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Ein Neustart zu alter Stärke? Bei Sauber ist der Optimismus vor der neuen Saison gross. (Foto: Keystone), Guten Mutes: Teamchef Frédéric Vasseur und Fahrer Marcus Ericsson. (Foto: Sauber Motorsport AG), Der C37 in Aktion: Vom neuen Auto erhofft sich Sauber viel. (Foto: Keystone)

Mit viel Neuem zurück ins Glück?

Das Hinwiler Sauber-Team will den letzten Platz loswerden. Mit einem neuen Titelsponsor, einem grösseren Budget und mehr Mitarbeitern hofft Teamchef Frédéric Vasseur auf den Sprung zurück ins Mittelfeld – einfach ist dieses Unterfangen aber nicht.

Ein Neustart zu alter Stärke? Bei Sauber ist der Optimismus vor der neuen Saison gross. (Foto: Keystone), Guten Mutes: Teamchef Frédéric Vasseur und Fahrer Marcus Ericsson. (Foto: Sauber Motorsport AG), Der C37 in Aktion: Vom neuen Auto erhofft sich Sauber viel. (Foto: Keystone)

Veröffentlicht am: 22.03.2018 – 17.00 Uhr

Es ist so eine Sache mit den im Wortsinn treibenden Kräften in der Formel 1. Zuerst einmal muss der Antrieb stimmen. Und dann braucht es viel Abtrieb, um in der Rangliste Auftrieb zu erhalten.

Im Hinwiler Sauber-Team stimmte zuletzt gar nichts. Der Antrieb war veraltet, Abtrieb hatte das letztjährige Auto viel zu wenig. Dennoch gab es entscheidenden Auftrieb für Sauber – nicht auf, sondern neben der Strecke. Der neue Teamchef ­Frédéric Vasseur hat als erste Amtshandlung den Entscheid seiner Vorgängerin Monisha Kaltenborn rückgängig gemacht, die Kooperation mit ­Honda aufgelöst und sich wieder mit Fer­rari zusammengetan. Eine Massnahme, die einige potenziell gute Dinge nach sich zog: den aktuellen Ferrari-Motor im Heck, den talentierten Charles Leclerc im Cockpit, und Alfa Romeo als Titelsponsor.

Alfa: Ein Name – und sonst?

Die Partnerschaft mit der wie Ferrari zum Fiat-Chrysler-Konzern gehörenden italienischen Automarke beinhalte eine «strategische, kommerzielle und technische Kooperation», hiess es in einem Communiqué – mit welchem Inhalt die schönen Worte gefüllt werden, bleibt abzuwarten.
Der technische Support kommt von Ferrari, zumal Alfa Romeo nicht über (aktuelles) Formel-1-Know-how verfügt. Vasseur braucht den Konjunktiv, wenn es um die Zusammenarbeit mit Alfa-Ingenieuren geht. «Wir könnten das probieren, aber es braucht Zeit», sagt der Franzose. Deutlicher ist er
in einem anderen Punkt. Dank Alfa sei Sauber «für Sponsoren viel attraktiver» geworden. Und tatsächlich kam in der Folge das eine oder andere Firmenlogo mehr aufs Auto.

Ketzerisch könnte man sagen: Vasseur hat innert weniger Monate mehr erreicht als seine Vorgängerin Monisha Kaltenborn über mehrere Jahre hinweg. Doch er hat auch andere Voraussetzungen. Seit die Investmentgesellschaft Longbow Finance das Team im Sommer 2016 übernommen hat, kämpft man in Hinwil nicht mehr ums Überleben. Die finanziellen Ressourcen sind sichergestellt – laut Schätzungen ist das Budget gar von rund 110 Millionen auf etwa 150 Millionen Franken angestiegen. Damit ist man zwar noch weit entfernt von den Topteams, im Mittelfeld aber durchaus gut bei den Leuten.
Dasselbe gilt für die Belegschaft: Das Hinwiler Team ist gewachsen und wächst weiter – von 350 auf derzeit etwa 420, 450 sollen es im Verlauf des Jahres noch werden, vor allem die Aerodynamik-Abteilung erhielt Zuwachs.

