabt». Es sei heute nicht einfach, jemanden zu finden, der bereit sei, Zeit in die Vereinsarbeit zu stecken. «Diese Chance habe ich genutzt», sagt Moos. Er könne mit gutem Gewissen gehen, der Vorstand sei gut aufgestellt.

Ganz loslassen kann Moos aber nicht. Er werde weiterhin Mitglied sein und dem Präsidenten – falls notwendig – mit Rat zur Seite stehen. Für Moos ist der VVIE eine Herzensangelegenheit. Er bezeichnet das Engagement als Hobby, in das er viel Zeit investiert hat. Eine Weile sogar zu viel: Seine erste Ehe sei vor allem daran gescheitert, dass er nur wenig zu Hause gewesen sei. Das lag aber nicht nur an seiner Tätigkeit im VVIE, Moos war auch Feuerwehrmitglied und 24 Jahre im Illnauer Chilbi-Komitee, davon 16 Jahre als Präsident.

Konnte nicht delegieren

Daneben arbeitete er Vollzeit als Schreiner und später als städtischer Materialverwalter bei der Feuerwehr und dem Zivilschutz, bei dem er auch Instruktor war. «Heute würde ich es nicht mehr gleich machen. Ich wäre mehr für meine Familie da», sagt der Vater von vier Kindern, die aus erster Ehe stammen.

Dass Moos sich so viel Arbeit aufgehalst hat, lag auch daran, dass er nicht delegieren konnte, wie er sagt. Erst während seiner Tätigkeit im Zivilschutz habe er gelernt, zu delegieren und zu kontrollieren – die Erleichterung sei gewaltig gewesen.
Seit 27 Jahren ist er nun mit seiner zweiten Frau Cilli verheiratet. Sie toleriere seine Vereinstätigkeit nicht nur, sondern unterstütze ihn dabei.

«Cilli machte die ganze Vereinsadministration», sagt Moos. Die habe ihm schon immer Schwierigkeiten bereitet. «Ich bin ein Macher, kein Bürohengst.» Das ist auch ein Grund, wieso Moos beim Verkehrs- und Verschönerungsverein tätig wurde. Er habe etwas verändern, etwas für die Öffentlichkeit tun wollen. «Ich habe meine Gemeinde halt gern.» Moos ist ein stolzer Ur-Illnauer. Die Moosburg-Familie wurde zum ersten Mal 1460 in Zusammenhang mit dem Dorf erwähnt.

Feste, Weiher und Brunnen

Das Ergebnis von Moos’ Engagement sei beachtlich, sagt Ernst Freund, ebenfalls langjähriges Vorstandsmitglied. «Karl hat enorm viel Zeit investiert und viel bewirkt.» Er spricht von Wegen, Stegen, Feuerstellen, einem Sodbrunnen, den 1.-August-Feiern oder Neujahrsapéros. Alles sei von Karl Moos organisiert und von den Vereinsmitgliedern durchgeführt, gebaut oder unterhalten worden. Tiefbauvorstand Urs Weiss (SVP) ist gleicher Meinung und erwähnt den Einsatz des Illnauers für den Sagiweiher.

«Er hat ihn mit dem Verein gepflegt und instand gestellt – lange bevor die Stadt aktiv wurde.» Weiss erwähnt auch die Vereinsempfänge, die Moos organisiert hat, und die Sitzbänke, die der Verein unterhält. «Eine immense Aufgabe, die von vielen unterschätzt wird. Und wenn sie
nicht vom VVIE erledigt würde, müsste es die Gemeinde tun.»

Tatsächlich sind die Sitzbänke eine Herzensangelegenheit von Moos. Als der Verein 1946 gegründet wurde, gab es im ganzen Gemeindegebiet deren 6, heute sind es 130. «Deswegen sprechen manche Leute abschätzig vom Bänkli-Verein. Das macht mich knurrig», sagt er. Denn die Sitzbänke waren nur in den letzten Jahren sein Steckenpferd. Vor allem seit der Verein weniger Grossprojekte verwirklichen kann.
Das sei bis vor etwa vier Jahren anders gewesen.

«Die Verantwortung für vieles haben wir inzwischen an den Kanton oder andere Vereine abgegeben», sagt Moos. Einige Objekte wie zum Beispiel den Planetenweg von Effretikon bis Kyburg unterhalte der Verein aber weiterhin.
Stolz ist Moos auch auf die finanzielle Situation des Vereins. Während der VVIE früher lediglich von tiefen Mitgliederbeiträgen lebte und folglich nicht viel Geld hatte, baut er heute auf Spenden.

«Anerkennung ist wichtig»

Daran habe er massgeblich mitgewirkt, sagt Moos. Während er vorher immer persönlich bei Einwohnern für eine Mitgliedschaft und die Beiträge «weibeln» musste, verschickt der Verein heute jährlich ein Dankesschreiben an alle Haushalte, ein Einzahlungsschein liegt bei. Das Resultat lässt sich sehen: «So kommen oft mehr als 20 000 Franken zusammen.» Das zeige den Rückhalt, den
der Verein in der Bevölkerung habe. «Wir machen unsere Sache recht.»

Für Moos ist Anerkennung wichtig. Sie sei der Ansporn für sein Engagement. Sei es vonseiten der Bevölkerung oder der Stadt, die ihm 2015 den Anerkennungspreis für sein langjähriges Engagement verliehen hat. Eine Ehrung, die ihm viel bedeutet, wie Moos sagt. Das bestätigt auch sein Vorstandskollege Ernst Freund. «Das hat mit seiner Kindheit zu tun», sagt er. «Er bekam damals sehr wenig Anerkennung.»

Das ist nicht die einzige Charaktereigenschaft, die Freund der Kindheit von Moos zuschreibt. Er beschreibt den Rentner als «manchmal etwas explosiv». Cilli Moos ergänzt, ihr Mann könne schnell laut werden, wenn ihm etwas nicht passe. Manche hätten das Gefühl, er sei ein mürrischer Typ. «Er meint es aber nicht so. Er ist ein gutmütiger Mensch.»
Moos ist sich seines Charakters bewusst. «Ich habe meine Linie. Man hat mir auch schon einen diktatorischen Führungsstil vorgeworfen.» Das findet er aber übertrieben. Er habe immer andere Meinungen zugelassen. Auch er selbst führt gewisse Eigenschaften auf seine Kindheit zurück: «Ich musste mich halt ständig wehren.»

Konflikte sind schwierig

Dabei sei er im Grunde ein sensibler Typ. «An Konflikten hatte ich immer zu nagen.»
Cilli Moos relativiert aber auch: «Kam es zu Streit, konnte Karl es meistens wieder zurechtbiegen.» Das bestätigt Freund. Er habe immer gut mit Moos zusammenarbeiten können. «Man muss ihn einfach verstehen.» Seine direkte Art und die Eigenschaft, für seine Ideen und Projekte keine Konflikte zu scheuen, hätten den Verein auch weitergebracht, findet Freund. Und viele Vereinsmitglieder seien froh gewesen, dass er Initiative ergriffen und den Ton angegeben habe.

Das wird in Zukunft ein anderer machen müssen. Karl Moos ist aber zuversichtlich: «Ich bin sicher, dass Patrick Rüegsegger seine Sache gut machen wird.»


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