Den braucht sie auch. Denn der C37 ist nicht automatisch konkurrenzfähig, nur weil er im Gegensatz zu seinem Vorgänger über einen aktuellen Motor verfügt. Vasseur liess schon letzte Saison durchblicken, dass die schwache Performance nicht ­allein am Vorjahresmotor lag. Womit wir wieder beim Abtrieb wären: Der fehlte Sauber – und den muss das Team finden, um den Anschluss ans Mittelfeld wieder zu schaffen.

Es ist ein Neustart auf der ­Suche nach dem Glück für das Sauber-Team. Entsprechend sieht das Auto anders aus als sein Vorgänger – das Aerodynamik-Konzept des Boliden wurde komplett überarbeitet, «innovativ und radikal», nennt es Technikchef Jörg Zander. Das Konzept soll mehr Entwicklungsmöglichkeiten im Lauf der Saison erlauben – und die wird Sauber brauchen. Denn von Experten wird das Abschneiden an den Vorsaison-Tests nicht eben positiv beurteilt. Es sehe so aus, als sei Sauber nicht weiter als im letzten Jahr, so der Tenor – also am Ende des Feldes.

Die Frage ist aber, ob Zander mit seiner Equipe auf dem Holzweg ist, oder ob man schlicht mehr Zeit braucht, um den runderneuerten Boliden so zum funktionieren zu bringen, wie man sich das vorstellt. Sicher ist: Das Entwicklungstempo wird im Lauf dieser Saison höher sein als zuletzt. Und Teams, die ihr Auto im ­Vergleich zum Vorjahr weniger stark verändert haben, sind erfahrungsgemäss früher schnell – aber nicht zwingend über eine ganze Saison schneller.

Damit korrespondiert auch das Saisonziel, das Teamchef Vasseur nicht mit einem Rang definieren mag. «Das Wichtigste ist, dass wir uns konstant verbessern. Wir müssen immer morgen besser sein als heute.» Ihm ist bewusst, dass es unrealistisch ist, aus eigener Kraft in die Punkteränge zu fahren. «Der erste Schritt ist es, zum Feld aufzuschliessen. Wenn wir das geschafft haben, wird es einfacher, denn dann haben wir einen direkten Vergleich und eine Extraportion Motivation.»

Marcus Ericsson und sein neuer Teamkollege Charles Leclerc (lesen Sie hier das Interview mit dem Monegassen) werden sich also in Geduld üben müssen – das Risiko, dass die beiden Sauber-Piloten das Feld nur von hinten sehen, ist zu ­Saisonbeginn gross. Ericsson ist sich dies ja unterdessen gewohnt – der Schwede steigt in sein ­viertes Sauber-Jahr. 60 Rennen absolvierte er schon für das ­Hinwiler Team, die letzten 48 davon beendete er ausserhalb der Punkteränge.

Für Ferrari-Protégé Leclerc ist der Kampf um den Anschluss eine neue Erfahrung. Der Formel-1-Debütant beendete die letzten beiden Saisons als Gesamtsieger der GP3-Serie respektive der Formel-2-WM. Den GP3-Titel 2016 feierte er im Team ART Grand Prix, das Sauber-Teamchef Vasseur mitgründete. «Ich weiss genau, dass er schnell ist», sagt Vasseur über den 20-jährigen Monegassen, «aber noch wichtiger sind sein Charisma und seine Fähigkeit, das Team zu motivieren und zu pushen.»

Keine Ausreden mehr

An Motivation dürfte es bei Sauber aber ohnehin nicht fehlen. Schliesslich scheinen die Zeiten der Irrungen und Wirrungen, des Überlebenskampfs und der Negativschlagzeilen ­definitiv überwunden. Ausreden gibt es keine mehr, darf es keine mehr geben. Sauber ist nicht mehr jenes Team, das nur noch damit zufrieden sein kann, dass man überhaupt noch mitfährt. Sauber ist nun ein Team, das nicht mehr nur sich selber, sondern auch seinem Titelsponsor Alfa Romeo und damit vor allem auch Motorenlieferant Ferrari verpflichtet ist. Und dort sind die Erwartungen nicht nur ans eigene Team gross.


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